Frauen in Österreich schreiben gegen Rechts.

Eva Schobesberger & Lydia Thanner lasen das Buch „Die Sprache des Wiederstands ist alt wie die Welt und ihr Wunsch“

 

Eine Idee. Schon lange im Kopf: Frauen schreiben ihre Gefühle, Ängste, Wut und ihr Engagement über die politische Situation in Österreich nieder. Dann: Wahlen im Oktober 1999, Angelobung der neuen blauschwarzen Regierung im Februar letzten Jahres.

Aus der Idee werden konkrete Pläne zur Realisierung: Dokumentation widerständischer FRAUEN-Protest-Stimmen. Im August 2000 erfolgt die Veröffentlichung „Die Sprache des Widerstandes ist alt wie die Welt und ihr Wunsch“: Textbeiträge und Stellungnahmen feministischer Kunst- und Kulturschaffender, Literatinnen und Wissenschafterinnen verschiedenster Disziplinen.

Österreichische Frauen haben Engagement gezeigt – mit dabei Elfriede Jelinek, Anna Mitgutsch, Eva Rossmann, Marlene Streeruwitz, Elfriede Hammerl und viele andere Frauen.

Nach der Bildung der blauschwarzen Bundesregierung haben die Frauen des Milena Verlages beschlossen, nicht zu akzeptieren, nicht hinzunehmen, sondern zu handeln und Taten zu setzen. Per E-Mail, Post und Fax wurden jene österreichischen Frauen, welche die Ablehnung der neuen Koalition verbindet, aufgerufen, zur aktuellen (frauen)politischen Lage Stellung zu beziehen: Frauen zu Wort kommen zu lassen, welche bei zahlreichen Widerstandsveranstaltungen, Demonstrationen und Protestlesungen ihren Unmut aktiv wie auch öffentlich kundgetan haben (und noch weiter tun werden). Das geschriene Wort als geschriebenes festzuhalten, die Stimmen derer, die sie erhoben haben, nicht verhallen zu lassen, Raum für Diskurs zu schaffen und der herbeigelogenen Normalität Paroli zu bieten.

Das Ergebnis spricht für sich. Entstanden ist eine Widerstands-Anthologie, die rund 80 Beiträge umfaßt – Beiträge so vielfältig und unterschiedlich wie die Autorinnen selbst.

Karin Spielhofer ärgert sich „schwarz und blau“. Anna Mitgutsch fordert „zivilen Ungehorsam anstatt Schulterschluß“ ein. Katharina Pewny kennt als Lesbe „keine Gnade“. Hilde Schmölzer glaubt, „alte neue Sprüche“ zu erkennen. Karin Schöffauer fragt „Wo ist Licht in diesem Korridor?“. Petra Öllinger befürchtet ein „Mutterverdienstkreuz“. Barbara Klein teilt salopp mit: „Schatzi, ich geh auf die Demo …!“. „Eure Sprache ist nicht meine Sprache“, meinte Rubia Salgado (MAIZ) schon im Rahmen einer Kundgebung am 17. März 2000 in Linz und fordert mit ihrem Text Gerechtigkeit und Anerkennung der Rechte von Migrantinnen: „Eure Sprache ist nicht meine Sprache. Ich eigne sie mir aber an, verändere und bereichere sie und bezwinge sie je nach meinen Bedürfnissen, die nicht wie eure sind. Ich rede in der ersten Person aus reiner Gewohnheit. In Wirklichkeit will ich in der Mehrzahl reden und meine Verbundenheit ankündigen, gestehen, verdauen. Uns sichtbar machen in unseren täglichen Demütigungen und Verletzungen. Wir sind ein Teil eures Ganzen, und ihr müßt uns, so wie ich, endlich einmal einsehen, gestehen, verdauen, schlucken.“ (S. 235)

Die Sprache des Widerstandes ist alt wie die Welt und ihr Wunsch ist das bemerkenswerte Ergebnis mutigen Engagements des wienerinnen Verlagshauses, welches sich nicht nur durch seine Publikationen, sondern auch durch seine Gründungsgeschichte aus der grauen Verlagsmasse hervorhebt. Milena wurde von Autorinnen gegründet, welche sich mit alteingesessenen und konventionell männerbündischen Verlagsprogrammen nicht abfinden wollten. Seit nunmehr 20 Jahren publiziert Milena „dezidiert feministisch, nicht dogmatisch, sondern vielfältig – offen und klar frauenbezogen“. Seit jeher ein „unbequemer“ Verlag, der sich durch die Herausgabe dieses Werkes noch deutlicher positioniert hat. Es handelt sich daher wohl kaum um einen Zufall, daß Milena erstmals seit Bestehen dieses Topfes die Verlagsförderung verwehrt wurde.

Erfreulicher hingegen ist die Verleihung des „Bruno-Kreisky-Preises für das politische Buch“ im Jänner dieses Jahres, in dessen Rahmen die Milena Verlagsfrauen für „Die Sprache des Widerstandes ist alt wie die Welt und ihr Wunsch“ den Anerkennungspreis der Jury, dotiert in der Höhe von ATS 25.000,-, in Empfang nehmen konnten. Ambitionierterweise soll dieser Betrag für einen weiteren politischen Anthologie-Band verwendet werden, in welchem zum zweiten Male Frauen ein Forum zur freien und unzensurierten Meinungsäußerung „nach dem ersten Geburtstag“ der (nunmehr alten) Regierung geboten werden soll.

Angesichts der Tatsache, daß diese Bundesregierung selbst die schlimmsten Befürchtungen der Autorinnen wahr macht, indem sie durch zahlreiche Gestzesänderungen ihr reaktionäres (Haus)Frauenbild Realität werden läßt, verliert „die Sprache des Widerstandes ist alt wie die Welt und ihr Wunsch“ auch ein halbes Jahr nach Ersterscheinung nichts an Aktualität und Brisanz!

Eva Schobesberger Lydia Thanner

„Die Sprache des Widerstandes ist alt wie die Welt und ihr Wunsch“ [Milena Verlag|http://www.milena-verlag.at/] (Hrsg.), WIen 2000; 365 Seiten, ÖS 248,-

 

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