Was der Landeskulturbeirat 2022 fordert

Im Jahr 2019 hat der Oö. Landeskulturbeirat ein neues Kulturleitbild erarbeitet. Darauf aufbauend wurde nun ein Paket mit Vorschlägen an die neue Landesregierung erstellt. Verena Humer im Gespräch mit Margot Nazzal, Christine Huber und Christina Leitner über drei der enthaltenen Vorschläge.


Budget und Fair Pay

Der Landeskulturbeirat empfiehlt eine Rücknahme der seit 2017 vorgenommenen Kürzungen der Kultursubventionen und fordert eine Erhöhung um 25 %. Selbst dadurch werden jedoch die zuletzt durch Inflation und hohe Energiepreise gestiegenen Kosten der Kulturvereine nicht gedeckt werden können. Was plant die Landesregierung diesbezüglich zu unternehmen?

Margot Nazzal: Die Pandemie hat uns gezeigt, dass Budgets manchmal unplanbar sind. Das waren jetzt einmal erste Schritte. Für 2022 wurde das Kulturbudget erfreulicherweise deutlich erhöht. Zudem wurden die Werkankäufe sowie die Filmförderung erhöht. Wir führen auch den Neustart-Bonus weiter, von dem vor allem Vereine profitieren, die finanziell stark ins Minus geraten sind. Die Inflation ist nicht nur für den Kulturbereich spezifisch. Für 2023 können wir momentan noch nichts prognostizieren, aber natürlich versuchen wir, dass alle Bedarfe bestmöglich abdeckt werden.

Das Kulturministerium startete unlängst eine breit angelegte Fair Pay Kampagne. Dabei bezieht es sich aber auf eine Studie, deren Zahlen nicht aussagekräftig sind. Wie geht man in Oberösterreich damit um?

Margot Nazzal: Bezüglich Fair Pay gibt es unsererseits bereits konkrete erste Schritte. Wir sind einerseits in regelmäßigem Austausch mit dem Bund, andererseits wissen wir, dass es nötig ist, für Oberösterreich eigenes Zahlenmaterial zu erheben. Dazu sind wir in intensivem Austausch mit Vereinen und Förderwerber*innen, um gemeinsam zu sehen, was Fair Pay monetär bedeuten würde. Auch in Hinblick auf Personalkosten und Professionalisierung. Es ist ein schwieriges Thema, das sich gewiss über mehrere Jahre hinziehen wird. Gleichzeitig werden wir auch darauf achten, dass die Fair Pay Debatte das ehrenamtliche Engagement nicht schmälert.

Generell ist mir der Hinweis wichtig, dass die Landesregierung und natürlich auch die Abteilung Kultur die Empfehlungen aus dem Landeskulturbeirat gerne aufgreifen und wenn möglich auch umsetzen wollen. Es gibt auch schon erfolgreiche Projekte, man denke an das Festival der Regionen oder die geplante Öffnung der Musikschulen.


Kulturarbeit in der Gemeinde

Im aktuellen Forderungspaket des Landeskulturbeirats heißt es unter dem Stichwort ‚Kulturnetzwerk Oberösterreich’: „Kulturarbeit in der Gemeinde gewährleistet die kulturelle Nahversorgung und ist eine unverzichtbar gemeinschaftliche Aufgabe.“ Was bedeutet das konkret?

Christine Huber: Das Paket soll Kulturinitiativen unterschiedlicher Sparten ermöglichen, sich in der Region untereinander zu vernetzen. Oft ist in den Gemeinden gar nicht bekannt, was an Kultur oder auch an bespielbaren Leerständen bereits vorhanden ist. Weder im Bereich der Volkskultur noch im Bereich der Freien Szene. Zweck des Kulturnetzwerks ist es, durch Kooperation von traditionellen und freien Kulturtätigen offene Kulturräume ohne Konsumzwang zu schaffen. Dadurch sollen möglichst viele unterschiedliche kulturelle Bedürfnisse in den Gemeinden bedient werden können. In einem ersten Schritt sollte eine Ist-Analyse entstehen, von der ausgehend die Gemeinde dann weitere kulturelle Entwicklungsmöglichkeiten planen kann. Auch ein gemeinsames Kulturleitbild oder ein Kulturzertifikat für Gemeinden soll aktiv angestrebt werden.

