David Guttner über die Entwicklungsgeschichte eines Innovationstopfprojektes.
Auf den Spuren der Partisanen – Eine zeitgeschichtliche Wanderungen im Salzkammergut, hörbar gemacht im Rahmen einer Radiosendereihe des Freien Radio Salzkammergut.
Entstehung
Die Idee zu einer Sendereihe, die sich mit dem Widerstand gegen das NS-Regime im Salzkammergut beschäftigt, entstand im Frühjahr 2004. Die „Hauptschuld“ daran trug der Wanderführer „Auf den Spuren der Partisanen – zeitgeschichtliche Wanderungen im Salzkammergut“ von Christian Topf. Das Buch geht anhand von 12 Wanderrouten den Spuren des Widerstands im Salzkammergut nach. Diese tatsächliche, nachvollziehbare Form der Geschichtsbetretung erschien mir derart spannend und innovativ, dass die Idee, diese Wanderungen im Rahmen einer Radiosendereihe hörbar zu machen, fast zwangsläufig war. Obwohl noch weit entfernt von einem Konzept, geschweige denn einer entsprechenden Finanzierung, begab ich mich im Sommer 2004 mit einem Aufnahmegerät auf zwei zeitgeschichtliche Wanderungen: Mit Wolfgang Quatember, dem Leiter des Zeitgeschichtemuseums Ebensee, ging es zum IGEL, den Überresten eines Partisanen-Unterstands im Toten Gebirge, und mit Silvia Panzl, die eine Arbeit über die oppositionellen Kräfte im Salzkammergut verfasst hatte, folgte ich den Spuren von Sepp Plieseis, jenem im Salzkammergut beinahe legendären Organisator des Widerstandes, dem es im Herbst 1943 gelungen war, aus einem SS-Lager bei Hallein auszubrechen. Durch den nahenden Winter und in Ermangelung einer finanziellen Basis landeten das Projekt und die entstandenen Aufnahmen in einer Schublade für Zukünftiges und Ungewisses. Die Kontakte zum Zeitgeschichtemuseum Ebensee waren allerdings geknüpft, und die Gewissheit dass die noch lebenden ZeitzeugInnen nicht ewig auf ein Interview würden warten können, gab dem gesamten Projekt eine gewisse Dringlichkeit.
Innovationstopf
Der KUPF-Innovationstopf 2005 mit dem Thema „Lebendige Archive“ war der entscheidende Impuls um das Projekt in Angriff zu ehmen. In Absprache mit dem FRS übernahm ich die Ausarbeitung eines Konzeptes, die Umsetzung des Projekts bei einer etwaigen Förderung durch die KUPF-Kulturplattform OÖ, sollte ebenfalls durch mich erfolgen. Das Konzept trug den Titel „Fragmente des Widerstands“, acht Sendungen zu je einer Stunde sollten produziert werden, die veranschlagte Summe belief sich auf € 11.000,-. Am 11.März traf die Jury im Linzer KunstRaum Goethestraße zusammen, um ihre Auswahl aus 44 eingereichten Projekten zu treffen. Dass mit Wolfgang Neugebauer (ehem. wissenschaft. Leiter des DÖW) ein profunder Kenner der österreichischen Zeitgeschichte in der Jury vertreten war, verursachte bei mir ambivalente Gefühlseruptionen. Ob des Professors offene Ohren oder doch eher sein kritischer Blick dem Projekt begegnen würden, war die Nervosität stiftende Unbekannte. Das Ergebnis der viele Stunden dauernden, intensiven Vergabediskussion ließ die Zweifel schnell verblassen. „Fragmente des Widerstands“ bekam als einziges Projekt die volle Zustimmung aller fünf Juroren/Jurorinnen, und war somit gewissermaßen der „Sieger“ des Innovationstopf 2005.
Work it out!
