Seit Herbst bekommt die KUPF OÖ verstärkt Beratungsanfragen eines eher unüblichen Klientels: Vereine aus dem Migrations- und Integrationsbereich erkundigen sich zunehmend, wie sie für kulturelle Aktivitäten Förderungen erhalten können. Thomas Diesenreiter und Katharina Serles sind diesem Umstand nachgegangen.
Eine der größten Änderungen der vergangenen Landtagswahl war der Wechsel des Sozialressorts von der SPÖ zur ÖVP. Nach anfänglicher Zurückhaltung werden erste Änderungen im Umgang mit den Sozialvereinen spürbar, die sich besonders auf deren kulturelle Aktivitäten niederschlagen. Im Kern geht es darum, dass das Sozialressort, insbesondere die Integrationsstelle, gewisse kulturelle Aktivitäten nicht mehr fördern wolle, die besonders im Bereich der Migrationsvereine üblich waren: z. B. interkulturelle Feste mit Konzerten, Lesungen oder weitere niederschwellige Kulturangebote. Wo früher die SPÖ den Begriff der Integrationsarbeit eher weit interpretierte, fasst ihn der neue Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer enger. Der Leiter der Integrationsstelle des Landes OÖ, Simon Ziegelbaeck, bestätigt auf Anfrage indirekt die Änderung:
«Im Bereich der interkulturellen Aktivitäten ist der Anspruch an eingereichte Projekte und Tätigkeiten, dass zumindest die interkulturelle Komponente – der Austausch zwischen Migrant*innen und der einheimischen Bevölkerung, sowie die Förderung eines gewaltfreien Zusammenlebens – im Vordergrund steht. Besondere Berücksichtigung finden Träger und Projekte, die einen Schwerpunkt auf die Bereiche Sprachförderung, Arbeitsmarktintegration oder Respekt legen. Klar differenziert wird dabei zu Projekten und Aktivitäten, in denen künstlerische oder bildnerische Tätigkeiten im Vordergrund stehen und wo die interkulturelle Komponente in den Hintergrund rückt. Haben Förderansuchen inhaltlich auch andere Schwerpunkte (z. B. Kultur, Frauen, Gesundheit, …), wird in der Regel Kontakt zu den zuständigen Fachstellen aufgenommen, um sich ein gesamthaftes Bild über die Einreichung machen zu können.»
Abgrenzendes Kriterium ist dabei in der Praxis primär die Sprache. Veranstaltungen ohne deutsche Sprache gelten als nicht-integrativ und werden damit im Gegensatz zu früher nicht mehr von der Integrationsabteilung gefördert. Selbst Veranstaltungen mit anerkannten Minderheitensprachen gelten ohne Deutschanteil als nicht förderwürdig. Dass die betroffenen Vereine dann bei anderen Stellen um
Förderung ansuchen können, ist zu begrüßen. Aber auch in anderen Förderbereichen sind die finanziellen Möglichkeiten enden wollend bzw. müssten Fördermittel aufgestockt werden.
Ein blinder Fleck
Die Kulturdirektorin Margot Nazzal gibt an, dass ihr Ressort regelmäßig Kulturprojekte von Migrationsvereinen unterstützt. Dabei gelten für diese dieselben Regeln und Abläufe wie für alle anderen Antragsteller*innen. Die Zuordnung erfolgt jeweils nach der inhaltlichen Ausrichtung (z. B. Volkskultur, Zeitkultur oder Literatur). Die Kulturabteilung der Stadt Linz wiederum verweist darauf, dass bei Änderungen auf Landesebene diese selbst die Auswirkungen abfedern müsse.
Deutlich wird, dass für jene Projekte keine Strukturen im Bereich der Kulturförderung vorgesehen sind. Das 2020 neu entwickelte Kulturleitbild OÖ legt wenig Augenmerk auf Inter- bzw. Plurikulturalität und macht kein klares Angebot der Förderung von kulturellen Aktivitäten im Migrations- bzw. Integrationsbereich. Dass dort von Integration und Interkulturalität lediglich einmal – nämlich im Zusammenhang mit Kulturvermittlung – die Rede ist, ist bezeichnend. Ein zukunftsfähiges Leitbild hätte die demografischen Veränderungen und deren Einfluss auf ‹unsere› Kultur mitbedacht und als Chance identifiziert. Die Kulturentwicklungspläne des Landes Salzburg oder der Stadt Linz zeigen, dass es auch anders geht.
Was nun passieren muss
Im besten Fall setzen sich Sozial- und Kulturressort mit ihren Stakeholdern zusammen und erarbeiten eine nachhaltige Lösung. Ein pragmatischer Weg könnte sein, einen gemeinsamen Topf für diese spezifische Zielgruppe zu schaffen und diesen paritätisch zu finanzieren. Von Seiten der Landeskultur hieße das auch ein klares Bekenntnis zu einem Kulturbegriff, der das kulturelle ‹Eigene› mit dem kulturellen ‹Fremden› zusammendenkt, kulturelle Dominanzverhältnisse reflektiert und kulturelle Vielfalt auch wirksam fördert.