Die Quotenmigrantin

«Jetzt, wo Alma Zadić Justizministerin ist, ist vieles möglich!» Diesen Satz habe ich vor kurzem im beruflichen Kontext leider wirklich gehört. Natürlich an mich gerichtet – schließlich bin ich ja auch eine von ‹denen› aus Ex-Jugoslawien. Vieles daran ist problematisch – der wohlwollende Rassismus an erster Stelle – was mich aber seit Wochen nicht loslässt, ist diese Frage: Warum wird Zadić von vielen Seiten entweder undifferenziert gelobt, oder, wie die vielen Drohungen und Hassbotschaften gegen sie zeigen, gleich ganz weggewünscht? Die Erklärung für letzteres ist einfach: Rassismus. Die Erklärung für ersteres leider nicht ganz so.

Klar, es gibt das wichtige und richtige Argument des Vorbildcharakters. Migrantische Namen in solchen (und anderen) Positionen sind de facto kaum vorhanden – doch was passiert darüber hinaus? Reicht es wirklich aus, einen Identitätsmarker zu erfüllen, um die ‹richtige› Politik zu machen? Nein, das tut es eben nicht. Das zeigen nicht zuletzt die sinnlosen Forderungen nach «mehr Frauen in Führungspositionen» – diese (meist weißen privilegierten cis-) Frauen führen nicht automatisch zu mehr Gleichberechtigung und einer Politik für Marginalisierte. Sie zementieren – wie im Fall von Alma Zadić auch – einen rechtskonservativen patriarchalen Mainstream nur noch weiter ein, indem sie ihn befürworten und klar dafür arbeiten. Tokenism – also rein symbolische Personalpolitik – allein löst keine Probleme und wird nicht dazu führen, strukturellen Rassismus, Klassismus und Sexismus zu bekämpfen. Wenn überhaupt, verschleiert er diskriminierende Strukturen.

Individuelle Erfolgsgeschichten – sofern die Definition von ‹Erfolg› eine opportunistische Karriere inklusive Eliteuniversität ist – sind nichts Erstrebenswertes. Sie sind das eigentliche Problem dieser neoliberalen Leistungsgesellschaft, die uns trotz systematischer Diskriminierung einreden will, wir könnten alles werden, wenn wir es nur wirklich ganz stark wollten. Die einzige Frau of Colour und damit symbolischer Token einer rechtskonservativen Regierungselite zu sein, ist nicht automatisch etwas Gutes. Denn wenn wir Personen nur dafür feiern, weil sie aus einer marginalisierten Position heraus kapitalistisch verwertbar geworden sind, dann haben wir ein Problem. Dann nehmen wir sie und ihre Politik nicht ernst, genau wie jene, die ihre Position bewusst instrumentalisieren.

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