Neue Arbeitsfelder für KünstlerInnen

Das Projekt Artworks präsentiert Andrea Mayer-Edoloeyi

 

Weltweit gehen immer mehr KünstlerInnen dazu über, auch in sozialen Bereichen zu arbeiten. Sie erschaffen Kunstwerke gemeinsam mit Jugendlichen, spielen Theater mit InsassInnen von Gefängnissen, tanzen mit PatientInnen, machen Musik mit MigrantInnen oder schreiben mit Obdachlosen. In Österreich wird dieser Trend jetzt von der Entwicklungspartnerschaft “ARTWORKS – künstlerische Dienstleistungen im Dritten Sektor1” untersucht und gefördert.

Ausschließlich von ihrer Arbeit können nur acht Prozent der KünstlerInnen leben. Für viele bedeutet das, ihre Kunst entweder nebenberuflich auszuüben oder neben der künstlerischen Aktivität noch Geld zu verdienen. Doch immer noch gelten KünstlerInnen, die sich „kunstfremden“ Gebieten zuwenden, als VersagerInnen, die den Durchbruch nicht geschafft haben. Dessen ungeachtet sind seit den 80er-Jahren auch in Österreich immer mehr dazu übergegangen, als KünstlerInnen in den gesellschaftlichen Bereichen Sozialarbeit, Gesundheits- und Bildungswesen zu arbeiten. Allgemein bekannt sind etwa die „Roten Nasen“ oder die „CliniClowns“: SchauspielerInnen bringen Humor in Krankenhäuser und schenken den PatientInnen somit Trost, Zuversicht und Lebensmut.

Ein internationales Beispiel: Der Schauspieler, Maler und Theatermacher John Malpede hat 1985 in Skid Row, dem wüstesten Stadteil von Los Angeles, ein Theater gegründet. Unter dem Namen „Los Angeles Poverty Department“ spielen hier Obdachlose, Junkies und Prostituierte mit anderen Bewohnern des Viertels Theater. Die Stücke handeln vom Leben auf der Straße, gespielt wird ebendort, aber auch in Theaterhäusern und auf Festivals. Malpede will „einem möglichst breit gestreuten Publikum vom Leben auf der Straße erzählen – unverfälscht und ohne Sozialkitsch“ Malpede schwärmt von der „sophisticated performance“ der SchauspielerInnen, die für ihn den Vergleich mit den besten Bühnen nicht zu scheuen brauchen. Ähnliches kann man auch bei George Taboris „Mein Kampf“ erleben, den Tina Leisch und Hubsi Kramar zum Teil mit Obdachlosen des Männerwohnheims in der Meldemannstraße inszeniert haben.

Auch wenn sich Theater sehr für „künstlerische Dienstleistungen“ anbietet, so gibt es auch Angebote in den Bereichen Malen, Tanz und Musik – wie etwa durch die Linzer „Kunst und Kultur“ von Pro mente. Denn „die Arbeit in verschiedenen Kunstmedien hilft den Alltag zu strukturieren, das Selbstwertgefühl zu steigern und kann so zur Gewinnung eines neuen Lebenssinnes beitragen. Die Ziele unserer Einrichtung liegen vor allem in der positiven Persönlichkeitsentwicklung der TeilnehmerInnen, in der Förderung ihres individuellen Ausdrucks und kreativen Potentials.“ In ihrem kreativen Schaffen werden die TeilnehmerInnen von psychosozialem Fachpersonal und KünstlerInnen begleitet.

Dieser Trend der Etablierung künstlerischer Dienstleistungen wird in Österreich seit September 2002 von der Entwicklungspartnerschaft ARTWORKS untersucht und gefördert. Konkret sollen die KünstlerInnen auf diese neuen Arbeitsfelder aufmerksam gemacht werden, sollen NPOs (Non-Profit-Organisationen) auf die Möglichkeit hingewiesen werden, mit KünstlerInnen zusammenzuarbeiten. Inwieweit dies schon geschieht, war Gegenstand einer Markt- und Bedarfsanalyse, die im Herbst öffentlich präsentiert wird. Dabei wird den Fragen nachgegangen, wie die KünstlerInnen agieren, die sich schon neue Arbeitsfelder erschlossen haben, und wie die Zusammenarbeit mit den NPOs funktioniert.

