Hochwasser auf Besuch im Steyrer Jugend und Kulturhaus Röda.
von Andi Liebl
Nach einjähriger Adaptierungsarbeit konnte vor fünf Jahren das mühevoll erstrittene Jugend- und Kulturhaus Röda in Steyr seine Eröffnung feiern. In weiteren drei Jahren wurde die Nutzfläche von anfänglich 500 auf 1000 m2 verdoppelt, zuletzt bestritten vier Personen ihr Haupteinkommen durch das Haus. Die Baustelle wich einem rege genutzten Veranstaltungs-, Kommunikations-, Spiel- und Werkplatz für Jugendliche, MusikerInnen, KünstlerInnen, KulturarbeiterInnen, TechnikerInnen, HandwerkerInnen, Kinder, Vereine und Interessierte. Das Steyrer Hochwasser vom 12. August hat diesen Platz innerhalb von zwei Stunden bis auf weiteres wieder in eine Baustelle verwandelt.
Das Jugend- und Kulturhaus Röda entstand in einem gut 20jährigen Prozess, der wesentlich von der Basiskultur (70er) und vom Kulturverein Kraftwerk (90er) begleitet und von engagierten Einzelpersonen vorangetrieben wurde. Die Verhandlungen mit der Stadt in dieser Sache Verantwortung zu übernehmen und einen Raum zur Verfügung zu stellen, liefen zäh. Ausschlaggebend war eine Demonstration am Steyrer Stadtplatz anno 1994, an der sich verschiedene Jugendgruppen beteiligten und gemeinsam einen Raum für Jugend und Kultur forderten. Zwei Jahre später wurden die Schlüssel zur Liegenschaft Gaswerkgasse 2 (Schnitzerei Röda) übergeben und die Planung für die Adaptierung zu einem Jugend- und Kulturhaus konnte beginnen. Dies passierte in einem partizipativen Prozess und es kann durchaus gesagt werden, dass dieses Haus von vielen Herzen entworfen und von vielen Händen gebaut wurde.
Im Laufe der Zeit wurde Quadratmeter um Quadratmeter nutzbar. Ein Jugendzentrum entstand, ein Beisl nahm seinen Betrieb auf, Proberäume für Bands, zwei Veranstaltungssäle sowie zwei Büroräume kamen hinzu und eine Werkstatt konnte sich entfalten. Damit reflektierte das Haus ein breites Interessensspektrum, wurde als Veranstaltungsort weit über Steyrs Grenzen hinaus bekannt, konnte sich als Produktionsraum in Steyr bestens etablieren und gab sich den Namen Röda. Der gleichnamige Kulturverein hat es sich zum Ziel gesetzt, dieses Haus zu betreiben. Der Kulturverein Kraftwerk, der bis 2000 programmatisch im Röda aktiv war, wurde aufgelöst. Das Röda übernahm somit die Verantwortung über Verwaltung, Bespielung und Entwicklung des Hauses und der Aktivitäten. Neben dem Verein selbst war es an den verschiedenen NutzerInnen außerhalb des Vereinsgefüges, dem Röda Identität zu geben. Dies führte zu einem ebenso abwechslungsreichen Programm wie Publikum. Und zu vielen organisatorischen Problemen, die in regelmäßigen Abständen das Röda in kleinere und größere Krisen stürzten.
In den vergangenen fünf Jahren war das Röda Plattform verschiedener Versuche, Kultur vielfältig erlebbar und als gestaltbar erfahrbar zu machen. Dazu zählen das eingestellte, sechs Ausgaben umfassende Zeitungsprojekt „Rödrunner“, die Open-Stage Veranstaltungen der „Möhrenwiese“, das auch heuer durchgeführte Jugendprojekt „Vier mal Vier Viertel“ und die lokale Vernetzungsinitiative bzw. das kulturpolitische Diskussionsorgan „Freie Szene Steyr“. Auch die interne Organisationsweise gehört zu diesem Programm; Mitmachen ist fast immer und überall möglich. Diese Bemühungen wurden 2002 von Landeshauptmann Dr. Pühringer durch die Verleihung des kleinen Landespreises für innovative Kulturarbeit auf übergeordneter Ebene gewürdigt.
Das letzte, leider verhinderte Projektvorhaben vor der Flut verdeutlichte besonders gut die Vielfalt im Umfeld. Die „Festwochen“ haben sich als Gesamtschau angekündigt: Aktionen im öffentlichen Raum, Produktionen aus der Musikszene, hochkarätiger Pop, ein mehrteiliges Medienprojekt, ein Literaturvorhaben und Beiträge aus dem Bereich der Bildenden Kunst waren in Vorbereitung. Abgesehen vom jetzigen Totalschaden ein florierender Betrieb, könnte mensch meinen. Mit den besten Voraussetzungen für ein erfülltes Kulturinitiativen-Dasein. Fast ist es auch so. 40% des Budgets kamen von der öffentlichen Hand, 60% wurden selbst erwirtschaftet. Mit der Kulturförderung der Stadt wäre (anteilig zum Land) für das kulturelle Programm das Auslangen zu finden, nicht jedoch für den Erhalt und die permanente Aufwertung der städtischen Liegenschaft. Dieser Kritikpunkt wird nach der Wiederinstandsetzung des Hauses mit der Stadt weiter verhandelt.
Mit 2003 ist nach derzeitiger Einschätzung mit der Wiederaufnahme des Betriebs zu rechnen. Allen FreundInnen und UnterstützerInnen des Rödas sei hier gedankt. Euer Feedback und Engagement in Sachen Benefizveranstaltungen und Schlammschaufeln hat uns nicht untergehen lassen.
Liebl Andi
KV Röda, Gaswerkgasse 2, 4400 Steyr Tel.:07252/76285 office@roeda.at, http://www.roeda.at
Das Buch zur Geschichte: Jugendkultur in Steyr. 1979 – 1999 Bilder und Texte von AktivistInnen Edition wehrgraben, ISBN 3-901166-07-6