Alle vier Jahre wieder

Skandalös war der Beginn der neuen Periode des oberösterreichischen Landeskulturbeirates1 (LKB). Wie der Leitartikel der letzten Ausgabe der KUPF-Zeitung deutlich zum Ausdruck brachte, kritisierten Frauenorganisationen sowie die KUPF die unparitätische Besetzung. Alljährlich werden – in diesem Fall nun eben überwiegend von Männern – Vorschläge für zukünftige kulturpolitische Maßnahmen erarbeitet und dem Landeskulturreferenten als Empfehlung vorgelegt.

 

Im folgenden Beitrag stellen wir Mitglieder des neu konstituierten Landeskulturbeirates vor. Die kurzen Texte sind eine Sammlung von Antworten zu Fragen nach den Orten ihrer kulturellen Sozialisation, den Beweggründen für ihr Engagement, ihren Themen und Schwerpunkten im LKB, ihrer Beurteilung des LKB’s als relevantes Lobbyinginstrument und nach der Besetztungspolitik des LKB’s. Die Auswahl der Personen erfolgte nach rein subjektiven Kriterien, die KUPF-Zeitung wird in den nächsten Ausgabe weitere Mitglieder vorstellen, um einen Überblick über alle Fachbeiräte zu geben.

Peter Baier-Kreiner (stellvertretender Vorsitzender im Fachbeirat VI / regionale Kulturentwicklung) Zwei exzellente DeutschlehrerInnen am BG in der Ramsauerstraße in Linz haben es verstanden Interesse für (Gegenwarts-)Kunst zu erwecken und SchülerInnenhorizonte über Lehrbücher hinaus zu eröffnen. Das hat mich sicherlich geprägt. Ich habe immer schon versucht, Entscheidungen nach Möglichkeit eher mitzubeeinflussen als über mich ergehen zu lassen. Das ist Motor in meinem Engagement im LKB. Ich kann zwar noch keine konkreten Themen nennen, hoffe aber, dass sich der LKB nicht nur den großen Themen rund um die großen Häuser – z. B. Musiktheater – widmen wird, sondern sein Augenmerk verstärkt auch auf Randbereiche der Kultur lenkt: konkret auf Personen, die in diesen Bereichen tätig sind, wie auch auf vernachlässigte Bereiche und künstlerische Ausdrucksformen abseits des Mainstreams. Ich glaube, das ist jetzt schon ein Schwerpunkt. Ich hoffe ehrlich, dass das Gremium interessant wird als Lobby für die Kultur und nicht als Lobby der darin vertretenen Personen. Vielleicht wird es über den LKB einfacher sein, mit wichtigen Anliegen über Vorzimmer hinaus in die Räumlichkeiten der EntscheidungsträgerInnen vorzudringen, aber ich gehe davon aus, dass das im Interesse der Kultur passieren wird und nicht, weil sich dadurch jemand für sich Vorteile erhofft.

Zur Frage wegen der nichtparitätischen Besetzung des Beirats: Diese Kritik ist zweifellos berechtigt, in zweierlei Hinsicht: Zum einen sind natürlich die Frauen krass unterrepräsentiert, zum anderen ist jener Teil des kulturellen Lebens, den die „freie Szene“ ausmacht und der ungemein vielfältig ist, in nur einen Fachbeirat gepfercht; in ihm und durch ihn sollen de facto freilich mehr Gruppen und Personen vertreten werden als in den übrigen Fachbeiräten zusammen. Es wird nicht zuletzt am LKB selbst liegen, in den kommenden vier Jahren geänderte Voraussetzungen für eine ausgewogenere Zusammensetzung des dann nachfolgenden LKB zu schaffen, wenngleich ich in diesem Punkt skeptisch bin, das gebe ich zu.

Iris Hanousek-Mader (Ersatzmitglied im Fachbeirat II / Literatur und darstellende Kunst) Matura in Bildnerischer Gestaltung, Sommerakademie in Salzburg, Studium der Theaterwissenschaften, arbeitet bei Pro Brass und Tele M. 1991 Arbeit im Diakoniewerk als Freizeit-, Spiel- und Kulturpädagogin für Menschen mit Behinderung in der AGFIB. (Derzeit begleite ich die Theatergruppe Malaria des Diakoniewerkes von der Hobbytheatergruppe in den Arbeitsbereich Theater.) Meine kulturelle Sozialisation begann schon in meiner Familie. Offenheit gegenüber anderen Kulturkreisen und Interesse an verschiedenen kreativen und künstlerischen Ausdrucksmitteln (Bild, Rhythmus, Wort, Spiel…) war das, was ich bei meinen Eltern täglich erlebte. Für meine Tätigkeit im LKB habe ich mir vorgenommen mich für Menschen mit geistiger Behinderung kulturpolitisch einzusetzen. Sie können keine Kunsthochschulen besuchen und haben kaum Bildungschancen in kreativen Bereichen. Sie sollen ihre Talente zeigen können bzw. am Kulturangebot teilnehmen können. Im LKB sehe ich die Möglichkeit Informationen, Bedürfnisse artikulieren zu können und Aufmerksamkeit bei EntscheidungsträgerInnen zu erreichen; ich werde für ein Festival für Menschen mit speziellen Bedürfnissen werben. Bezüglich der Kritik an der Besetzung des LKBs: Ich würde mir mehr Frauen im Landeskulturbeirat wünschen. Ich fände es gut, in den Medien für mehr Frauen im Landeskulturbeirat zu werben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine Lösung über Nacht gibt, ein Umdenkprozess speziell bei Institutionen braucht Zeit.

