DaSein

Ausschreibung zum Innovationstopf 2001 Einreichfrist: 15. Jänner 2001

 

Der KUPF-Innovationstopf ist stets bemüht aktuelle bzw. von der öffentlichen Wahrnehmung zu wenig beachtete Teilaspekte kulturellen Schaffens in Oberösterreich aufzugreifen. Der Innovationstopf 2001 (IT 01), mittlerweile schon der sechste, dreht sich um die Themenfelder MigrantInnenkultur, Leben von MigrantInnen, Anpassungsdruck, Flucht in Traditionelles udgm. Kulturelles Schaffen von MigrantInnen findet auch in der Förderpolitik von Bund, Land und Gemeinden zuwenig Beachtung. Der IT 01 will nicht zuletzt auf diesen Umstand aufmerksam machen. Ein weiterer Grund für diese Themenwahl ist die immer repressiver werdende Fremdenpolitik Österreichs, die nun auch im Drei-Weisen-Bericht als kompatibel mit den „Europäischen Werten“ erkannt wurde. Schlimm genug für die „Europäischen Werte“.

von Paul Valery

„Nichts ist origineller, nichts ist dem Menschen wesentlicher als sich von anderen zu ernähren. Es ist jedoch notwendig, sie zu verdauen. Der Löwe wird aus assimiliertem Schaf gemacht.“

In Oberösterreich leben etwa 100.000 MigrantInnen der ersten und zweiten Generation. Im gesellschaftlichen und kulturellen Leben findet dies aber nur wenig Niederschlag. MigrantInnen werden im Kulturbereich weder als KonsumentInnen noch als ProduzentInnen ernsthaft wahrgenommen und gefördert. Kaum eine Kultureinrichtung die in ihren Kunst- und Kulturvermittlungsprogrammen auf die speziellen Bedürfnisse dieser Zielgruppe Rücksicht nimmt, der öffentlich-rechtliche ORF erhebt seine Quoten nur in ãHaushalten mit einem österreichischen HaushaltsvorstandÒ und es existieren so gut wie keine Unterstützungsmaßnahmen zur Selbstorganisation der MigrantInnen. Nach wie vor sind die Kulturpreise das Landes an die österreichische Staatsbürgerschaft geknüpft, und Ausnahmen werden nur gemacht wenn das Werk ãin hervorragender Weise für Oberösterreich bedeutsam istÒ. Auch in der kulturellen und künstlerischen Produktion spielt die Situation und das Leben von MigrantInnen nur eine sehr untergeordnete Rolle. Die Kupf stellt sich als Ziel und Aufgabe Ð insbesondere aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen Ð, Impulse zu setzen, um eine breite Diskussion um das Thema Partizipation von MigrantInnen im gesellschaftlichen und kulturellen Leben sowohl unter den Angehörigen der Dominanzkultur als auch unter MigrantInnen zu ermöglichen. In diesem Sinne widmet sich der nächste KUPF-Innovationstopf der Thematik DaSein, um ein Zeichen in Richtung Strukturveränderungen zu setzen. Wir sind davon überzeugt, dass Strategien und Alternativen entwickelt werden müssen, die den MigrantInnen ermöglichen, als ProtagonistInnen zu agieren und somit eine aktive Rolle in dieser Gesellschaft zu übernehmen. Es geht darum, im Bewußtsein der Differenzen und der Machtgefälle, Raum zu schaffen und in einer dialogischen Bewegung eine Kulturpolitik und Praxis zu fordern und zu realisieren, welche MigrantInnen als AkteurInnen wahrnimmt und Ð abseits von stereotypischen ãSelbstrepräsentationsmöglichkeitenÒ Ð Raum für kulturelle Betätigung ermöglicht.

Opfer – Täter – Stereotypen

Oftmals werden MigrantInnen nur über Stereotypen wahrgenommen. Entweder als TäterInnen, die sich aus ihren Herkunftsländern davonstehlen, um am österreichischem Lebensstandard zu naschen oder als Opfer, die verstärkter Ausbeutung durch DienstgeberIn oder EhepartnerIn ausgesetzt sind. Beides verstellt den Blick auf die reale Situation von MigrantInnen und vor allem auf die große Unterschiedlichkeit des Lebens von MigrantInnen in Oberösterreich. Um Klischees und Vorurteile bezüglich der Rolle der MigrantInnen im Kulturbereich abzubauen, ist es notwendig, MigrantInnen aktiv in die Kulturpolitik einzubinden, sie als gleichberechtigte KulturträgerInnen, ProduzentInnen und AkteurInnen wahrzunehmen sowie verstärkt zu fördern. Der KUPF-Innovationstopf will mithelfen, diese Stereotypen aufzulösen. FolklorebotschafterInnen oder

Hybridkulturen

Bunte Trachten, fesselnde Rhythmen, Kebab und Zaziki – wenn sich MigrantInnen so präsentieren Ð als exotischer Aufputz für multikulturelle Feste – sind sie meist gern gesehene Gäste. Diese Reduktion auf Folklore ist aber auch für viele MigrantInnengruppen eine grosse Verlockung. Sichert sie doch rasche Anerkennung und hilft, über Brüche in der eigenen Community hinwegzutäuschen. Das Leben in einer fremden Dominanzkultur bedeutet aber oftmals die Entwicklung einer eigenen Kultur, die sich auf beide Kulturen, die ãHerkunftskulturÒ und die ãvorgefundene KulturÒ bezieht. Die Entwicklungen eigener ãHybridkulturenÒ sind kulturelle Leistungen, die diesen speziellen Lebenssituationen entspringen. Dieses Leben mit zwei Kulturen begreift Identität als dynamisch und nicht als starr, es ist für viele MigrantInnen ein Weg fernab kulturellen Anpassungsdrucks und Verharren in tradierten Lebensformen. Die Projekte des KUPF-Innovationstopfs sollen sich dieser speziellen Form des Kulturschaffens annehmen.

Sichtbarmachung

Das Ringen der MigrantInnen ist nicht nur ein Kampf gegen Benachteiligung sondern auch ein Kampf um Wahrnehmung. Immer mehr MigrantInnenorganisationen bemühen sich, die Öffentlichkeit mit ihren Anliegen zu erreichen und Platz im öffentlichen Raum einzunehmen. Dabei geht es vor allem auch um die Wahrnehmung durch Nicht-MigrantInnen. Die Projekte des KUPF-Innovationstopf sollen Beiträge zu diesem Sichtbarmachungsprozeß leisten.

Machtgefälle und Symmetrie

Eine der Hauptforderungen von MigrantInnen im Zusammenhang mit dem Thema Kooperation und Zusammenarbeit zwischen Minderheiten und VertreterInnen der Dominanzkultur bezieht sich auf den Begriff der Symmetrie. Als Voraussetzung für eine symmetrische Zusammenarbeit ist allerdings das Bewußtwerden über die Machtgefälle vonnöten. Daher unterstützt der KUPF-Innovationstopf vor allem Kooperationsprojekte zwischen Angehörigen der Dominanzkultur und Angehörigen von Migrationskulturen, die im Bewußtsein der Machtgefälle eine Auseinandersetzung mit den Strukturen, die diese Gefälle bestimmen, führen und das Ziel einer symmetrischen Kooperation verfolgen.

 

Der KUPF-Innovationstopf ist finanziert aus Mittlen des Landes Oberösterreich (Landeskulturdirektion und Sozialabteilung)

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