Lieber Josef!

Doppelagentin Mata Hari unterwegs in ihrem Kill-Bill-gelben Lamborghini.

 

Du drehst dich ja auch ganz schön im Kreis, obwohl du schon so ein alter Hase im Geschäft bist. Aber eh klar, in Zeiten der Orientierungslosigkeit müssen ein paar klare Gedanken gefasst werden. Ist dir schon aufgefallen, dass im Wort Orientierung der Orient steckt? Nichtsdestotrotz scheinst du in deinem neuen Leitbild zur Integration nur einen einzigen Ausrichtungspunkt zu kennen: Wie erreiche ich maximale Kontrolle durch maximale Nützlichkeitsbetonung. Weil Integration ist zuerst mal nützlich und das soll es bleiben. Ganz sicher bin ich mir nicht, ob die Bilder im Integrationsleitbild von den Köpfen vorgehaltenen Akten nicht durch das Brett vor dem Kopf ausgetauscht wurden. Nur ist der Kopf jetzt nicht mehr der, der vermeintlich zu Integrierenden sondern das Brett ist vor deinem eigenen gelandet. Auch wenn sich alles so lieb und nett anhört, hab ich einen schweren Verdacht, der mir schon beim Martin letztesmal aufgefallen ist: Die Lust am Feudalen! Man müsse die Integration nur richtig verwalten, dann wird das schon passen. Teilhaben dürfen dann die Integrierten an ihrer selbst mitgebrachten Nützlichkeit, das ist so wie wenn wir an der Donaulände ein Picknick veranstalten und jeder sein eigenes Essen mitbringt, aber nicht entscheiden darf, wo sie sich hinsetzt. Die ganz Frechen – die, die es sich leisten können – gehen dann rum und wollen ein wenig exotisches Essen vom Nachbarn naschen und die VegetarierInnen zwingen Schnitzel zu essen.

Vielleicht geben die völlig unnützen Integrationsbilder mehr her, als jedes weitere Geplänkel um die no–na–net Nützlichkeit von Bewegungsfreiheit. Da hab ich ein sehr schönes parat, war ich doch in Pécs in Ungarn in einer erstaunlichen Kirche. Von außen hat es wie eine Moschee ausgesehen, eine schöne Kuppel, darauf ein Halbmond und auf dem Halbmond ein Kreuz. In der Kirche dann auf der einen Seite ein Bibelzitat an die Wand gemalt und auf der anderen Seite eines aus dem Koran. Die kreisrunde Kirche war in zwei Bereiche geteilt, die eine mit christlichen Malereien, die andere ohne Bilder, dafür mit maurischen Lustern. Das schönste war aber der zeitgemäße Glockenturm an der Rückseite des Gebäudes. Im stillen Zustand nicht höher als 5 Meter kann der Turm wie eine Teleskop-Stange auf 30m ausfahren, um zu bimmeln. Nach getaner Arbeit zieht sich der Glockenturm wieder zusammen, damit er das Gesamtbild nicht zu sehr stört. Ziemlich zurückhaltend von ihm, und das obwohl die Kirche eindeutig einer bestimmten Glaubensgemeinschaft angehört. Aber auch die Mehrheitsreligion kann sich zurücknehmen. Alles andere zu Interkultur können wir mal überspringen, weil das ist das geringste Problem. Darum versuch ich mit dir an einer anderen Tradition – du darfst es auch Kultur nennen – anzuknüpfen, vielleicht erinnerst du dich ja, gehörte ja vor langer Zeit zur Grundkritik deiner Partei: Die Klassenfrage. Wie bitte? Du hast es einfach vergessen zu stellen? Das gefällt dem Pepi nicht so sehr? Die verklebt dir deinen Schnauzer? Die hat nichts mit Kultur und Religion zu tun? Gemein, nicht wahr?

Mata Hari ist Doppelagentin und arbeitet hie und da.

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