Eugenie Kain (Ersatzmitglied im Fachbeirat II / Literatur und darstellende Kunst) geb. 1960 in Linz, Studium der Germanistik und Theaterwissenschaft, Arbeit als Journalistin und Beraterin, Redakteurin beim Kultur -und Bildungskanal von Radio FRO, zur Zeit Regionalsprecherin der Grazer AutorInnen Versammlung Was die freie Szene betrifft bin ich in der alten Stadtwerkstadt, im frühen WUK und im Kulturzentrum Gassergasse „groß“ geworden. Als Vertreterin der Grazer AutorInnen Versammlung und als Schriftstellerin bewegt mich die Literatur und die (Un)Möglichkeit mit und von ihr zu leben. Literatur, von Produktion bis Distribution werden somit meine Schwerpunkte werden. Mein erster Eindruck vom Plenum: Diskussionen können zäh, hartleibig und unergiebig sein. Das der LKB nur beratende Stimme hat weiß ich; aber besser eine beratende Funktion als gar keine, vorausgesetzt es handelt sich um keine Feigenblattfunktion. Bezüglich der nichtparitätischen Besetzung des LKBs, darf die Kritik nicht verstummen, bis es Ausgeglichenheit gibt.

Monika Leisch-Kiesl (Fachbeirat I / Bildende Kunst, Design, Film, elektronische Medien) Studium der Theologie und Kunstgeschichte in Linz, Salzburg, München und Basel, seit SS 96 Professorin für Kunstwissenschaft und Ästhetik und Leitung des Instituts für Kunst der kath.-theol. Privatuniversität Linz. Aufgewachsen in einer Stadtrandgemeinde kam ich zunächst wenig mit „Kultur“ in Berührung. Zur bildenden Kunst kam ich erst über das Studium (Phil.-theol. Hochschule Linz, heute Kath.-Theol. Privatuniversität), was mich motivierte, nach und neben Theologie auch Kunstgeschichte zu studieren. Die ersten Ausstellungen zur Kunst des 20. Jahrhunderts besuchte ich in der Neuen Galerie Linz. Ich erachte Linz und Oberösterreich als eine interessante Kulturlandschaft, die auch neue und experimentelle Ansätze zulässt und fördert. Kunstkritik in den Medien (damit sind wir in der letzten Periode nicht mehr „fertig“ geworden, angedacht ist einiges) und vor allem Migration und Kunst möchte ich vorrangig Aufmerksamkeit widmen. Allerdings hat das Gremium (wie alle Gremien) den Nachteil gewisser Schwerfälligkeit. Die Diskussion unterschiedlicher Positionen finde ich interessant. Was schließlich an Vorschlägen herausgearbeitet wird, wird vom Landeskulturreferenten doch sehr ernst genommen. Insofern hat es „Macht“ – mit all den damit verbundenen positiven und negativen Aspekten. Dass eine paritätischere Besetzung (bis hin zu Vorsitz-Funktionen) nicht geglückt ist, bedaure ich sehr; die Ansätze waren ja da.

Günter Mitter (Fachbeirat IV / Volkskultur und Brauchtum) geschäftsführender Gesellschafter der Heiml&Mitter OEG, Lehrer an der HBLA Steyr für Kultur- und Kongressmanagement Mit 10 Jahren entdeckte ich die Liebe zur Natur und damit zur Vielfalt, Veränderung und Kontemplation. Im Gymnasium, wo mich als Einziger in der Klasse der Literaturgeschichte-Unterricht interessiert hat, in der Begegnung mit dem Schriftsteller Franz X. Hofer und natürlich ganz besonders durch das Jazzfestival Raab, wo ich wunderbare und interessante Menschen kennen gelernt habe, hat meine kulturelle Sozialisation stattgefunden. Ich gehe auf Wunsch von Hans Samhaber (=Präsident des Forums Volkskultur) in den Beirat für Volkskultur, weil ich schon damals als Geschäftsführer der Kupf an einer Verbindung von Volks- und „Zeitkultur“ interessiert war. Und für „Zeitkultur“ spielt der LKB sicherlich eine wichtige Rolle. Sich hier zu engagieren heißt am Puls der kulturpolitischen Diskussion zu sein. Zur Kritik über die Besetzung dieses Gremiums: ich sehe grundsätzlich zwischen Frauen und Männern im Kulturbereich keinen Unterschied.