Bei der konkreten Umsetzung des Projekts ging es nun darum, eine relative genaue konzeptionelle Vorgabe in ein hörbares Ergebnis zu verwandeln. Das bedeutete: 1. relevante historische Quellen zu erschließen, 2. Menschen ausfindig zu machen, die mit dem jeweiligen Themenkomplex vertraut sind, 3. ZeitzeugInnen zu finden, die bereit sind sich der Interviewsituation zu stellen, und über Erlebnisse zu berichten, die mehr als 60 Jahre zurückliegen, und 4. dies alles in eine hörzeigbare, nachvollziehbare Form zu bringen, die jeweils mit einer Stunde Sendezeit ihr Auslangen finden muss. Für „Fragmente des Widerstands“; hieß das, ca. 2500 Seiten historisches Quellenmaterial, 40 InterviewpartnerInnen und 1700 Minuten Tonaufnahmen auf 480 Sendeminuten zu verteilen. Diesem gesamten Aufgabenkomplex großteils in Personalunion gerecht zu werden verlangtein gehöriges Maß an Selbstorganisation, eine Herausforderung die mir meine persönlichen Belastbarkeitsgrenzen deutlich aufgezeigt hat. Bei einigen Beiträgen wirkte Jörg Stöger, ein freier Mitarbeiter des FRS, mit. Das bewirkte eine wesentliche Unterstützung und Entlastung, und die Erkenntnis, dass ein Projekt dieses Ausmaßes nach Teamarbeit schreit! Ein weiteres Problem war die relativ späte Auszahlung der Fördersumme durch die Landeskulturabteilung zu Beginn des dritten Quartals. Die erste Sendung wurde jedoch bereits Anfang Mai ausgestrahlt, was eine Zwischenfinanzierung aus eigener Tasche über mehrere Monate verlangt hat. Jenseits dieser Widrigkeiten, ergaben sich aber eine Fülle an positiven Erfahrungen, Begegnungen mit ZeitzeugInnen wie Franz Föttinger, Renate Bronnen, der Witwe des Autors Arnolt Bronnen, oder Josef Hans Grafl, der im April 1945 mit einem Fallschirm in den Widerstand im Salzkammergut gesprungen ist. Oder die berührenden Gespräche mit Überlebenden des KZ Ebensee, und und und Die Unterstützung von manchen Personen und vor allem des Zeitgeschichtemuseums Ebensee war maßgeblich und beglückend. Die ursprüngliche Idee, sich relativ genau an die Vorgaben des Wanderbuches von Christian Topf zu halten und den HörerInnen die Möglichkeit zu geben, dem Gehörten tatsächlich nachgehen zu können, konnte aufgrund der Materialdichte nur teilweise umgesetzt werden. Herausgekommen ist ein chronologisches Aufrollen der Thematik und der Versuch Geschichte an Hand von persönlichen Geschichten zu erzählen. Die Ergebnisse dieses Versuches können auf cba.media nachgehört werden.
Freies Radio Salzkammergut
1997 wurde der Verein Freies Radio Salzkammergut (FRS) gegründet. Seit März 1999 ist das FRS On Air. Die finanziellen Rahmenbedingungen sind durch die zunehmende Rücknahme von Mitteln der Öffentlichen Hand schwieriger geworden. Zudem sendet Radio Salzkammergut, das als GmbH gegründet wurde um den Betrieb des FRS aufrecht zu erhalten, mit dem das FRS inhaltlich aber nichts zu tun hat, montags bis samstags von 6.00 bis 18.00 Uhr sein kommerziell orientiertes Programm auf den Frequenzen des FRS. Radio Salzkammergut gehört mittlerweile zu einem großen Teil Liferadio, und wird seit Jänner 2005 in Linz produziert und von dort ins Salzkammergut übertragen. Im FRS gestalten derzeit mehr als 80 SendungsmacherInnen Programm. Die von der Rundfunkbehörde erteilte Lizenz erlaubt die Ausstrahlung eines Radioprogramms im Salzkammergut bis ins Frühjahr 2007. Nähere Infos unter www.freiesradio.at
Weitere Infos: mailto:david.guttner@freiesradio.at
David Guttner ist seit 2003 beim Freien Radio Salzkammergut beschäftigt.