HÖRbar, LESbar, SICHTbar Medien von Frauen für Frauen

Radioarbeit als Motor gegen das postfeministische Gespenst von Daniela Fürst

 

Die Frauenradio-Redaktion „SPACEfemFM“ geht seit Herbst 2000 regelmäßig on Air. Eines von mittlerweile zahlreichen Beispielen engagierter Frauen und Mädchen, die sich ihre eigene, ganz frauenspezifische mediale Öffentlichkeit schaffen. Und das aus gutem Grund.

Wozu feministische Medien?

Seit den 1990er Jahren geistert das postfeministische Gespenst in den einschlägigen Diskursen herum. Der Feminismus ist überholt, flüstert es, Geschlecht als Kategorie ist längst obsolet, poltert es. Grundsätzlich ja keine schlechte Aussicht, würde ausnahmsweise mal das große „Aber“ fehlen. Nicht nur, dass Theorie und Praxis wieder einmal frustrierend weit auseinander klaffen, vielmehr scheint sich die Zeit nach Feminismus und Emanzipation kaum von der Zeit davor zu unterscheiden. Frauen erleben im Alltag nach wie vor – teils sogar wieder vermehrt – diskriminierende, patriachale und marginalisierende Verhältnisse. Die vermeintlichen Feministinnen werden langsam wieder unvorsichtig und schlampig. Der im Sinne der „political correctness“ oft nur übergestülpte Feminismus demaskiert sich immer mehr und bringt die unverändert aktiven von Männern dominierten Strukturen darunter zum Vorschein.

Mädchen und Frauen, denen diese regressive Situation bewusst und zuwider ist, müssen also ihre Rechte und Bedürfnisse immer noch mehr als deutlich artikulieren um gehört und gesehen zu werden. Und sie tun dies auf vielfältigste und kreative Art und Weise. Vor allem in den Mainstream-Medien sind Frauen und deren Belange unter- und/oder missrepräsentiert, sowohl in der Darstellung, als auch in der Produktion. In Folge haben sie sich eigene Wege gesucht und gefunden. Elke Zobl macht es in ihrem Artikel „At the Grassroots. Feministische Medienproduktion in Europa.“ noch deutlicher: „ Wenn wir alternative Orte der Medienproduktion als Ausgangspunkt für unsere Überlegungen für die Partizipation von Frauen an der Medienproduktion nehmen, zeigt sich, dass Frauen seit langem eine vitale Rolle in der Schaffung von neuen Kommunikationsalternativen schaffen.“ 1

Medien von Frauen für Frauen gibt es in Form von Zeitschriften, Magazinen, Radio, Fernsehen und natürlich auch im Internet, beispielsweise als Zines und Blogs. Wesentlich ist dabei immer der partizipative Charakter. Jede Leserin, Hörerin, oder Seherin kann „die Seite wechseln“ und selbst von der Konsumentin zur Produzentin werden. Von besonderer Bedeutung sind Medien, die aktuelle Entwicklungen nicht nur inhaltlich, sondern auch ästhetisch und medientechnologisch reflektieren. Hier vor allem Projekte, die mit ihrem kritischen Blick auf die mediale Darstellung und die ungleich verteilten Ressourcen und Zugangsmöglichkeiten hinweisen. In Österreich stellen unter anderem freien Radios, mit ihrem offenen Zugang, eine geeignete Möglichkeit dar, selbst die Stimme zu ergreifen. Ihr Anspruch, Meinungsvielfalt und soziale Kohäsion zu fördern, prädestiniert sie ebenso wie die Grundidee, medial miss- oder unterrepräsentierten Menschen und Themen Raum zu geben. In den Programmen der fünfzehn Freien Radios finden sich inzwischen bei einigen eigene frauenspezifische und feministische Sendeschienen, in den anderen zumindest einzelne frauenspezifische Sendungen. Aktuell beinhalten die Programme der 13 freien Radios folgende Frauenschienen: „Weibertalk“ und die „Musikowa – Frauenplaylist“ im Innsbrucker FREIRAD; „Doing Gender“ und „Frauenzimmer“ bei der Radiofabrik in Salzburg; „Radio mit Leichtigkeit“ im Freien Radio Salzkammergut; „Bauch, Bein, Po – Die Sendung für die ganze Frau“, „Radio UFF“ und „female:pressure“ im Radio Orange; „Bertas Bücherstube – das feministische Literaturmagazin“, „Frauen in der Musik“ und „gender frequenz“ im Radio Helsinki.

