Deal, Herr Minister!

Spürbare Verbesserungen hat der neue Kulturminister für die Freie Szene angekündigt. Die KUPF ist neugierig und hat Thomas Drozda zum Interview gebeten.

Die Freie Szene leidet unter chronischer Unterfinanzierung. In OÖ sind Förderungen teilweise seit mehr als 15 Jahren eingefroren, die Inflation lässt sie jährlich real schrumpfen. Sie haben einen „New Deal“ für die Freie Szene angekündigt. Meinen Sie damit Nachbesserungen oder sprechen wir von einer echten Trendwende?
„New Deal“ heißt für mich, in den kommenden Jahren einen klaren Fokus auf zeitgenössisches Kunst- und Kulturschaffen zu legen, die Mittel dort einzusetzen, wo sie 1:1 bei Künstlerinnen und Künstlern ankommen und wo es seit Jahrzehnten keine substantiellen Erhöhungen gegeben hat.
Eine der wichtigsten Maßnahmen, die ich unmittelbar nach meinem Amtsantritt gesetzt habe, ist die Erhöhung der Stipendien um 200 Euro pro Monat. Alleinerziehende bekommen seit Juli sogar 400 Euro mehr. Auch den Ausbau der Ateliers haben wir in Angriff genommen, ab 2017 stehen mehr Arbeitsräume für Kunstschaffende zur Verfügung. Ich möchte bis 2018 eine Erhöhung der Einzelpersonenförderung und der Freien Szene um 10 Prozent auf über 50 Mio. Euro erreichen, also eine echte Trendwende einleiten!

Woher nehmen Sie das Geld für die Verbesserung der Lage der Freien Kulturinitiativen?
Die Aufstockung ist gesichert. Bei der Budgetanalyse zu meinem Amtsantritt waren wir uns einig, dass in dem Bereich etwas passieren muss – gesagt, getan!

„Die Aufstockung für die Freie Szene ist garantiert.“

Der Löwenanteil des Kulturbudgets des Bundes geht an die großen Bundesinstitutionen. Haben Sie eine Vision, wie sich das Verhältnis innerhalb des Kulturbudgets und der Anteil der Freien Szene langfristig entwickeln soll?
Ja, die personalintensiven Einrichtungen sind entsprechend dotiert. Mir geht es aber insgesamt darum, das Kunst- und Kulturbudget Schritt für Schritt zu erhöhen. Denn am Ende leben auch die kleineren Initiativen davon, dass die größeren Einrichtungen eine hohe Reputation haben, es lebt das ganze Land davon, dass es sich als Kunst- und Kulturnation definiert und im Ausland so wahrgenommen wird. Bei den freien Gruppen gibt es einen enormen Nachholbedarf und deshalb habe ich dort sofort Maßnahmen gesetzt, um mittel- und langfristig ein ausgeglicheneres Verhältnis im Bundesbudget zu erreichen.
In dem Zusammenhang möchte ich auch auf die Förderungen ‎der Länder und Gemeinden verweisen, die gerade für die vielfältige, regionale Kunst- und Kulturlandschaft einen wichtigen Beitrag leisten.

„Neiddebatten produzieren höchstens more of the same.“

Die Kulturpolitik des Bundes konzentriert sich vor allem auf Wien. Soll das so bleiben oder wird es z. B. irgendwann auch ein Bundesmuseum außerhalb der Hauptstadt geben?
Das kann man so nicht sagen. Wir sind mit unseren Programmen und Förderschienen in ganz Österreich aktiv. Das gegeneinander Ausspielen einzelner Regionen, Einrichtungen und Kulturinitiativen ist nicht zielführend. Neiddebatten produzieren höchstens more of the same. Vielmehr sollten wir alle konstruktiv daran arbeiten, das vielfältige Kulturangebot in Österreich zu sichern, auszubauen und zu stärken. Bund, Länder, Gemeinden sind in dem Punkt Partner,  genauso wie die vielen Freiwilligen, die in ganz Österreich mit viel Engagement Kunst herstellen und die Kultur lebendig halten.

Sie haben nicht ausgeschlossen, dass es in der nächsten Legislaturperiode eine Rundfunk-Haushaltsabgabe geben könnte. Ist es für Sie vorstellbar, aus diesem Topf auch die Freien Medien zu finanzieren?
Wir prüfen verschiedene Systeme für eine Medienförderung Neu, eine davon ist die Haushaltsabgabe. Die Rolle nichtkommerzieller Medien für eine Demokratie ist sehr wichtig, da durch den offenen Zugang zu Freien Medien demokratiepolitische Teilhabe und Meinungsvielfalt gefördert werden. Vor diesem Hintergrund ist die Finanzierung Freier Medien jedenfalls ein Thema, das man bei einer Reform der Medienförderung auch diskutieren muss.

„Die Finanzierung Freier Medien ist jedenfalls ein Thema, das man bei einer Reform der Medienförderung diskutieren muss.“

Auf EU-Ebene gibt es seit 2014 statt der Kulturförderung eine Kreativitätsförderung, die auch kommerziellen Unternehmen offen steht, die natürlich eine immense Konkurrenz für Kulturschaffende darstellen. Wie ist Ihre Meinung dazu und was kann Österreich da unternehmen?
Diese Fehlentwicklung habe ich bereits bei zahlreichen Treffen auf EU-Ebene angesprochen und ich kann Ihnen versichern, dass wir bei dem Thema dran bleiben. Wenn wir uns die Förderergebnisse des EU-Programms „Creative Europe“ ansehen, dann komme ich zu dem klaren Befund, dass zwar Synergien genutzt wurden, aber nicht – wie ursprünglich intendiert – Kulturschaffende profitieren, sondern gewinnorientierte Agenturen. Gleichzeitig appelliere ich auch an die Kulturinitiativen und Interessenvertretungen in Österreich und europaweit, bei der Halbzeitevaluierung des Förderprogramms teilzunehmen!

Was war die letzte Veranstaltung der Freien Szene, die Sie privat besucht haben?
Kennen Sie „Magdas Hotel“? Eine tolle Initiative der Caritas, in der Menschen aus 14 Nationen und mit den unterschiedlichsten Lebensgeschichten arbeiten und Kulturabende veranstalten. Im Sommer gibt’s jeden Freitag ein Open Air Kino unter Sternen. Ich konnte mir als Host einen Film aussuchen und entschied mich für Stanley Kubricks „Dr. Strangelove“.‎ Ein großartiger Kinoabend unter Sternen!

 

Thomas Drozda ist seit Mai 2016 als Bundesminister im Bundeskanzleramt für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien zuständig.

KUPF-Vorstand Christian Diabl hätte Thomas Drozda lieber persönlich interviewt, musste das aber aus Termingründen per Email erledigen.

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