Manfred Pilsz (Ersatzmitglied im Fachbeirat I / Bildende Kunst, Design, Film, elektronische Medien ) geb. 1954 in Linz, unterrichtet in der Fadingerschule Linz Musik- und Medienerziehung, Mein kulturelles Interesse wurde an jenem Ort geweckt, an dem ich nun seit über 25 Jahren werke; in der Schule. Die Beweggründe für mein Engagement im LKB haben ihre Wurzeln in meiner schulischen Arbeit mit jungen Menschen – egal ob es Musical-, Film-, Radio- oder Kabarett-Projekte waren: Jugend/Schulkultur verdient es ernst genommen zu werden ! Meine Schwerpunkte sind daher im Bereich „Jugendkultur“ – sehr wohl aber auch im Themenrahmen „Musik, Film, Kinolandschaft …“ angesiedelt. Ich hoffe, dass der Landeskulturbeirat mehr als nur Denkanstöße weiter leiten kann und wird.

Christian Schacherreiter (Vorsitzender des Fachbeirats II / Literatur und darstellende Kunst) geb. 1954 in Linz, Studium der Germanistik und Geschichte, Dr.phil., hauptberuflich AHS-Lehrer, Ex-Kabarettist und Autor, Mitglied des Stifter-Instituts Ich habe zuerst in Salzburg Violine studiert, dann Germanistik und noch während meiner Studienzeit begonnen Kabarett zu spielen. Nebenher hab ich über Brecht dissertiert, war viele Jahre ORF-Mitarbeiter und habe überhaupt enge Kontakte zur Literatur- und Theaterszene in Linz. Der Landeskulturbeirat ist ein Forum, wo Kulturschaffende aus den unterschiedlichsten Bereichen miteinander ins Gespräch kommen. Ich finde es interessant, von der Arbeit und den Ansichten der anderen etwas zu erfahren und daraus etwas Konstruktives zu machen. Ich konnte zum Beispiel für die Literatur die Stifter-Stipendien durchsetzen. Auch manch anderes, das aus unserem Fachbeirat noch unter der Leitung von Dr. Ritschel eingebracht worden ist, ist realisiert worden. Natürlich muss man damit leben, dass einiges nicht durchgesetzt wird. Die Politik trägt in letzter Instanz die Verantwortung. Daher muss sie entscheiden, welche Vorschläge sie akzeptieren will und welche nicht. So ist das eben in Demokratien. Zur Kritik an der Besetzung des LKBs: ich verstehe die Kritik. Möglicherweise sind von den Vereinen wirklich so viele Männer delegiert worden. Gut, dafür kann weder das Kulturamt etwas, noch der Landeshauptmann. Was mich allerdings sehr befremdet hat war, dass bei der Wahl des Vorsitzenden bzw. des Stellvertreters wieder eine überaus kompetente Frau verhindert worden ist. Das halte ich, ganz offen gesagt, geradezu für blamabel.

Klaus Wallinger (Vorsitzender Fachbeirat VI / regionale Kulturentwicklung) geb. 1959 Bad Ischl, Studium Publizistik & Kommunikationswissenschaft, Ausbildung zum Kulturmanager ICCM, Seit 1994 Kulturbeauftragter der SPÖ Oberösterreich, seit 96 Mitglied im LKB OÖ. Im Kindesalter ging es los: Musikschule, Kirchenorchester; die Adoleszenz führte mich zur Rockmusik und zeitgleich in die initiative Kulturarbeit (KV Kino Ebensee). Bei der Kulturarbeit bin ich bis heute geblieben. Ein Instrument wie der LKB muss Inhalte transparent diskutieren, kommunizieren und schlussendlich den politisch handelnden Personen schmackhaft machen. Nur so gelingt zukunftsorientierte Kulturentwicklung. Die Abarbeitung nicht gelöster Forderungen aus zurückliegenden Paketen, eine Öffnung zu transparenteren Strukturen sowie die Hinwendung zu mehr politischer Verbindlichkeit und öffentlichem Diskurs wären weitere Vorhaben in der Arbeit im LKB. Dazu will ich mit meinem Engagement beitragen genauso wie eine laute Stimme des dritten Sektors2 zu sein. Wenn das kulturpolitische Instrumentarium LKB effizient arbeitet, dann bin ich auch überzeugt, dass Lobbying – vor allem auf politischer Ebene – möglich und sinnvoll ist. Ich habe mich als einziger bei der konstituierenden Sitzung zu dieser geschlechterspezifischen Schieflage geäussert und meine Ablehnung dieses Umstandes verbalisiert. Neben diversen inhaltlichen Diskussionspunkten gehört die Frage der Geschlechterparität zweifelsohne zu einer der zu lösenden Fragen in der aktuellen Arbeitsperiode.

1 der Landeskulturbeirat ist ein Gremium dessen „grundsätzliche Aufgabe in der Beratung der Landesregierung in wichtigen kulturpolitischen Fragen“ (sinngemäß lt. oö. Kulturförderungsgesetz 1987) besteht. 2 dritter Sektor kann als dritte Kraft neben Staat und Markt verstanden werden. Informationen im Netz: http://www.ooe.gv.at/presse/archiv/lk/2001/lk2001_ 269_vom_19_november_2001.htm#landeskulturbeirat

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