Wie kann das ‚Kulturnetzwerk Oberösterreich’ in den Gemeinden dann umgesetzt werden?

Christine Huber: Ziel ist es, die Gemeinden bei der Definition der Aufgaben und Rahmenbedingungen zu begleiten und eine Übereinkunft über konkrete Schritte und Zuständigkeiten zu treffen. Das Land Oberösterreich soll die Gemeinden – auch finanziell – bei der Kulturentwicklung unterstützen. Dadurch erhalten Kulturreferent*innen einen Anreiz, sich um ein kulturelles Angebot zu kümmern. Sie sollen erkennen können, welche Möglichkeiten es gibt, um Ideen im Rahmen ihrer politischen Funktion umzusetzen. Die Entwicklungsarbeit soll über ein Pilotprojekt erfolgen, um die konkreten Auswirkungen in den Gemeinden erfahr- und sichtbar zu machen.


Öffnung der Musikschulen

Die Landesmusikschulen erhalten in OÖ hohe Förderungen, stehen jedoch bisher ausschließlich für die musikalische Bildung zur Verfügung. Der Landeskulturbeirat schlägt nun vor, diese auch für die Bereiche Bildende und Darstellende Kunst, Tanz, Literatur, Film und Video zu öffnen. Welche konkreten Pläne gibt es dazu?

Christina Leitner: In Haslach haben wir dazu bereits im Schuljahr 2017/18 das erste Pilotprojekt umgesetzt. Die Grundidee war, dass man die Infrastruktur mit dem Anmeldesystem und den Werbemöglichkeiten der Musikschule nutzt, die Kinder dann aber bei uns in den Werkstätten des Textilen Zentrums Haslach mit regionalen Künstler*innen arbeiten.Nach den Pilotprojekten in Haslach und Haag am Hausruck wurde im Kulturleitbild verankert, dass das Profil der Landesmusikschulen in Oberösterreich um weitere kreative Bereiche erweitert werden soll. Ziel ist es, dass die Musikschulen das zusätzliche Angebot in ihr fixes Programm aufnehmen und somit die Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche deutlich erweitern. Durch das Mehrangebot an kreativen Ausdrucksbereichen wird auch die Zielgruppe erweitert.

Bei der Umsetzung muss auch die Musikschule mitspielen. Was kann man tun, wenn etwa die Leitung nichts mit der Erweiterung des kulturellen Angebotes anfangen kann?

Christina Leitner: Natürlich hängt der Erfolg einer Öffnung immer auch von den handelnden Personen vor Ort ab. Die Musikschulen wollen verständlicherweise vermeiden, dass neue Projekte die bestehenden Ressourcen schmälern oder es zu einer Umgewichtung kommt. Das Projekt stellt ja nicht die Musikschule als Institution in Frage oder beschneiden, sondern versucht ein qualitativ hochwertiges Zusatzangebot für die breite Bevölkerung anzubieten. An einer Musikschule dürfen nur ausgebildete Musikschulpädagog*innen unterrichten, das ist im Kunst- und Kreativbereich nicht so. Es werden daher auch Kriterien für Workshopleiter*innen entwickelt, die dem Standard der Musikschule entsprechen. Ziel ist es auch, Kulturtätige aus der Region zu ermutigen sich am Projekt zu beteiligen und Kurse anzubieten. In Haslach gab es z.B. eine Pädagogin für das gesamte Schuljahr, die die Kinder gut kannte und die wechselnden Künstler*innen dann jeweils einführen und vorstellen konnte. Das war für alle eine gute Mischung.


Den Oö. Landeskulturbeirat (LKB) gibt es seit 1988. Er setzt sich aus sechs Fachbeiräten zusammen und erfüllt eine beratende Funktion für die Kulturreferent*innen in der Landesregierung. Vorsitzender des OÖ Landeskulturbeirates ist aktuell Dr. Josef Stockinger. Bisher entstanden aus dem LKB mehrere Projekte, z.B. das Festival der Regionen oder der Aufbau der Freien Radios ab 1997. Mehr zum LKB.
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