Kärnten bleibt kulturfreie Zone!

Über die schwierige kulturpolitische Situation in Kärnten berichtet Angelika Hödl.

 

Ein Update einer „linken Denkfabrik“ aus dem Land des einfachen Parteimitglieds. Faktum ist, dass Chaos und Inkompetenz weiterhin die Kulturpolitik des Landes und der Stadt kennzeichnen. Seit über zwei Jahren fristet die Kulturabteilung des Landes mit interimistischen Lösungen ihr Dasein. Nachdem der Wunschkandidat des Kulturreferenten W. M. Stojan zur Causa mutierte, wurde ein Wasserrechtler (weil einziger verfügbarer Jurist) zum vorübergehenden Leiter der Kulturabteilung bestellt. Zuvor stellte der Kulturreferent Überlegungen an, diesen Posten überhaupt einzusparen, da die Abteilung seiner Meinung nach auch ohne Leitung gut funktioniere. Ausserdem könnten die Kulturabteilung und die Abteilung für Schulangelegenheiten zusammen gelegt und so 1,5 Mio eingespart werden und der Betrag Projekten und Künstlern zugute kommen, die seiner Einschätzung nach ohnehin keine Verwaltung wollen.

Wenn ein Kulturreferent seine eigene Abteilung schwächen will bzw. nach zwei Jahren noch immer nicht in der Lage ist, diese personell dementsprechend auszustatten, drängen sich vor allem zwei Schlussfolgerungen auf. Angenommen es gäbe ein ernsthaftes Interesse als Kulturreferent zu punkten, würde diese Vorgangsweise von Ahnungslosigkeit hinsichtlich Umsetzung und Durchsetzung zeugen und nicht nur auf behördlicher Ebene ein klägliches Scheitern bedeuten. Da aber von einem langjährigen Parteifunktionär anzunehmen ist, dass er um die Mechanismen der Einflussnahme Bescheid weiß, wie ja auch an anderen Stellen offenkundig und deutlich praktiziert, muss eher davon ausgegangen werden, dass ein offensichtliches Interesse, freie Hand in Sachen Kulturpolitik zu haben und sich selbst zu genügen, den Ausschlag dafür gibt.

Kompetenz weicht damit der Ahnungslosigkeit bzw. wird durch eindeutige ideologische und taktische Maßnahmen kompensiert, statt Transparenz herrscht Willkür. Daran ändert auch die Ende August erfolgte Neuausschreibung nichts, deren maßgeschneidertes Anforderungsprofil – wie schon bei Stojan – sehr schnell die präferierte Kandidatin erkennen ließ. Der ebenfalls laut angedachte Vorschlag seitens einiger FP-Funktionäre, die breite Bevölkerung bei der Suche nach Kulturpreisträgern mit einzubeziehen, um damit dem Kulturgremium zu „helfen“, weist in die selbe Richtung und bringt einmal mehr die Missachtung gegenüber Experten und Expertinnen und den willkürlichen Umgang in Fragen der Kunst- und Kulturpolitik zum Ausdruck.

In der Praxis bedeutet dies die Fortsetzung der schon in den beiden Vorjahren vorgenommen Kürzungen und Streichungen (ARBOS, UNIKUM, IG KIKK,…) und gipfelte einerseits im Februar d. J. mit der Aussage, keine „linke Denkfabrik“ zu fördern, in der Finanzierungsabsage für die Studiobühne Villach. Andererseits musste der Kunstverein Kärnten die begonnenen und dringend notwendigen Renovierungsarbeiten am Künstlerhaus stoppen, da auf die mündliche Finanzierungszusage bis dato kein schriftlicher Bescheid und schon gar keine Auszahlung folgte. In einer Ende Mai d. J. durchgeführten Umfrage der IG KIKK (die KUPF-Zeitung berichtete; Red.) gaben 19 von 47 Kulturinitiativen an, überhaupt keine Anträge an die Kulturabteilung mehr zu stellen. Resignation aufgrund der von vornherein absehbaren Aussichtslosigkeit und der zu hohe zeitliche Aufwand für einen sozusagen Proforma-Antrag wurden als hauptsächliche Gründe dafür genannt. Von den 28 eingereichten Anträgen wurden nur 5 (!) positiv behandelt, drei erfuhren eine Absage und 20 KI’s erhielten überhaupt keine Auskunft.

