Gekaufte Wahrheit

Auch wenn sie mir noch so gut gefällt, die Überschrift zum zweiten Medial: Erfunden hab ich sie nicht.


Der bayrische Filmemacher Bertram Verhaag, dessen Produktionsfirma den schön-mehrdeutigen Namen ”Denkmal Film” trägt, verwendete die Phrase als Titel für seine 2009 erschienene Fernsehdoku zur Gentechnik und Klaus Woltron überschrieb 2011 kritische Betrachtung zum Bankenrettungsschirm damit. So unterschiedlich Medium und Zugang dieser beiden Dokumente sind, eines haben sie gemeinsam: Sie beschäftigen sich mit dem Bemühen Mächtiger, nur das öffentlich werden zu lassen, was ihren eigenen Interessen nützt. Verborgen bleiben sollen also nicht nur die ”unbrauchbaren” Fakten, sondern auch der Manipulationsvorgang selbst. Der unverfrorene Umgang der Trump Administration mit ”Alternativen Faken” oder Dietrich Mateschitzs Ankündigung, finanziert durch seine Stiftung „Quo Vadis Veritas” eine multimediale Nachrichtenplattform einzurichten, bringt einen neuen Stil ins Spiel: Denn diese Wahrheitsverkäufer inszenieren die Manipulation auf der einen und den massiven Mitteleinsatz auf der anderen Seite gänzlich ungeniert und vor aller Augen. Die dabei an den Tag gelegte Schamlosigkeit hat aber auch eine gute Seite. Der Kampf um die Deutungshoheit, der bisher weitgehend hinter den Kulissen ablief, findet nämlich plötzlich auf offener Bühne statt und wird damit zu einem verhandelbaren Faktum. Und so wie sich Trumpberaterin Kellyanne Conway nach ihrem ”alternative facts” Sager medial verhöhnen lassen musste, so sehen sich Mateschitz und seine Wahrheitsfindungsredaktion noch vor der ersten faktischen Veröffentlichung heftigem medialen Gegenwind ausgesetzt. Dass im Zuge dessen auch kulturell verbrämte Projekte, wie die Red Bull Music Academy kritisch diskutiert werden, ist gut. Weil derartige Auseinandersetzungen – so sie sachlich geführt werden – Wissen darüber schaffen, wie Informationen produziert werden und das stärkt den kompetenten Umgang mit Medien. Und wenn Künstler_Innen und Kulturproduzent_Innen angeregt werden, darüber nachzudenken, in welchem (kommerziellen) Umfeld sie arbeiten und welche Interessen ihre Finanziers eigentlich verfolgen, schadet das auch nicht.
 

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