Eat the rich

Sie ist derzeit überall: die Netflix-Serie Inventing Anna, in der sich eine junge Frau als reiche Erbin ausgibt und sich mit dieser Lüge und dem richtigen Klassenhabitus jede Menge Geld, Klamotten und Aufenthalte in Luxushotels erschleicht. Dabei zwingt sie eine Freundin in Schuldenberge und zeigt auf, in welcher Parallelgesellschaft reiche Menschen leben. Millionen für Kunst ausgeben? Mit dem Privatjet zum Abendessen fliegen? Das dann 40.000 Dollar kostet? Ein ganz normaler Freitagabend in der Welt der Reichen. 

Während nämlich Strom, Gas, Mieten, Lebensmittel teurer und teurer werden, Millionen ihre Jobs verlieren und Armutsbetroffenheit steigt, cashen Reiche mehr und mehr ab. Laut einer aktuellen Studie der Österreichischen Nationalbank besitzt das reichste Prozent in Österreich 50 Prozent des gesamten Vermögens. Ein Prozent, 50 Prozent! Diese Studie zeigt außerdem: Eigentlich wissen wir gar nicht so genau, wie reich die Reichen sind. Das ist in Wahrheit der größte Skandal unserer Gesellschaft. 

Wird jedoch das Wort ‚Enteignung’ in den Mund genommen, ist Schnappatmung garantiert. Eigentum ist irgendwie wichtiger als das Wohl der gesamten Gesellschaft. Jeder Cent Sozialgeld, der an jene fließt, die es wirklich brauchen, wird täglich politisch hinterfragt und attackiert. Milliardenvermögen, von denen niemand weiß, wie sie entstanden sind, werden als „Leistung“ bewundert. Selbst wenn sie vererbt werden. Denn: In einer Gesellschaft, in der Entsolidarisierung stärker und stärker wird und so viele ums Überleben kämpfen, hat Geld eine nachvollziehbare Anziehungskraft. 

Das hat Anna Sorokin, die Titelheldin von Inventing Anna, verstanden. Dabei persifliert sie: Die richtigen Weinkenntnisse, ein teures Outfit und der vermeintlich reiche Papa bringen dich zumindest an den richtigen Tisch, an dem die Millionendeals passieren. Vermögend zu sein, ist eine Identität. Sie sollte als solche endlich Aufmerksamkeit bekommen. Je mehr wir über ungleich verteiltes Geld reden, desto klarer werden die Machtverhältnisse. Die sollten uns verdammt noch einmal wütend machen und zu politischer Veränderung führen, statt Bewunderung zu kassieren. Wir müssen Reichtum anprangern. Verabscheuen. Gerade in Krisenzeiten. Das ist längst überfällig.

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