Was wurde aus … ?

Die Innovationstopf-Projekte 2002

 

von Bettina Mayr-Bauernfeind

Am 29. April 2003 findet die öffentliche Jurysitzung zum KUPF-Innovationstopf ’03 statt. Grund genug um nachzufragen, was aus den im Vorjahr geförderten Projekten geworden ist.

„macht:politik“ war Titel und Aufforderung der letztjährigen Ausschreibung. Die Ausschreibungstexte waren gerade frisch gedruckt, als die Autorin dieses Artikels zur KUPF stieß. „Was werden die Leute zu diesem Thema wohl einreichen?“, war damals meine Überlegung. Allein der Titel ließ bereits mehrere Interpretationsmöglichkeiten zu – je nachdem in welcher Reihenfolge die beiden Wörter gelesen und ob sie in Groß- oder Kleinbuchstaben gedacht wurden. Dementsprechend vielfältig waren auch die Einreichungen, spannend auch die Art der Umsetzung. Sie reichte von eher klassischen Varianten wie Podiumsdiskussionen, Workshops und Buchprojekten, über künstlerische Verarbeitung mittels Plastiksackerl oder Video bis hin zu aktionistischeren Formen wie Protestmärschen oder einer Kochtour durch Frankreich. Apropos Kochtour. Eine der wohl charmantesten Einreichungen, die es sich an dieser Stelle nochmals verdient hat, gesondert erwähnt zu werden, war das Projekt „Gekrümmte Gurken“. Die BetreiberInnen wollten im Zuge einer einmonatigen Kochtour gegen die Normierungsvorschriften der EU für agrarische Produkte protestieren. „Selten zuvor gab es ein so nettes Ansuchen zur Finanzierung einer Frankreich-Reise“, meinte dazu ein KUPF-Vorstandsmitglied verschmitzt. Das Projekt wurde von der Jury leider nicht zur Finanzierung ausgewählt. Ingesamt gab es 33 Einreichungen, elf davon wurden zur Finanzierung durch den KUPF-Innovationstopf ausgewählt. Fast alle Projekte wurden bereits durchgeführt oder befinden sich mitten in der Realisierungsphase, von einigen wurde in der KUPF-Zeitung bereits berichtet. Inhaltlich waren die Projekte im Bereich neuer bzw. alternativer Medien, benachteiligter Gruppen wie MigrantInnen oder Obdachlose oder in den Kontexten von Globalisierung bzw. Antiglobalisierung angesiedelt. Die bevorstehenden Landtags- bzw. Gemeinderatswahlen waren ebenfalls mehrfach Thema von Projekten. Eine symbolische Förderung wurde für die Errichtung eines Mahnmals vergeben. An dieser Stelle sei exemplarisch auf vier Einreichungen hingewiesen, über die in der KUPF-Zeitung bisher noch nicht berichtet wurde.

Empowerment der Ohnmächtigen Mit 6000 Euro unterstützt wurde ein Projekt der Arge Obdachlose. Letztere ist Trägerverein der „Kupfermuckn“, ein Straßenzeitungsprojekt von (ehemals) Wohnungslosen und Menschen, die an oder unter der Armutsgrenze leben. Die Arge Obdachlose führte zwei Workshopreihen zu den Themen „Solidarisch handeln“ und „Mein Leben reflektieren“ durch. Insgesamt wurden 10 Workshops mit jeweils ca. 15 TeilnehmerInnen durchgeführt. Im Rahmen der Reihe „Solidarisch handeln“ wurden z. B. Afrikaner, die in Graz eine Straßenzeitung verkaufen, zum Austausch nach Linz eingeladen, Kleingruppengespräche mit in Linz lebenden MigrantInnen organisiert oder eine Exkursion ins Linzer Flüchtlingslager Lunzer Straße durchgeführt. „Den Kupfermuckn-MitarbeiterInnen wurde dadurch ermöglicht auch an einem klassischen Bildungshaus-Programm teilzunehmen“, so Bruno Holzner von der Arge Obdachlose. Empowerment, die Ermächtigung der „Ohnmächtigen“, war ein zentrales Ziel dieser Reihe. Um ermächtigt zu sein, bedarf es bestimmter Fähigkeiten, Kenntnisse und Techniken. Die Ergebnisse dieser Workshops wurden von den TeilnehmerInnen in der Kupfermuckn veröffentlicht und somit ein breiterer Personenkreis in die Erfahrungen miteinbezogen. Der Arge Obdachlose wurden für dieses Projekt bzw. für die Arbeit der Kupfermuckn im Allgemeinen zwei Kulturpreise verliehen.

