Mitgegeben

Wir haben bei Kulturtätigen nachgefragt: Welche Rolle spielt Lernen in deiner Kulturinitiative? Statements von Gerlinde Roidinger, Verena Koch und Elisabeth Pojer.


Gerlinde Roidinger / tanzland

Tanzspezifische Kunst unmittelbar zu erleben ist für Menschen mit Lebensmittelpunkt außerhalb des städtischen Raums oft mit Mehraufwand – etwa einer längeren Anfahrt – verbunden. Der Verein tanzland hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, Tanz und Kunst im ländlichen Raum hör- und sichtbar zu machen und Veranstaltungen zu künstlerischem Tanz und zeitgenössischer Performancekunst in das Kremstal zu bringen. Das Angebot ist vielschichtig:  Radiosendungen und Podcasts, öffentliche Interventionen zum Mitmachen, Workshops, Tages- und Abendveranstaltungen, Info- und Terminservices und Netzwerktreffen ermöglichen unterschiedliche Ebenen des Andockens und des Kulturerlebens vor Ort.

Direkte Vermittlungsarbeit findet etwa in der Radiosendung tanztalk statt, in der Künstler*innen über ihre Arbeit und ihr Leben sprechen. In entspannter Atmosphäre erhalten Hörer*innen Einblick in Biografien von Choreograf*innen, Tänzer*innen und Pädagog*innen. Diese beschreiben künstlerische Prozesse, erklären Produktionsweisen und vermitteln Inhalte, die den Tanz- und Theaterbetrieb greifbar machen. Workshops zum Ausprobieren und Kennenlernen gab es im Rahmen eines Tanztags, bei dem regionale Tanzschaffende unterschiedlicher Stilrichtungen sich und ihr Angebot präsentieren konnten. Weiters ist eine regelmäßige Workshopreihe mit Schwerpunkt Zeitgenössischem Tanz geplant.

In unserer Arbeit steht Lernen stets mit Neuem in Verbindung: Neue Zugänge, neue Sichtweisen auf Altes/Traditionelles, neue Wege der Kommunikation und Information, neue Möglichkeiten der Präsentation, neues Publikum, neue Formen der Finanzierung, neue Teams, neue Orte, neue Bühnen, neue Projekte, neue Ideen. Die Vermittlung und ein lernender Blick auf die Gewohnheiten des Publikums spielen in unserer Arbeit insofern eine Rolle, da es verschiedenartige Aktivitäten braucht, um Menschen unterschiedlichen Alters und gesellschaftlicher Prägung einladen zu können, Neues zu wagen und sich auf Unbekanntes einzulassen. Was ich selbst in der Arbeit rund um tanzland gelernt habe: Entscheidungen treffen, Lösungen finden, mutig sein.


Verena Koch / makart

In unserer noch jungen Tätigkeit (September 2021) in der Kulturinitiative makart haben wir gelernt, uns mit neuen Organisationsformen auseinanderzusetzen und Themen zu besprechen, um die dafür notwendigen Formate zu generieren.

Lernen ist für uns ein Faktor, der erst durch wirkliche Begegnung und Konfrontation mit Inhalten stattfindet. Grundsätzlich geht es uns um die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen, politischen, kulturellen Themen. Wenn Lernen also nicht als Vorgabe gesehen wird, sondern als Förderung von Selbstreflexion und Außenwahrnehmung sowie in Folge der Vermittlung eigener Gedanken und Inhalte, dann definiert sich ein stetes Miteinander- und Voneinander-Lernen. Ich würde auch lieber den Begriff ‚Vermittlung’ für unsere Planungen ebenso wie für Förderungen verwenden. Im besten Fall kommt es dabei zu Prozessen, die eigene gesellschaftliche Grundkompetenzen zur Entfaltung bringen.  Kulturvermittlung und Lernen als ein Erleben.

