Mit der Zukunft in die Werkstatt?

Michael Praschma weiß, warum es sich lohnt, wenn sich eine KI mit sich selbst befasst.

 

Guten Morgen Vorchdorf (GUMV) leistete sich 2004 eine Zukunftswerkstatt. Eines der Ergebnisse: ein halbes Jahr ohne Veranstaltungen, dafür Zeit zu Reflexion, Planung und Reorganisation. Nachahmung empfohlen?

„Sollen wir nicht mal eine Fortbildung machen?” – Diese Frage während einer Vorstandssitzung war so harmlos, dass auf Anhieb nicht einmal ein Themenwunsch vorlag. Wir kamen auf Günther Stockinger, der mit seinen Visions- oder Zukunftswerkstätten erfolgreich den Fortbildungsmarkt beackert. Warum nicht – nach fast 15 Jahren – GUMV selbst zum Thema machen? Es folgten die üblichen Erstkontakte, Bedarfserhebungen, Kalkulation …

Regel 1: Erkundige dich vorher beim Land,wie viel sie subventionieren – es kann bitter wenig sein!
Als Zielvorstellungen formulierten wir z.B.:
• gemeinsames Leitbild

• neues Image im Ort
• breitere Mitverantwortung
• Freude an der Arbeit
• Programm überdenken
• materielle Zukunftsstrategien.

Um dicht an unseren persönlichen Motiven der Vereinsarbeit zu bleiben, wollten wir einen großen Teil der Zukunftswerkstatt der Entwicklung unserer individuellen Visionen für GUMV widmen, obwohl die Terminkalender der Beteiligten nur gut 24 Stunden ermöglichten (selbst in diesem Rahmen mussten wir späteres Erscheinen bzw. frühere Abfahrt einzelner hinnehmen).

Regel 2: Mach von vornherein klar, dass praktisch nur der eigene Tod als Verhinderungsgrund gilt!
Nach einer Bestandsaufnahme unserer Sicht der Vereinsarbeit beschlossen wir, eine kraftvolle „Vision” für GUMV zu entwerfen, um zu setzen bis zum Jahr 2010, dem 20-jährigen Bestehen des Vereins. Wir schafften immerhin eine differenzierte und gewichtete Sammlung der Inhalte und einen ersten Redaktionsanlauf. Das Feedback zu den Ergebnissen war positiv. Uneinheitlich war die Einschätzung der Methodik: Angesichts der knappen Zeit fanden einige die Bearbeitung der emotionalen Seiten der Visionsentwicklung zu langwierig, teils sogar als esoterisch angehaucht. (Auch jetzt noch ist diese Frage potenziell Zündstoff für Kontroversen.)

Regel 3: Du kannst gar nicht zu viel Zeit investieren um klar zu machen, auf welchem Weg man zu einer Vision kommt!

Regel 4: Schau dir die Fortbildungsstätte selbst an!
Mit dem Tagungsraum hatten wir etwas Pech: Es war ein für uns viel zu großes Gewölbe, das auf unerklärliche Weise aufs Gemüt drückte. Hier lag eine Ursache dafür, dass allen Ergebnissen zum Trotz die Zukunftswerkstatt suboptimal in Erinnerung blieb. Ein halbtägiges Treffen zur Umsetzung in Arbeitsschritte war dann vom Ambiente (auf einem Hügel gelegenes Wochenendhaus) und von der Zielorientiertheit her deutlich zufrieden stellender. Hier wurde im Freien quasi rituell die ausformulierte GUMV-Vision verlesen und ausgewählt, mit welchen Schritten die Umsetzung der Vision direkt begonnen werden sollte.

Regel 5: Fang sofort an und mach dann gleich weiter, sonst verblasst alles!
Als Clou erwies sich der Punkt „Kreatives Jahr” – gemeint war eine Zeit ohne Veranstaltungen, in der wir reflektieren, planen und neu strukturieren wollten, um nicht gleich wieder im Hamsterrad der Programmroutine zu stecken. Das Ganze präsentierten wie dem ehrenwerten Publikum unter dem Titel „Der Gockel geht brüten” (GUMV trägt einen Hahn im Logo). Durch Einbeziehung der Sommerferien in die Brutzeit – schlussendlich wurde es nur ein halbes Jahr – kam sogar nur ein Viertel weniger Veranstaltungen als in den Vorjahren dabei heraus. Beschwerden über vermeintliche „Untätigkeit” von GUMV gab es daher so gut wie gar nicht. Ergebnisse waren u.a. eine neue Programmphilosophie, ein halböffentlicher GUMVStammtisch,
stärker sichtbare Präsenz im „normalen” Ortsgeschehen durch Teilnahme an Märkten und Festen, neue Angebote für das Publikum, die Einrichtung eines jährlichen Reflexions- und Planungstages sowie einige längerfristige Projekte. Grundlegender als diese konkret fassbaren Resultate dürfte sein, dass insgesamt eine Dynamik aufkam: Initiativen zu Aktivitäten kommen öfter von anderen Personen als dem Häuflein der immer selben; Kommunikation passiert deutlich mehr kreuz und quer statt vom Vorsitzenden zu den Übrigen und umgekehrt; die Verantwortung ist breiter verteilt.

Regel 6: Verzeichne aufmerksam die Erfolge, aber vergiss nicht: Es dauert immer länger als du glaubst!

Mangels Arbeitskapazität sind wir mit einigem in der Umsetzung unserer Vision nicht so weit wie wir wollten. So krankt der sog. Relaunch unserer Homepage immer noch technischen Problemen, für die uns Kompetenzen fehlen. Maßnahmen, um HelferInnen enger an zu binden, stecken noch in den Kinderschuhen, ebenso die Entwicklung von Strukturen, die es Interessierten erleichtert, bei uns mitzumachen … Und eigentlich sollten wir uns zwecks Motivation immer neu an die Anfangsenergie aus Vision erinnern. Damit geht es uns aber wie mit guten Neujahrsvorsätzen. Trotzdem: „ war anfangs skeptisch; das Ergebnis hat die Erwartung aber übertroffen und schon ein gewisses Feuer entfacht. Die Motivation zu mehr ist da.” (aus dem Feedback eines Teilnehmers der Zukunftswerkstatt)

www.gutenmorgenvorchdorf.at

Michael Praschma ist Obmann vom Verein Guten Morgen Vorchdorf.

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