Ein Bericht vom IT-Projekt von Pangea, erlebt von Christoph Thorwartl
„Abseits“ – so lautete das Motto des KUPFInnovationstopfes im Jahr 2009. Eines der jurierten Projekte wurde von der interkulturellen Medienwerkstatt Pangea eingereicht – und so wurde das ganze Büro samt Team kurzerhand nach St. Georgen im Attergau übersiedelt. Ein Eindruck einer der Personen, die einen der angebotenen Workshops halten durfte.
Abseits? Mitnichten St. Georgen im Attergau. Ein beschauliches Dorf, das sich nicht merklich von anderen kleinen Dörfern unterscheidet. Mit einer kleinen Ausnahme. In St. Georgen im Attergau befindet sich, wenn man einigen Politikerinnen dieses Landes Glauben schenken darf, eine der größten Gefahren für die nationale Sicherheit Österreichs. Ein Erstaufnahmezentrum für Asylwerberinnen. Für eine interkulturelle Medienwerkstatt wie Pangea der ideale Ort, um soziale Kontakte zu fördern und ein paar kulturelle Kleckse in den sonst so tristen Alltag zu bringen. Ein Laster wurde gemietet und alles an Technik, was im Pangea-Büro stand, wurde kurzerhand eingepackt und nach St. Georgen verfrachtet.
Journalismus – muss man da schreiben? Nicht nur Asylwerberinnen wurden vom Programm Pangeas angesprochen. Auch Schülerinnen der örtlichen Hauptschule wurden in drei Workshops in die Geheimnisse der Medien eingeweiht. Radio, im Kooperation mit dem Freien Radio Salzkammergut, Fotografie und Journalismus (beide gehalten von junQ.at) standen somit am Stundenplan der vorletzten Schulwoche. Nicht gerade ideale Voraussetzungen also, um jungen Menschen in Ferienstimmung die Grundzüge des Medienmachens näher zu bringen. Jungen Menschen an einem Sommertag dann auch noch in Aussicht zu stellen, sie in den nächsten Stunden über Textgattungen, Interviewtechniken und die journalistische Sprache zu berieseln, ließ die Motivation anfangs nicht gerade in die Höhe schnellen. Umso erstaunender war es dann, als diejenigen, die sich zuerst nicht einmal im Ansatz für die „Schreibwerkstatt“ begeistern konnten, dann doch mit Eifer bei der Sache waren. Größter Beliebtheit erfreuten sich der Foto und der Radioworkshop. Kein Wunder, durften die Teilnehmerinnen nach einer kurzen Einführung doch auf eigene Faust die Umgebung erkunden.
Die Schülerinnen wurden an jedem Tag mit einem Tagesthema beauftragt. Darunter fielen Themen wie „Die einen und die anderen Fremden“, wo sich die Jugendlichen näher mit den Gegensätzen von Touristinnen und Asylwerberinnen auseinandersetzten. Bei Interviews mit dem Bürgermeister von St. Georgen, Wilhelm Autzinger, sowie Mitarbeiterinnen des Caritas-Dialogprojekts sowie einer Vielzahl von Touristinnen konnten die Schülerinnen dann auch gleich praktische Erfahrungen in der Medienarbeit sammeln. Die Reaktionen auf das Migrantinnenprojekt waren unterschiedlichster Natur – gaben sich Bürgermeister, Lehrer und ein Großteil der ouristinnen betont diplomatisch, konnte man unter der St. Georgener Bevölkerung doch auch einige Ressentiments gegenüber den Asylwerberinnen entdecken. Die Abschiebung der Familie Moradov, die just in der Woche des Projektes das Land verlassen mussten, brachte die Schülerinnen hautnah in Berührung mit den Problemen der Asylwerberinnen in Österreich – fehlende Arbeitsgenehmigungen trotz Ausbildungsplatzes, Unsicherheit, ob man am nächsten Tag noch hier sein kann, und natürlich die Angst vor der Abschiebung in ihr Heimatland, aus dem sie geflohen waren. Familie Moradov hatte mit vielen anderen Familien eines gemeinsam – sie wurden von Nachbarinnen und Freundinnen durchwegs als „völlig in Ordnung“ beschrieben. Asyl bekamen sie in Österreich trotzdem nicht zugesprochen.
Internet – die Informationsquelle Die Möglichkeit, kostenlos im Internet surfen zu können, stieß besonders bei den Asylwerberinnen auf große Beliebtheit. Nicht wirklich überraschend, ist das Internet doch die einzige Quelle, die diese Menschen in ihrer Situation haben, um an Informationen zu gelangen und aus dem Aufnahmezentrum-Alltag zu entfliehen. Die Hemmschwelle, sich auch an den angebotenen Workshops zum Thema Medien teilzunehmen, war allerdings bei den Migrantinnen in St.Georgen deutlich spürbar und konnte, trotz größten Bemühens der Verantwortlichen, nur schwer überwunden werden.
Abgerundet wurde das Programm durch Workshops und Diskussionsrunden. So veranstaltete Pangea einen Trommelworkshop und es gab, in Kooperation mit dem „Forum Miteinander“ die kulinarische Verschmelzung der Kulturen im Rahmen des „interkulturellen Kochens“. Eine Diskussion mit Farid Hafez, dem Autor und Herausgeber des Buches „Islamophobie in Österreich“, bildete den Abschluss des Projektes.
Kultur im Abseits? „Abseits“ – wie eingangs erwähnt das Motto des KUPF-Innovationstopfes. „Abseits“ stehen – das ist das, was Asylwerberinnen in St.Georgen tagtäglich erleben. „Pangea goes abseits“ – so der Titel der Pangea-Projekteinreichung für den KUPF-Innovationstopf. Eine Reise ins „Abseits“, mit dem Versuch, durch Kultur etwas Licht in dieses Abseits zu bringen. Eine Reise, die sich aus der Sicht eines außenstehenden Workshopleiters gelohnt hat.
Christoph Thorwartl ist Redakteur bei junQ.at/subtext.at