Nur Bestehendes zu bewahren ist nicht unser Ansatz

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Am 26. September wird in Oberösterreich gewählt. Thomas Diesenreiter (KUPF OÖ) spricht mit Severin Mayr, Kultursprecher der Grünen im Oö. Landtag, über eine mögliche Regierungsbeteiligung der Grünen, mehr Geld im Kulturbudget, Defizite in der Verwaltung und die Umsetzung des Oö. Kulturleitbilds.

Thomas Diesenreiter: Wenn man auf der Webseite der Grünen Oberösterreich auf den Bereich ‹Kultur› klickt, ist die letzte Meldung vom November 2020. Bist du der Einzige bei den Grünen, der sich für Kulturpolitik interessiert?

Severin Mayr: Nein, glücklicherweise nicht. Aber wir teilen uns die Bereiche thematisch auf. Ich mache jetzt seit fast 18 Jahren Kulturpolitik, zwölf Jahre lang im Linzer Gemeinderat und jetzt im Landtag. Dabei habe ich gemerkt, dass es in der kommunalen Politik deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten in kulturpolitischen Fragen gibt. Da die Kulturpolitik auf Landesebene sehr stark mit der Landesregierung verknüpft ist, sind diese im Landtag deutlich beschränkter.

Trotz geringer Gestaltungsmöglichkeiten: Was waren die kulturpolitischen Erfolge der Grünen in der zu Ende gehenden Legislaturperiode?

Zuletzt ging es leider oft nur darum, die Situation für die Kultur nicht noch prekärer werden zu lassen. Erinnern wir uns an die massiven Kürzungen im Kulturbudget 2017 und die Petition ‹Kulturland retten› mit 17.000 Unterschriften. Nur Bestehendes zu bewahren ist eigentlich nicht unser kulturpolitischer Ansatz, aber es war bei dieser Regierung nötig und nicht viel mehr möglich. Umgesetzt wurden etwa die Arbeitsstipendien für Künstler*innen. Der entsprechende Antrag der Grünen wurde zwar abgelehnt, am nächsten Tag wurde aber genau das beschlossen, was wir beantragt hatten.

Die Grünen regieren im Bund mit der ÖVP. Auch in Oberösterreich wird über einen Wechsel zu Türkis-Grün spekuliert. Werdet ihr Anspruch auf das Kulturressort erheben, wenn es zu Koalitionsverhandlungen kommt? Und werdet ihr eine Erhöhung des Kulturbudgets fordern?

Zuerst geht es in Regierungsverhandlungen darum, ob man bei den Inhalten zusammenkommt. Dann erst können wir über Ressorts reden. Ich glaube, dass es Vorteile hätte, das Kulturressort in Grüner Hand zu wissen. Falls es zu Koalitionsgesprächen kommt, werden wir fordern, was die KUPF OÖ in ihren Positionspapieren formuliert hat: die Verdoppelung des Budgets der freien Szene auf 5 Millionen Euro. Da geht es einerseits um den Inflationsausgleich, durch den allein den Initiativen seit 2003 40 % verloren gingen. Da geht es andererseits um zusätzliche Förderungen, etwa in der Digitalisierung und Innovation, aber auch in der Förderung von Diversität.

Alt-Landeshauptmann Pühringer hat einmal gesagt: Ein gutes Kulturbudget erkennt man daran, dass 20 % des Budgets für Förderungen bereit stehen. Am Ende seiner Periode waren es 7 %, mittlerweile stehen wir bei gut 5 %. Sollte man zwischen den öffentlichen Einrichtungen und der Freien Szene umverteilen oder geht es darum, noch mehr Geld zu fordern?

Ich halte sehr wenig davon, zu sagen: Es gibt ein fixes Kulturbudget und jetzt streiten wir über die Aufteilung. Wenn ich sehe, wie in Oberösterreich Milliarden für Straßenbauprojekte rausgeschmissen werden, will ich einerseits nicht darüber verhandeln, ob wir 200 oder 210 Millionen Euro im Kulturbudget haben. Ich glaube, dass es insgesamt eine Erhöhung braucht. Andererseits halte ich die Diskussion für falsch, wie viel die Großen und wie viel die Kleinen kriegen. Was es braucht, ist eine gute Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen und der Freien Szene. Wo können Ausstellungsflächen oder Bühnen angeboten werden? Da ist Linz ein gutes Beispiel.

Du kennst die Landeskulturdirektion ganz gut. Wo siehst du Notwendigkeiten für Veränderungen in der Verwaltung?

Ich habe mich in den letzten Jahren im Landtag zu oft mit Rechnungshofberichten zum Thema Kulturförderung auseinandersetzen müssen. Da ging es oft um Fehler, die vermeintlich auf Beamt*innenebene passiert sind – etwa die Vorgänge bei der KTM-Förderung, beim Denkmalschutz oder beim Museumsdepot. Hier hat es auch personelle Konsequenzen gegeben. Aber: Die Verwaltung agiert nach politischen Vorgaben. Sie ist nicht dafür da, die Landesregierung zu kontrollieren. Für die Kontrolle ist der oberösterreichische Landtag zuständig. Die Politik muss deshalb Voraussetzungen für ein effizientes und transparentes Fördersystem mit klaren Qualitätskriterien schaffen. Sie darf die Verantwortung nicht auf die Beamtenschaft abladen.

Seit November 2020 hat Oberösterreich ein neues Kulturleitbild. Leider ist es kaum mit konkreten Maßnahmen verknüpft. Bleibt es dabei?

Nein. Uns ist zugesagt worden, dass nach dem Beschluss des Kulturleitbilds die dazugehörigen Maßnahmen erarbeitet werden. Man kann sich seine eigene Meinung darüber bilden, ob es nicht klüger gewesen wäre, gleich konkrete Maßnahmen mit zu beschließen. Das Kulturleitbild ist aber auch ein Leitbild und kein Kulturentwicklungsplan. Im Linzer KEP wurde etwa relativ deutlich formuliert, was die Zielsetzung und was die Maßnahmen dazu sind. Da kann man sich nach ein paar Jahren hinsetzen und ein Hakerl drunter machen. Wir wissen aber auch, dass ein Kulturentwicklungsplan auch ein ziemlich trauriges Papier ist, wenn sich niemand daran hält. Da kann man noch so genau evaluieren, ob Maßnahmen umgesetzt worden sind: Wenn auf politischer Ebene dagegen verstoßen wird, ist es egal, wie das Papier heißt.

Die KUPF wird heuer 35 Jahre alt. Gibt es Wünsche an das Geburtstagskind?

Ja, ich habe tatsächlich einen Wunsch. Wir werden mit dem Alter milder in der Beurteilung, weil wir Dinge schon öfter gesehen haben. Manchmal stumpfen wir ein bisschen ab, wenn wir Dinge zu oft diskutiert haben. Ich wünsche der KUPF von ganzem Herzen, dass sie so lästig bleibt, wie sie es in den letzten 35 Jahren war.

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