Auf den Ergebnissen dieser Erhebungen aufbauend, werden Weiterbildungs- und Trainingsangebote entwickelt: Anfang 2004 wird eine Gründerinnen-Werkstatt veranstaltet, bei der Künstlerinnen aus verschiedenen Sparten im Bereich Existenzgründung professionalisiert und qualifiziert werden. Diese findet in Linz statt, die Anmeldung ist ab sofort bis 15. Oktober möglich. Konzipiert und organisiert wird die Gründerinnenwerkstatt von FIFTITU% und dem Institut für Kulturkonzepte. Zuvor wurde ein GründerInnenleitfaden erstellt, der die Fragen behandelt, wie man KulturunternehmerIn wird und was dazu nötig ist. Dieser ist ab Mitte September erhältlich. Im März 2004 findet weiters ein Workshop mit je 25 KünstlerInnen und VertreterInnen von NPOs statt, die mit Unterstützung von ExpertInnen konkrete Projektvorhaben erarbeiten können.

Wesentlicher Bestandteil von ARTWORKS ist die Informations- und Kommunikationsplattform www.equal-artworks.at. Auf dieser werden Projektbeispiele sowie Publikationen und Links zum Thema gesammelt und aufbereitet. Insgesamt soll diese Homepage eine Anlaufstelle für KünstlerInnen und NPOs sein und ihrer Vernetzung dienen. Finanziert wird ARTWORKS durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Das Projekt wird im Rahmen der europäischen Gemeinschaftsinitiative EQUAL durchgeführt. Die Gesamtkoordination liegt beim Österreichischen Kulturservice (ÖKS), Partnerinnen sind ADM, BMBWK, CHF Kulturmanagement, Cooperation – Kunst im sozialen Raum, FIFTITU% – Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in Oberösterreich, NPO-Institut, Institut für Kulturkonzepte, Joanneum Research, ÖGB – KMSfB, uniT – Verein für Kultur an der Karl-Franzens-Universität Graz und Frau in der Wirtschaft (WKÖ).

Neben den österreichischen PartnerInnen kooperiert ARTWORKS zur europaweiten Verbreitung der Konzepte und Modelle auch mit Entwicklungspartnerschaften aus Italien, Portugal und Spanien. Im Rahmen von „NOA – New Opportunities for equality/entrepreneurship through Culture, Arts & Third Sector“ verfolgen die PartnerInnen unter anderem das Ziel, die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt durch Existenzgründungen im Kunst- und Kulturbereich zu verbessern.

Artworks: http://www.equal-artworks.at ÖKS – Österreichischer Kulturservice: http://www.oks.at „Mein Kampf“: http://www.meldemann.info Kunst und Kultur: http://www.kuk-linz.at EQUAL in Österreich: http://www.equal-esf.atARTWORKS-Kontakt in Oberösterreich FIFTITU%, Andrea Mayer-Edoloeyi, http://www.fiftitu.at, mailtoKartworks@fiftitu.at Tel.: 0732/770353

1 Der Dritte Sektor: Neben dem rein privaten „ersten“ und dem rein öffentlichen „zweiten“ Wirtschaftssektor hat sich eine Art Mischform herausgebildet, die sich häufig aus öffentlichen und privaten Mitteln finanziert. Die Aktivitäten des Dritten Sektors umfassen sozialwirtschaftliche Aktivitäten, meist handelt es sich dabei um sogenannte „soziale Dienstleistungen“ vor allem im Sozial-, Gesundheits- oder Umweltbereich, aber auch in anderen Bereichen, wo sich öffentliche und private Interessen überschneiden wie etwa im Kunst- und Kulturbereich.

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