Eine lustige Pressemitteilung hat das Kupf-Büro erreicht.
«500.000 neue Mitarbeiterinnen für die Linzer Kultur» gibt es, die «fast unbemerkt» seit April ausschwärmen um zu arbeiten, was das Zeug hält. Diese Mitarbeiterinnen sind organisiert in 9 Völkern und leben am Dach «ausgewählter Kultureinrichtungen», wo deren Tätigkeit «liebevoll kultiviert» wird, um «auf hohem Niveau Kultur- einrichtungen geschmackvoll erlebbar zu machen». Neben ihrer Tätigkeit für die Linzer Kultur sammeln diese «500.000 Individuen » übrigens auch «Nektar in den umliegenden Parks, Terrassen und Gründächern für ein einzigartiges Stadthonig-Projekt». Ja, genau: Die 500.000 Mitarbeiterinnen sind Bienen – und beim Projekt handelt es sich um die Dachmarke*, den neuen Stadthonig von Linz.
Grund genug also für eine Pressekonferenz. Und alles dabei: Rekordzahlen, zudem Beschäftigungszahlen, ein kulturelles Produkt zwischen Öko und Nomie, unwiderstehliche Wörter wie «einzigartig, geschmackvoll, ausgewählt», weitere Feelgoodfaktoren wie «Terrassen, Dächer, hohes Niveau» … und eine fast schon wundersame Sphäre, in der sich «Nektar» praktisch ganz von selbst absammelt, sogar «unbemerkt».
Es wurde also ins Restaurant «Das Anton» geladen. Mit ihren Dächern dabei sind Musiktheater, AEC und Brucknerhaus. Klingt ein wenig gar viel nach PR-Zusammenschluss, um den Kultur, Gastronomen und Vertreter der Bienenzucht rundum gruppiert wurde. Nun wollen wir ja gar nichts gegen die Imker, den Stadthonig und die Bienen einwenden – im Namen des Wandels, der Ökologie und des Urban Gardenings. Und wir wollen uns auch nicht weiter in die Vorstellung vertiefen, dass die anwesenden Chefs der Häuser, der PR und der (Spitzen)Gastronomie sich eventuell darin recht gut gefallen haben, von ganzen Völkern und 500.000 emsigen Arbeitsbienen umgeben zu sein. Aber irgendwie etwas picksüß – diese wunderschöne Verschränkung aus Kultur, gutem Leben und was Kunst nicht alles können kann.
Es geht ja eigentlich nicht um viel. Nur um das, was Bienen sowieso gern machen, sofern man sie nicht ausrottet. Weswegen auch viele andere, kleinere Vereine und Initiativen sich der Beschäftigung mit Bienen angenommen haben – von wegen einzigartig. Aber 500.000 neue, sogar individuelle Mitarbeiterinnen für die Linzer Kultur? Ist schon ziemlich übertrieben und markenmäßig* vereinnahmend. Mit ganz viel Witz und Winwin-Theater rundum. Und deshalb: Die Gnackwatsch’n geht an die erdrückende Umarmung der haha- und horuck-Verwertung von Kultur und Natur mit all diesen charmanten Ingredienzien. Und an eine Feelwell-Kultur, die mit so ununterbrochenem Augenzwinkern daherkommt, dass es sich um nichts anderes als einen veritablen Tick handeln kann. Aber sehen wir es mal so: Wenn’s den Bienen gut geht, geht’s uns schließlich allen gut. Oder nicht?
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