„SPACEfemFM“ ist mit 10 Jahren on Air in diesem Bereich die erfolgreichste Fraueninitiative. In Linz produziert, wird sie auch von anderen Freien wie Radio Orange, Agora und Helsinki übernommen und regelmäßig ausgestrahlt. Andere freie Radiostationen produzieren zumindest einzelne frauenspezifische Sendungen, oder übernehmen die Frauenschienen anderer Radios. Inhaltlich beschäftigen sich diese Sendungen unter anderem mit Gesellschaft, Kultur und Politik aus Frauensicht, der Artikulation und Diskussion von Anliegen und Forderungen, der Darstellung von Frauenleben und deren Leistungen und der Aufbereitung und Vermittlung frauenrelevanter Informationen. Die Sendungsmacherinnen wollen Rollenbilder und Stereotypen aufbrechen, auf die Meinungsbildung diversifizierend einwirken und einen öffentlichen Diskurs anregen. Und leider(!), wie in vielen Bereichen der Kulturarbeit, leisten die Frauen diese Radioarbeit ehrenamtlich in der ihnen neben Brotjob und anderen Verpflichtungen verbleibenden Freizeit. Auch die Freie Fernsehstation Okto TV hat einschlägiges im Programm. Österreichs einziges feministisches Monatsmagazin „an.schläge“, das seit fast 25 Jahren feministische Berichterstattungen in den Bereichen Kultur, Gesellschaft und Politik leistet, macht diese nun auch „sichtbar“. „Mit dem Fernsehmagazin an.schläge tv soll diese feministische Gegenöffentlichkeit einen weiteren wichtigen Teil der Medienwelt erobern und feministische Perspektiven jenseits vom Malestream nun auch im Medium Fernsehen präsentieren.“

„listen to the female“ Im Herbst 2000 haben sich in Linz einige Frauen zusammengetan und beschlossen, die Möglichkeit der eigenen Sendungsgestaltung, die Radio FRO Radiointeressierten bietet, zu nutzen. „SPACEfemFM“ ging noch im Oktober desselben Jahres on Air und nach 10 Jahren Radioarbeit finden sich im CBA, dem Archiv des freien Rundfunk Oberösterreichs über 200 Beiträge und Sendungen des mittlerweile 10-köpfigen Redaktionsteams. Was den Inhalt betrifft, so stehen natürlich frauenspezifische Themen im Mittelpunkt. Wichtig ist den Redakteurinnen, die Leistungen anderer Frauen aufzuzeigen und ins richtige Licht zu stellen. Zudem geht es ihnen um einen kritischen feministischen Blick auf die lokalen und auch internationalen Verhältnisse. Dabei reflektieren sie immer wieder auch ihr eigenes Lebens- und Berufsumfeld. „Wie die Themenvielfalt ist auch die berufliche Tätigkeit der Radiofrauen vielfältig.“ 2 – so ihre Selbstbeschreibung.

Anlässlich ihres 10. Geburtstags gibt es nun einmal im Monat eine rückblickende Radioshow und am 8. Oktober wird zudem ausgiebig gefeiert, was hiermit als Einladung meinerseits verstanden werden kann.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, wie zermürbend, frustrierend und beschämend die Tatsache ist, dass sich die Lebensrealität von Frauen alles andere als gleichberechtigt darstellt und dass sie der meist positiven öffentlichen Darstellung seitens der Politik selten oder nie entspricht. Rechtliche Grundlagen sind zwar teils geschaffen, aber ihre Umsetzung hinkt hinterher oder sie wird schlichtweg ohne entsprechende Sanktionen unterlassen. So lange das so ist, hoffe ich, dass alle jene Medienproduzentinnen, über die ich in diesem Artikel schreibe, nicht müde werden, immer weiter daran zu arbeiten hörbar, lesbar und sichtbar zu sein. Deshalb möchte ich auch der Frauenredaktion von SPACEfemFM von Herzen alles Gute zum 10. Geburtstag wünschen und sie darin bestärken ihre Radioarbeit so lange fortzusetzen, bis das postfeministische Gespenst endlich Frieden findet.

Daniela Fürst ist freie Radiojournalistin und (fast fertige) Mediensoziologin. Sie lebt und arbeitet in Wien.

1 Zobl, Elke: At the Grassroots. Feministische Medienproduktion in Europa. In: Kulturrisse. Zeitschrift für radikaldemokratische Kulturpolitik. Heft 3/2009, Seite 36 2 http://spacefemfm.at/content/%C3%BCber-spacefemfm

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