Während der Kulturreferent nicht verabsäumt, von den großen Erfolgen für Kärntens Kulturschaffen zu sprechen und dabei Kultur-, Unterhaltungs- und Sportevents meist in einem Atemzug nennt, und sich beeilt, auf den sogenannten Großevents, die er auch gerne in „Ein Fest für Jörg“ umfunktioniert, dafür mancherorts allerdings auch Pfiffe erntete, in Erscheinung zu treten, vollzieht sich das Austrocknen der zeitgenössischen Kulturszene ungebrochen weiter.

Die Dürre macht auch vor den Toren der Stadt Klagenfurt nicht halt, sondern erfährt im Gegenteil noch tatkräftige Unterstützung durch den freiheitlichen Kulturstadtrat. Im März stellte das PUB, ein Konzertveranstalter für Folkmusik, wegen Unfinanzierbarkeit seinen Betrieb ein. Dem UNIKUM wurde Ende Juni die Absage schriftlich mitgeteilt und Anfang September verabschiedete sich mit einem letzten Konzert der Verein Ballhaus, der Konzerte für ein hauptsächlich jugendliches Publikum veranstaltete, ebenfalls wegen fehlender finanzieller Unterstützung seitens der Stadt. Halbiert wurde die Förderung für das „No Border Music“ Festival und auch der Verein ATIK sieht keine Möglichkeit, die Tanz und Artistik Workshops angesichts des viel zu geringen Betrages seitens der Stadt im nächsten Jahr weiter zu führen.

Laut Kulturstadtrat könne er von den 300 eingelangten Anträgen nur ca. 70 positiv beantworten, dafür habe er rund 4,5 Mio zu Verfügung. Für die anderen fehle das Geld. Über die Vergabekriterien und die Fördersummen schweigt der Stadtrat beharrlich und verweist angesichts der langjährigen Forderung der IG KIKK nach einem Kulturbericht der Stadt auf den Datenschutz (!). Zieht man auch hier o. a. Umfrage der IG KIKK zu Rate, wonach von den ca. 20 in Klagenfurt ansässigen Kulturinitiativen ohnehin nur 11 einen Antrag stellten und davon nur neun von der Stadt eine Förderung erhielten, so fragt man mit großem Interesse, wer denn die anderen 61 Antragsteller sind.

Darüber hinaus verkündete der Kulturstadtrat, dass Wirte, die Konzerte veranstalten, in Zukunft von der Stadt nicht mehr gefördert werden. Dass dies hauptsächlich die JazzveranstalterInnen und die Jugendmusikszene betreffen wird, verwundert nicht, hat doch vor allem der Jazz nichts mit bodenständig gewachsenem Liedgut und heimischer Tradition zu tun.

Diese Entwicklungen kann auch der im August bekannt gegebene Abgang des Kulturberaters mit Ende des Jahres – wie es heißt im Einvernehmen mit dem Landeskulturreferenten – nicht relativieren. Sie müssen vielmehr als nachhaltige Auswirkung u. a. auch seiner Tätigkeit gesehen werden, der er eine ohnehin nie verheimlichte Ablehnung allem Zeitgenössischen und Experimentellen gegenüber zugrunde legte.

Worin sein Interesse besteht, und was ihm am Kärntner Kulturleben vor allem in Hinblick auf den 10. Oktober „nach dem Trubel des Sommers“ mit den „eher touristisch orientierten Events“ gut erscheint, verlautbarte er einmal mehr in seiner Kolumne. Vom „kärntentreuen Herbst“ und Traditionsbewusstsein, seien „es nun die Trachtenträger im Dirndlkleid, in Lederhosen und Kärntneranzug, die das Bild prägen“, ist die Rede. Vor allem aber findet „Das demonstrative Bekenntnis zur Einheit und Unteilbarkeit Kärntens (…) seine Entsprechung zur gewachsenen traditionellen Identität des Landes. Zu seiner Lebensart, zu seiner Tracht, zu seinem Lied und damit insgesamt zu seiner Kultur und Geschichte.“

Soviel zum Abschluß, damit nicht in Vergessenheit gerät, warum Kärnten wohl noch länger kulturfreie Zone bleiben wird.

Angelika Hödl

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