Eine plakative Aktion

Die KAPU thematisiert mit »Platz« die Verdrängung und Peripherisierung kommerziell nicht oder schwer verwertbarer Kultur- und Lebensformen aus dem Zentrum der Stadt Linz. Ein Problem, das bei allen freien Kulturinitiativen gegenwärtig ist.

Anfang 2006 wurde die Stadtwerkstatt von einem Mitarbeiter des Werberings darüber in Kenntnis gesetzt, dass mit Stichtag 1. Jänner eine Neuregelung für das Plakatieren auf Linzer Plakatflächen und Litfaßsäulen in Kraft getreten ist.

Die Stadt Linz hat die Werbeflächen im Rayon Linz und Umgebung der privaten Gutenberg-Werbering G.mb.H übertragen, die nun die Flächen vertraglich vermarktet.

Der eigentliche Beweggrund der Kontaktaufnahme seitens Werbering war allerdings auch gleich der Präzedenzfall – denn es wurden Plakate von Stadtwerkstatt-Veranstaltungen auf einigen Litfaßsäulen plakatiert, und schon war in einem e-mail von illegaler Plakatierung, Verbot, widerrechtlicher Nutzung und vom »Vermeiden einer Anzeige« die Rede. Zum Schluss des Schreibens wurde mir das Angebot für eine Absprache über eine »eventuell zukünftige Vorgangsweise« gemacht. Einige Tage später ereilte mich das Informationsblatt für Kultur- und Kleinplakatierung 2006, das die Anzahl der »Kulturflächen«, die Abwicklung und, recht prominent, die Preisliste beinhaltete. Insgesamt sind laut diesem Schreiben 105 Flächen in Linz – Plakatflächen und Litfaßsäulen zusammen – als »Kulturflächen« tituliert und stehen also auch der Bekanntmachung von Projekten und Veranstaltungen für Initiativen der Freien Szene zur Verfügung, jedoch, der bisherigen Information zufolge, nur gegen Bares gepaart mit einem äußerst bürokratischen Anmeldeprozedere, das sowieso für freie Initiativen, die kontinuierlich und/aber spontan agieren, äußerst unpraktikabel ist und unterm Strich zu einem Mehraufwand, den wir nicht brauchen können, führt.

Professionelle Vermarktung Auf meine Frage, warum denn das Plakatieren für uns und alle anderen gemeinnützigen Kulturvereine jetzt was kosten solle, konterte der Herr vom Werbering (dort in Sachen Verkauf tätig) mit dem Hinweis, dass die Werbering- Preise im bundeslandweiten Vergleich bei weitem unter den am Markt üblichen Tarifen liege, also die »leider bescheidenen Budgets der Kulturvereine« bei der Preisgestaltung durchaus berücksichtigt wurden, und die »professionelle Vermarktung« auch den Vorteil mit sich bringe, dass die Plakate auch tatsächlich plakatiert und nicht wieder von anderen Plakaten überklebt werden. Die professionelle Vermarktung verspricht im gleichen Atemzug eine rasche Ausbesserung und Kontrolle von Wildplakatierung, und um dieser gleich vorneweg Einhalt zu gebieten, wurde anstelle der gemeinhin vertrauten Litfaßsäule am Hauptplatz ein neu errichteter Plakatzylinder unter den Glassturz gestellt.

Meine Frage blieb also unbeantwortet und deshalb stellte ich sie erneut – aber diesmal an das Kulturamt der Stadt Linz. Von dort wurde mir dann mitgeteilt, dass dem Werbering eine vom Kulturamt zusammengestellte Liste der Kulturvereine aufliege, wonach die darauf Angeführten den Plakatservice kostenlos nutzen »dürfen«, sofern die abwicklungstechnischen Vorgaben eingehalten werden. Diese Information wurde mir dann schließlich auch vom Werbering bestätigt – allerdings mit dem Zusatz, dass es sich dabei allerdings nur mehr um die vertragsgegenständlichen 15 Litfaßsäulen oder 15 gleichwertige Plakatflächen, handle.

Hauptsache gut platziert … … ein Slogan auf der Homepage der Gutenberg-Werbering G.mb.H, der nicht nur für Kommerz und zahlungskräftige Kulturveranstalter stehen darf! Bei der Anzahl von 15 zur Verfügung stehenden Werbeflächen, deren Standorte im Stadtraum nicht einmal bekannt sind, und mit dem Wissen, dass in der Praxis auch mehrere Veranstaltungen parallel beworben werden müssen, scheint das allerdings mehr ein Affront gegen freie Kunst- und Kulturhäuser zu sein, als ein gut gemeintes Angebot. Aus diesem Grund haben sich am 19. Oktober AktivistInnen der Kapu in die augenfälligen, ja fast schon zum Linzer Hauptplatz gehörenden WirAG Blauzeug-Anzüge geworfen, um mit Akkubohrer, Spax und Silikon eine Bretterwand rund um die verglaste Litfaßsäule aufzuziehen und diese mit einem Potpourri von Plakaten einiger Initiativen der freien Szene zu betackern.

Dem ganzen, kurzen Treiben ist eine Aussendung an die Presse vorangegangen, um die Aktion auch dementsprechend medial zu platzieren. Um auch den PassantInnen vom Hintergrund der »Plakatwandskulptur« zu erzählen, wurde ein Schreiben mit dem Titel »Diese Säule ist besetzt« unter die Plakate gemischt. Gute 72 Stunden später wurden die Bretter, wahrscheinlich von MitarbeiterInnen des Werberings wieder entfernt. Ob das Projekt nun für eine potentielle Kriminalisierung steht, (wie von Kapu formuliert) sei dahingestellt, es war und ist jedenfalls ein Statement gegen die Privatisierung im Linzer Stadtraum und die Ansage für das Einfordern und Verankern von Stadtmarkierungen einer virulenten, freien Kulturszene. Es darf gehofft werden, dass die Stadt Linz für freie Flächen Sorge trägt, in den »OÖ Nachrichten« war ja auch von Verhandlungsbereitschaft seitens Vizebürgermeister Erich Watzl und dem Werbering Prokuristen Alfred Stadler zu lesen.

Na, dann lassen Sie uns entweder einfach plakatieren, oder verhandeln Sie halt mit uns!

Olivia Schütz ist Geschäftsführerin der Stadtwerkstatt … und schmunzelt über den Satz: »Apropos Wildplakatierung: Ich bitte Sie, ihre Mannen zu veranlassen, von Plakatierungen an unseren Tafeln Abstand zu halten.« (O-Ton Werbering)

http://www.kapu.or.at/platz

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