mensch2?

Die Projektgruppe Ma“ss berichtet über ihr Innovationstopf-Projekt in Bad Ischl.

 

Wir, Sylvi Aigner, Evelyn Ritt und Andreas Wimmer, beschäftigten uns mit der Proportionstheorie Leonardo da Vinci’s und deren Umsetzbarkeit auf den individuellen Menschen. Ist der Mensch quadratisch? Welche Form ist Norm?

Mensch2? testete letzten Sommer eine Norm, ein Muster in seiner Realität. Die ersten Versuche, unsere eigene Größe anhand der ausgebreiteten Arme zu messen, brachten verblüffende Ergebnisse, die eine Norm scheinbar anwendbar machte – die Größe des Menschen entspricht der Spannweite der Arme! So machten wir uns als Projektgruppe Ma®ss auf den Weg um hundert Menschen zu finden die bereit waren, die Arme auszubreiten und Teil der Untersuchung zu werden, die sich in ihrer Einmaligkeit als Entwicklungsprojekt herausstellte.

Schon bald war klar, dass nicht alle Menschen in ein Quadrat passen würden. Es gab Abweichungen von bis zu 16 cm. Meist hatten unsere Testpersonen längere Arme, als sie groß waren. Stammen wir doch vom Affen ab? Oder vom Autofahrer, mit den kurzen Armen?
Ausgerüstet mit einem nach hinten geneigtem Podest und nach Lösung anderer fototechnischer Probleme, wurden die Menschen in ihren Gärten, an der Ischl oder etwa vor ihrem Arbeitsplatz fotografiert.
Die Geste des Arme-ausbreitens und sich zu strecken so weit es geht, fotografiert zu werden und das anschließende Abmessen von Größe und Spannweite, war der erste Teil des Projektes.

Dank des Fotografen Werner Dornik sind so Aufnahmen von hundertfünf Menschen gelungen, die auch durch die unterschiedlichen Hintergründe und Aufnahmesituationen die Individualität der Menschen hervorstrichen. Der nächste Schritt, nach Ausarbeitung und Druck, war diese Unterschiede wieder in einen Zusammenhang zu bringen.
Unser Versuch war es, die (nicht) quadratischen Menschen auf den Bildern Fingerspitze an Fingerspitze in Berührung zu bringen, ohne die Bilder zu verschieben. Wieder blieb Mensch menschlich, denn eine Menschenkette war nur bis Bild 50 möglich, da durchgehend die rechte Hand höher gehalten wurde. Welche Form ist Norm?

Die Lösung war wieder Individualität, und ab 50 „Sprünge“ in diese Reihe zu konstruieren, die bis zur Mitte der Spirale immer spürbarer wurden. Welche Form braucht Norm?

Um die strenge geometrische Form aufzulösen wurden die Bilder mit ungefähr 300 Büroklammern und vielen Metern Spagat auf einer Holzspirale befestigt. Es ergab sich eine zusammenhängende kosmologische Form, die eine Zu- und Abgangssituation mit einem Zentrum ergab und Erweiterungen in alle Richtungen möglich machte. Mensch wurde Mensch gelassen und die Pixel sprachen für sich. Denn waren die Menschen nun nicht in Leonardo’s Quadrat, so wurden sie dennoch digital zu tausenden Quadraten verarbeitet.

Bei der Ausstellungseröffnung am 11.8. wurde der Videoclip mensch2? präsentiert, den Michael Wihan und Michelle D. begleitend zur Aktion gedreht hatten.
Dieser Film brachte den ProtagonistInnen und BesucherInnen den Werdegang der Fotoaktion näher. Die ProtagonistInnen demontierten am Sonntag ihre Bilder, und konnten sich selbst wieder aus der homogenisierten Struktur befreien, was die Spirale ins Wanken bringen sollte und brachte.

Ein würdiger Ort für die Ausstellung war die Trinkhalle Bad Ischl, ein um 1851 erbautes Paradebeispiel des österreichischen Spätklassizismus. Das Gebäude befindet sich im Eigentum des Landes OÖ und wird von den Landeskuranstalten verwaltet. Da durch die Nutzung für Kurkonzerte, das Ausschenken von Soletrinkwasser, Ausstellungen, Verkaufsausstellungen und Flohmärkten kein maximierter Gewinn erzielt werden kann, ist der Verkauf des Gebäudes geplant.
Die Nutzung der Trinkhalle für unser Projekt sollte auf diesen besonderen Platz in Bad Ischl hinweisen, der durch seine zentrale Lage und Größe, die einzige Möglichkeit bietet, Kulturveranstaltungen dieser Art zu präsentieren.

Dank des Innovationstopfes war diese Fotoaktion ein kleiner Beitrag zur freien Kulturarbeit, die regional oft schwer umsetzbar ist und dennoch wiederkehrend auch weiter die Welt umspannt.

Sylvi Aigner, Evelyn Ritt, Andreas Wimmer

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