Dialog und Kooperation

Für viele überraschend wurde die Europapolitikerin Ulrike Lunacek im Jänner als erste Staatssekretärin für Kunst und Kultur seit Franz Morak (ÖVP, 2000—2007) angelobt. Der KUPFzeitung stand sie vorerst schriftlich Rede und Antwort.

KUPFzeitung: Wie legen Sie Ihre neue Funktion an?

Ulrike Lunacek: Im Zentrum meiner Kulturpolitik steht der Dialog mit den in Kunst und Kultur Tätigen. Ich bin der Auffassung, dass gute nachhaltige und zukunftsfähige Konzepte zur Förderung von Kunst und Kultur nur im gegenseitigen Austausch erarbeitet werden können. Dies gilt auch für die Umsetzung des Regierungsprogramms.

Was sind Ihre größten Herausforderungen?

Kunst und Kultur können rein ästhetische Erfahrungen auslösen. Sie können aber auch – und tun dies sehr oft – zu Reflexion anregen: über die Werte, die unsere Gesellschaft prägen, in Zeiten von Globalisierung und gesellschaftlichem Wandel, von neuen Technologien und Digitalisierung, von Fake News und sozialer Ungerechtigkeit, von der Bedrohung durch die Klimakrise und der Zerstörung unserer Umwelt. Der Umgang mit Kunst und Kultur spiegelt außerdem unser Verhältnis zu Freiheit und Demokratie wider: wie wir in unseren komplexen Gesellschaften zusammenleben. Nicht umsonst steht auf der Secession: «Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit». Die Freiheit des Individuums und die Gestaltung einer inklusiven, demokratischen Gesellschaft stehen für mich im Zentrum meines Kulturverständnisses. Diese gilt es zu verteidigen. In diesem Sinne ist es auch eine große Herausforderung, die soziale Lage der im Kulturbereich Tätigen zu verbessern.

Konkret ist der Kulturbereich als dominant ‹weibliches› Metier stark von der schlechteren Bezahlung von Frauen* betroffen. Was haben Sie in Sachen Schließung des Gender Pay Gap vor?

Eine vor einigen Jahren durchgeführte Studie zum Thema hat gezeigt, dass es verschiedenster Maßnahmen bedarf. Die Errungenschaften im Rahmen der gesetzten Schritte möchte ich in einer nächsten Studie überprüfen lassen und danach neue Maßnahmen mit geeigneten Partner*innen in die Umsetzung bringen.

Wie sieht Ihre Zusammenarbeit mit Vizekanzler Werner Kogler genau aus?

Wie mit Vizekanzler Werner Kogler festgelegt, bin ich für die gesamten, in unserem Ministerium angesiedelten Kunst- und Kultur-Agenden zuständig. Vizekanzler Kogler wird jedoch hin und wieder Kulturveranstaltungen besuchen, ebenso wie ich ihn manchmal bei Auftritten zum Öffentlichen Dienst oder bei Sport-Events und in Parlamentssitzungen vertreten werde.

Und mit Eva Blimlinger?

Eva Blimlinger und ich kennen und schätzen einander schon sehr lange. Sie ist nun Vorsitzende des Kulturausschusses im Nationalrat und wir stehen in gutem Austausch miteinander.

Kultur ist vor allem auch Landessache. Welche konkreten Spielräume haben Sie hier auf Bundesebene und was sind Ihre Strategien, um die Landeshauptleute an Bord zu holen?

Ich habe schon in den ersten Wochen mit allen Landeshauptleuten bzw. den Landeskulturreferent*innen der Bundesländer zumindest telefonischen Kontakt gesucht, und besuche im März und April auch jedes Bundesland. Dialog und Kooperation sind Grundlagen meiner Arbeit – und nur damit werden wir auch den Bereich Kunst und Kultur in Österreich und im gemeinsamen Europa weiterentwickeln und international auf hohem Niveau halten können.

Lässt Ihre Wahl des Kabinettchefs und der stellvertretenden Kabinettchefin auf Schwerpunkte schließen?

Mit meinem Kabinettchef Felix Hauer habe ich schon in Brüssel zusammengearbeitet, er bringt große Erfahrung mit. Stellvertretende Kabinettchefin ist Gabriele Gerbasits, langjährige Geschäftsführerin der IG Kultur. Fair Pay war gerade ihr immer ein wichtiges Anliegen – und die Umsetzung ist Teil unserer Vorhaben.

Großes Aufsehen hat erregt, dass der angesprochene Begriff ‹Fair Pay› im Regierungsprogramm vor­ kommt, dabei steht er dort nur einmal und recht la­pidar. Welches Modell ist damit also eigentlich gemeint?

Mir geht es um eine faire Bezahlung der Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen. Wir brauchen hier auch wirksame Maßnahmen gegen Altersarmut und Arbeitslosigkeit und eine bessere soziale Absicherung.

Wie soll das gehen?

Die Umsetzung von Fair Pay wird nur durch eine Änderung der Fördermodalitäten im Zusammenspiel mit allen Förderebenen möglich sein. Dazu braucht es aber auch höhere Budgets in diesen Bereichen bei Bund, Ländern und Gemeinden. Gelingen kann dies durch gemeinsame Anstrengungen der Förderstellen. Bereits bei der nächsten Landeskulturreferent*innen-Konferenz wollen wir dieses Thema einbringen. Zusätzlich wird es auch noch Arbeitsformate mit den einzelnen Interessenvertretungen geben.

Damit Fair Pay nicht zu Lasten von Anzahl, Ausstattung oder Vielfalt in den geförderten Projekten umgesetzt wird, braucht es eine ent­sprechende Faktenbasis. Wird die von den Interessenvertretungen angeregte Erhebung zum Finanzierungsbedarf kommen?

Mir ist bewusst, dass die einzelnen Interessenvertretungen die fehlende Datenlage beklagen, denn nur damit kann eine valide Einschätzung des finanziellen Mehrbedarfs abgegeben werden. In dem Umsetzungsprozess für Fair Pay wird die Erhebung der fehlenden Budgetmittel sowohl auf Bundesebene aber auch bei den anderen Fördergeber*innen ein wichtiger Meilenstein sein.

Stichwort Budget – Das Regierungsprogramm schweigt sich in Bezug auf das Kulturbudget ja
leider aus. Was wird hier zur Verfügung stehen?

Wir stehen gerade inmitten der Budgetverhandlungen. Da kann ich Ihnen im Moment noch keine konkreten Zahlen nennen. Nur so viel: Selbstverständlich versuche ich, für mein Ressort mehr Mittel aufzustellen.

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