K(l)eine Geschichte vom Kinosterben

Über das oberösterreichische Kinosterben schreibt Sylvia Nagl.

 

„Schöner leben“ war einmal, wer heute im Trend sein will, muss „Schneller leben“, was gleich bedeutend ist mit schnell erleben. Die persönliche Zeit wird als knapp empfunden.

Ein modernes Mittel dieses Problem in den Griff zu bekommen heißt Rationalisierung. Mit dem Kalender in der Hand wird die Freizeit nach dem ökonomischen Minimalprinzip verplant: Mit möglichst wenig Aufwand, möglichst viel erleben. Ein Motto, das eigentlich für das Konzept der kleinen Kinos vor Ort sprechen müsste und es trotzdem nicht tut.

Der Faktor „Größe“ steht als wirtschaftliche Vermarktungs- und Erfolgsstrategie zurzeit an erster Stelle. Die Konsument/innen belohnen durch ihr tägliches Einkaufsverhalten das Denken des Handels. Die einzelnen Gemeinden haben Euro-Zeichen in den Augen, wenn es um die Ansiedlung von Großprojekten geht. Hässliche Einkaufsgürtel umgeben heute alle größeren Ortschaften. Ein politisches Umdenken ist in Sicht, wird allerdings für viele Bereiche zu spät kommen. Der Film und das Kino stehen seit jeher an der Schwelle von Kunst und Kommerz: Film ist eine Ware mit der Potenz zur Kunstform, eine eigenständige, emanzipierte Kunstform und Teil der Populär- und Massenkultur. Die Kinolandschaft hat sich in den Städten anhand dieser Filmtypen ausdifferenziert. Mit dem Aufkommen der Multiplexkinos vor 10 Jahren ist der Film als Teil der Populärkultur, wie die Einkaufszentren, an die städtischen Randlagen gewandert. Die traditionelle Struktur in den Innenstädten ist bis auf wenige Ausnahmen, die überwiegend das anspruchsvolle Segment bedienen, verschwunden. Das letzte Opfer dieser Entwicklung war das Welser Zentral-Kinos am Kaiser-Josef-Platz, das mit 1. November geschlossen wurde. Auch das Landkinosterben ist eine mittlerweile jahrzehntelange Entwicklung, die oft bedauert wurde, die aber keine wesentlichen Reaktionen hervorgebracht hat. Im Bereich der Landkinos ist die Unschärfe dazu noch stärker ausgeprägt als in den Städten, wo zumindest die grundlegende programmatische Festlegung auf Mainstream oder Filmkunst leichter fällt. Aufgrund fehlender Publika und auch Förderungen können Landkinos, in denen Filmkunst oft sehr breiten Raum hat, nicht zur Gänze auf kommerzielle Filme verzichten. Gleichzeitig erscheinen sie damit aus Sicht der Kulturförderung wieder weniger förderungswürdig. Was insbesondere hier als Chance verschiedener Förderbereiche erachtet werden könnte, wird in Österreich schnell als Zuständigkeit einer anderen Stelle umgedeutet und missverstanden.

Gesellschaftliche Entwicklungen verlaufen in derart komplexen Formen, dass Verantwortung in der Regel nicht „wahrgenommen“ wird. Wer hat sich schuldig gemacht am Kinosterben, weil die Rufe der Experten/innen jahrelang überhört wurden? Als Empfängerin der Warnungen war jedenfalls die Politik anvisiert, der in verschiedener Hinsicht dringender Handlungsbedarf angeraten wurde. Gezielte Förderung aus verschiedenen Töpfen wurde genauso gefordert wie Eingriffe beim unkontrollierten Wildwuchs an Multiplexen. Es ist bisher nichts passiert, die Entwicklung geht weiter und greift ungebremst von den größeren Städten auf die kleineren über. Ohne Erfolgsgarantie: Was in Linz funktioniert, funktioniert nicht ohne weiteres in einer Kleinstadt mit 10.000 Einwohner/innen. Hier wie dort werden dauerhaft Strukturen und Identitäten zerstört, folgt die Entwicklung kurzfristigen, ökonomischen Interessen, die auf ihre Zukunftsfähigkeit nie hinterfragt worden sind. Die Digitalisierung der Filmprojektion steht unmittelbar bevor. Diese grundlegende Änderung der Technik hat das Potenzial zur größten Chance der kleinen und unabhängigen Kinos zu werden, wenn die Kinos bei der kostenintensiven Umstellung unterstützt werden. Andernfalls wird diese technische Revolution die krisenhafte Entwicklung der kleineren Kinos weiter antreiben. Die Geschichte des Kinos zeigt, dass viele positive Neuerungen durch Krisen hervorgebracht wurden, und zwar als Ergebnisse dessen wie auf die Krisen reagiert wurde.

Sylvia Nagl ist Soziologin und Betreiberin des Film/Theater Vöcklabruck und ist Obmannstellvertreterin in der Fachgruppe Lichtspieltheater in der WK OÖ.

12 Vereine unter den KUPF – Mitgliedern sind im Kino- bzw. Filmbereich aktiv. Bei einigen traten 2005 Probleme unterschiedlichster Natur auf. Vom Kampf gegen angrenzende Megaplexx-Bauten, über die Angst um das eigene Haus bis hin zum Dauerbrenner Lustbarkeitsabgabe. Grund genug für die KUPF- Kulturplattform OÖ sich mit der Situation der „Landkinos“ eingehender zu beschäftigen.

Die Vereine die hier angesprochen sind können und sollen besucht werden:
Kino Ebensee
Kulturverein 08/16
Filmclub Schwanenstadt
Programmkino Wels
Local-Bühne Freistadt
Jazzatelier Ullrichsberg

Spielraum Gaspoltshofen
Kulturkreis Pettenbach mailto:muep@moviemento.at
KIKAS Aigen-Schlägl
Kapu Linz
KIPF’L Steinerkirchen mailto:kipfl@aon.at
Kulturverein Röda Steyr

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