Geoblocking: Grenzzäune im Netz

Leonhard Dobuschs Kolumne

Am Anfang standen vollmundige Ankündigungen des zuständigen EU-Kommissars Günther Oettinger. „Geoblocking“, also die regionale Sperrung von Internetinhalten, sei innerhalb der EU „völlig sinnlos“. Schon bald werde Geoblocking in der EU Geschichte sein, kündigte Oettinger an. In der Tat ist es absurd, dass Mediatheken oft nur innerhalb von Landesgrenzen nutzbar sind und das Serien- und Filmprogramm von Anbietern wie Netflix in jedem Land anders aussieht. Warum einen Norweger oder eine Italienerin von Angeboten in ihrer jeweiligen Muttersprache abschneiden, nur weil sie sich beruflich oder privat für längere Zeit in einem anderen EU-Land aufhalten? Wer diese Situation verteidigt, braucht sich über Piraterie und illegale Streaming-Dienste nicht zu wundern.

Seit Oettingers Ankündigungen im Februar 2015 hat sich daran zwar nichts geändert, die Vorschläge zum Ende von Geoblocking in der EU wurden aber größtenteils kassiert. Inzwischen wird nur noch darüber diskutiert, ob zahlende NutzerInnen ihre „heimischen“ Inhalte im Urlaub für 14 oder doch nur für 10 Tage auch in anderen Ländern streamen dürfen. Ein Vorschlag an der zunehmend grenzüberschreitenden Lebensrealität Europas vorbei.

BefürworterInnen von Geoblocking argumentieren meistens mit dem Schutz kultureller Vielfalt. Gerade Independent- und Arthouse-Filme seien darauf angewiesen, verschiedene Fördertöpfe in verschiedenen Mitgliedsländern abzuschöpfen, um so genug Geld für die Produktion einzusammeln. Diese Fördertöpfe wären aber auch ohne Geoblocking nicht besser oder schlechter dotiert und könnten auch dann über die Lizenzierung verschiedener Sprachversionen abgerufen werden. In Wirklichkeit sind es weniger die kleinen Arthouse-FilmemacherInnen als vielmehr die großen Hollywood-Studios, die lieber 28 Einzellizenzen verkaufen möchten.

Im EU-Parlament kämpft die deutsche Piratenabgeordnete Julia Reda weiterhin für ein völliges Ende von Geoblocking in der EU – und bittet dafür um Unterstützung unter endgeoblocking.eu.

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