Durch Corona haben wir zwangsläufig Bekanntschaft mit digitalen Formaten gemacht, die auf unserer Website in der Rubrik dorf-tv nachzusehen sind. Diese verlängerte und erhöhte Sichtbarmachung hat eine Qualität, die wir weiterhin in Evidenz halten wollen, auch ohne pandemische Zwänge.

Ein Lerncafé, welches diese Idee praktisch umsetzen soll, musste pandemiebedingt noch warten. Unterdessen lernen wir, dass es nicht einfach und nicht selbstverständlich ist, unterschiedlichste Zielgruppen zu erreichen.

Die Gesprächsreihe Wem gehört die Stadt, die Dr. Jürgen Bonath für unseren Verein ins Leben gerufen hat und moderiert, gehört ebenso dazu, wie die ersten jetzt möglichen Live-Lesungen und Filmabende, die immer auch Raum für Musik, Gespräch sowie das ein oder andere Getränk lassen. Auch im Rahmen eines regelmäßig stattfindenden Quizabends soll sich der Vereinsraum zukünftig in einen „Spielraum“ verwandeln.

Es gibt bei uns aber auch formelle Vermittlungsangebote, etwa Atem-Stimmworkshops, die ganz eindeutig Weiterbildungsformat haben, sowie das Bürger*innen-Theater, bei dem man nicht nur Stückentwicklung, sondern auch bestimmte Techniken der Theaterarbeit kennenlernen kann. Das bedeutet, dass eigene Themen über spielerische creative-writing-Impulse recherchiert werden und die darstellerische Umsetzung mit Improvisationstechniken individuell entwickelt wird.


Elisabeth Pojer / KV Mühldorf

Vereinsarbeit ist ein laufender Lernprozess. Als neu entstandener Kulturverein mussten wir erst die Basis und Struktur für Vereinsleben und Vereinsarbeit schaffen. Die individuellen Stärken der im Verein aktiven Menschen und ihr versammeltes Wissen sollen in Prozessen weitergegeben werden. Das kann ganz niederschwellig beim Aufbau der PA-Anlage passieren, oder konkreter in regelmäßigen Arbeitstreffen. Passende und unterhaltsame Formate dafür zu finden, ist derzeit noch Teil unserer Reise.

Unser Kulturprogramm spiegelt diesen Austausch mit einer bunt gemischten Schar an Menschen wider. Als kleiner Verein am Land sehen wir es als unsere Aufgabe, ein diverses Kulturangebot zu bieten. Das Ziel unserer unterschiedlichen Veranstaltungsreihen ist es, durch das Behandeln von kritischen Themen und durch das Beleuchten von neuen Perspektiven Impulse zu geben und Raum für Austausch zu schaffen.

Im vergangenen Gründungsjahr legten wir den Fokus auf Lesungen und Konzerte. In diesem Jahr starten wir mit Workshops. Wir wollen damit aktiv zum Mitmachen und Lernen anregen. Die Teilnehmer*innen sollen hier selbst die Möglichkeit haben, Kultur zu gestalten, über den Tellerrand zu blicken und sich weiterzuentwickeln. Wir fokussieren uns hier auf die Themen Sprache und neue Medien. Geplant sind aktuell ein DJ*ane- Workshop und ein Radio/Podcast-Workshop, gemeinsam mit dem Radio B138. Im März durften wir einen Poetry Slam-Workshop mit Mieze Medusa abhalten.

Zusätzlich planen wir Diskussionsabende mit Expert*innen zu aktuellen Themen. In den schwierigen vergangenen zwei Jahren sind die „Stammtisch“-Gespräche weniger geworden und die Chance, sich mit anderen Meinungen auszutauschen, ist im realen Leben beinahe verschwunden.

Durch die Workshops und Diskussionsabende bieten wir eine einfache Lern- und Austauschplattform. Wir wollen damit aber auch Barrieren reduzieren, um mit dem Verein Kontakt aufzunehmen und zur aktiven Beteiligung zu animieren. Vereinsarbeit hilft, aus der eigenen Komfortzone zu treten und bringt Bereicherung durch wertvolle Erlebnisse.

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