Warum Strukturarbeit nicht nur notwendig ist, sondern sogar radikal sein kann, beschreibt Bernhard Frena in dieser Verteidigungsschrift.
Notwendig
Strukturarbeit ist die Arbeit, die getan werden muss, damit andere Arbeit passieren kann. Sie ist nicht die eigentliche Arbeit, nicht was eigentlich zählt, heißt es. Stattdessen ist sie eine Notwendigkeit, eine zu erfüllende Voraussetzung. Strukturarbeit hat den Nimbus des Eintönigen und Mühseligen: Budgets erstellen, Meetings organisieren, Veranstaltungen planen, E-Mails schreiben. Vermutlich ein Grund, warum sie so häufig unter- oder unbezahlt von FLINTA*-Personen geleistet wird.
Vielfältig
Dabei kann Strukturarbeit vielfältig sein – gerade in der Kultur. Räume, Magazine, Organisationen: alles Formen von Strukturen mit unterschiedlichen Anforderungen. Mal heißt es manuell Hand anlegen, damit der Wasserhahn an der Bar wieder geht. Mal sollen Mitglieder quer durch Europa rechtzeitig Informationen bekommen. Mal muss auch der letzte Artikel noch rechtzeitig und möglichst fehlerfrei im Layout landen.
Befriedigend
Wenn die Dinge dann endlich funktionieren, wenn die Struktur läuft, ist das ein befriedigendes Gefühl. Aber es ist nicht der Grund, warum ich Strukturarbeit mache, warum ich wichtig finde, dass sie gemacht wird – und zwar mit Verantwortung und Bedacht. Strukturen ermöglichen nicht nur Arbeit, sie formen Arbeit, geben vor, welche Arbeit auf welche Weise möglich ist.
Gesellschaftlich
Gesellschaft ist eine solche Struktur. Gesellschaft gibt vor, wie wir leben können, wie wir die Welt sehen, wie wir uns selbst und andere verstehen. Das klappt nicht immer so gut. Insbesondere für Menschen an den Rändern dieser Struktur. Die gesellschaftliche Strukturarbeit leisten wir alle gemeinsam – oft unbewusst.
Utopisch
Ich mache Strukturarbeit, um einschließende Strukturen in einer ausschließenden Gesellschaft zu schaffen. Um die großen Utopien im Kleinen zu suchen. Diese Interventionen funktionieren nicht immer – und wenn sie funktionieren, dann selten lange und nur unter immensem Arbeitsaufwand. Aber sie sind der beste Weg, den ich kenne, um tatsächlich so etwas wie gesellschaftliche Veränderung zu erzielen. Wenn Gesellschaft wirklich eine Struktur ist, dann wird es Zeit, dass wir alle gemeinsam anfangen, die Arbeit an ihr ernst zu nehmen.