Christian Diabl über das Buch Wie Lesben in der Presse (nicht) dargestellt werden von Elke Amberg
Eine fast erfolglose Suche
Lesben sind keine richtigen Frauen, sondern gefühlskalte und männerfeindliche Jungfern, die keinen Mann abgekriegt haben, weil sie so hässlich sind. Diese nach wie vor gängigen Stereotype kommen in den untersuchten Zeitungen nicht vor, nicht mal unterschwellig. Das ist die gute Nachricht. Weniger erfreulich sind die weiteren Ergebnisse von Elke Ambergs Studie, die nun als Buch erschienen ist. Lesbische Frauen sind in der Berichterstattung hoffnungslos unterrepräsentiert. Noch immer. Der subjektive Eindruck darf nun als gesichertes Faktum betrachtet werden. Die Journalistin und Kommunikationswissenschaftlerin hat für ihre Untersuchung Münchner Tageszeitungen analysiert, sowohl Qualitäts- als auch Boulevardmedien. Dabei ist Berichterstattung über Homosexualität mittlerweile nicht selten. Besonders zwei Themen liefern immer wieder Anlass dazu. Einerseits die Debatten über eine rechtliche Gleichstellung homosexueller Partnerschaften und natürlich der Christopher Street Day (CSD), an dem weltweit gefeiert und demonstriert wird. Die restliche Berichterstattung behandelt neben boulevardesken Outing- und Beziehungsgeschichten die immer wieder eintreffenden Schockmeldungen über Repressionen gegen Homosexuelle rund um den Globus.
Homosexuell ist schwul
Auffallend ist dabei, dass lesbische Frauen zwar in manchen Artikeln vorkommen, jedoch nur selten ausschließlich. Meist sind Schwule der Hauptinhalt und Lesben werden lediglich mitkommuniziert. Besonders´bei der Analyse der Headlines wird das deutlich. So hat es der Begriff Lesbe im Untersuchungszeitraum kein einziges Mal in die Überschrift eines Artikels geschafft. Betrachtet man die Artikel, die sich mit dem Thema gleichgeschlechtlicher Partnerschaft beschäftigen, könnte man meinen, dass lediglich Partnerschaften von Männern davon betroffen wären. Die Ausblendung betrifft auch die bildliche Darstellung, die besonders rund um den CSD eine wichtige Rolle spielt. Somit zieht sich die Ausblendung durch alle Bereiche journalistischen Schaffens.
Die Suche nach den Gründen
Die Ursachen für dieses Ausblenden werden von Elke Amberg nur angerissen. Sie nennt vor allem zwei: einerseits die „Logik eines männerzentrierten Pressejournalismus“, andererseits die gesellschaftliche Position von Lesben, deren Emanzipationsbewegung in den letzten Jahren durch die konservative Gegenbewegung ins Stocken geraten ist, wie auch der Feminismus allgemein. Frauen werden insgesamt und besonders im politischen Kontext mangelhaft und verzerrt dargestellt. Weil sie generell in der Politik in der Minderheit sind und damit auch weniger Objekt der politischen Berichterstattung und weil sich vor allem Frauen mit diesen Themen beschäftigen und diese im politischen Journalismus ebenfalls eine Minderheit sind. Je mehr Akteurinnen involviert sind, desto weniger können sich lesbische Themen durchsetzen, da diese von ebenfalls männerdominierten Agenturen dementsprechend vorselektiert werden. Die Männerdominanz meint aber nicht nur die handelnden Personen, sondern auch die männliche Perspektive, die auch weibliche Journalistinnen aus Karrieregründen eingenehmen. Ein weiterer Grund ist, dass anders als dem Begriff schwul dem Begriff lesbisch auch heute noch ein Schmutzimage anhaftet. Das wird besonders deutlich wenn es um prominente Lesben aus Medien und Politik geht. Hier wird das Wort Lesbe meist aufwendig umgangen, in dem die Protagonistinnen beispielsweise als „Frauen, die Frauen lieben“ beschrieben werden.
Was können wir tun?
Elke Amberg legt detailliert dar, dass die Unterrepräsentanz von Lesben in der Berichterstattung deutscher Tageszeitungen Fakt ist und wie diese passiert. Nahezu unbeantwortet bleibt aber die Frage was sich dagegen unternehmen lässt. Lediglich gegen Ende deutet sie einen möglichen Weg an und der führt über die Szene selbst. Denn die lesbischschwule Szene versteht sich überwiegend als schwule Szene mit lesbischem Touch. Die Ausblendung ist also nicht nur ein Problem in der breiten öffentlichen Wahrnehmung, sondern beginnt bereits in der Szene selbst. Das liegt einerseits an der juristischen Verfolgungsgeschichte schwuler Männer, andererseits an der gegenwärtigen Schwäche der feministischen Bewegung, unter der auch ihre lesbische Teilbewegung leidet. Eine offensive Gegenbewegung zum konservativen Backlash könnte also ein möglicher Ausweg sein.
Wie Lesben in der Presse (nicht) dargestellt werden
Elke Amberg
245 Seiten, 20 Euro