Video „Disobbedienti“ Mit 6.400 Euro finanziert wurde das Videoprojekt „Disobbedienti“ von Oliver Ressler, das er in Kooperation mit Dario Azzelini realisierte. Im Video wird die Enstehungsgeschichte, die politischen Grundlagen und die Aktionsformen der Bewegung Disobbedienti (die Ungehorsamen) thematisiert. Die Disobbedienti gingen während der Demonstration gegen den G8-Gipfel im Juli 2001 in Genua aus den Tute Bianche hervor. „Tute Bianche“ war die Bezeichnung für weiß gekleidete AktivistInnen aus Italien, die ihre durch Schaumstoff, Reifen, Helme, Gasmasken und selbst gemachte Schilde geschützten Körper bei direkten Aktionen und Demonstrationen als Waffe des zivilen Ungehorsams einsetzten. Die Tute Bianche traten erstmals 1994 bei Protesten gegen prekarisierte Arbeitsbedingungen und Beteiligung am Kampf der MigrantInnen für Bewegungsfreiheit in Erscheinung. Im Juli 2002 wurden in Genua und Bologna Interviews mit ProtagonistInnen der Disobbedienti geführt und auf Video aufgezeichnet. Das Video gibt es mit deutscher und englischer Untertitelung. Der Film wurde bereits in zahlreichen nationalen und internationalen Kulturstätten präsentiert, unter anderem bei der Diagonale in Graz und in einigen oberösterreichischen Kulturhäusern, wie z. B. dem Kulturverein Röda, im Kino Ebensee, in der Local-Bühne Freistadt oder im Kunstraum Goethestraße in Linz.

fwd://macht.medien Mitten in der Realisierungphase befindet sich das Projekt „fwd://macht.medien“, das vom Kulturverein Medea eingereicht wurde und mit 6.800 Euro finanziert wurde. Ziel des Projektes ist, Jugendliche zur aktiven Medienarbeit, Auseinandersetzung mit Medienpolitik und mit Inhalten und Methoden freier Medienarbeit zu motivieren. Das Projekt gliedert sich in vier Schwerpunkte: media.talk (Vorträge und Diskussionen zur Medienpolitik und freier Medienarbeit), media.walk (Besuch von Linzer Medien- und Kulturinitiativen), media.net (Ziel ist die Vernetzung von Medienaktivistinnen) und media clip (Jugendliche reflektieren ihr Medienverhalten anhand von Musikclips). Im Rahmen des Projektes werden Jugendliche auch dazu aufgefordert sich selbst als ihr Star zu inszenieren. Mit Hilfe originalgetreuer Ausstattung und eines Visagisten und Hair-Stylisten werden die „Stars“ professionell fotografiert. Die Portraits werden bei der Abschlussveranstaltung von fwd://macht.medien, die unter dem Motto „Maskerade“ steht, in der Galerie Palais Mannstorff (Landstr. 32, Linz) am 24. Mai 2003 ausgestellt. Nähere Infos zum Projekt im Web unter http://fwd.pangea.at.

wahl//ver//sprecher Ebenfalls mitten in der Durchführungsphase steckt das Projekt wahl//Ver//sprecher der Künstlergruppe social impact, das mit 8.300 Euro unterstützt wurde. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Landtags- und Gemeinderatswahlen in Oberösterreich im September dieses Jahres recherchiert social impact vergangene Wahlversprechen von PolitikerInnen und aktuelle Kommentare zu diesen Wahlversprechen von WählerInnen und NichwählerInnen. Ca. 15 Wahlversprechen und Statements werden gegenübergestellt und inklusive Foto der Aussagenden auf Plastiktaschen gedruckt. Im Juni werden die Plastiktaschen im Großraum Linz und in ausgewählten Landgemeinden vor Supermärkten verteilt. Ab Mitte April können erste Rechercheergebnisse zum Projekt im Web unter http://www.wahlversprecher.social-impact.at nachgelesen werden.

Soweit zu den Projekten des Vorjahres. Eine neue Runde für den KUPF-Innovationstopf 2003 hat begonnen. Am 31. März endete die Einreichfrist für die Ausschreibung, 26 Projekte wurden eingereicht. Welche Projekte diesmal ausgewählt werden, entscheidet sich am 29. April 2003 bei der öffentlichen Jurysitzung im KunstRaum Goethestraße (Goethestraße 22, 4020 Linz). Über das Ergebnis werden wir Sie am Laufenden halten.

Bettina Mayr-Bauernfeind

 

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