Eine Person, die im Kulturbereich tätig ist, wird von der Öffentlichkeit mit gängigen Narrativen konfrontiert. Ein Dramolett von Tamara Imlinger.
Öffentlichkeit: Du hast Spaß an deiner Arbeit, oder?
Kulturtätige*r: Ja schon, aber –
Öffentlichkeit: Du arbeitest dort, wo andere ihre Freizeit verbringen.
Kulturtätige*r (leise): Für mich ist das doch etwas Anderes.
Öffentlichkeit: Inwiefern?
Kulturtätige*r: Es ist zum Beispiel auch viel Verwaltungsarbeit dabei.
Öffentlichkeit: Okay.
Kulturtätige*r: Und Buchhaltung.
Öffentlichkeit (ächzt).
Kulturtätige*r: Und manchmal ist die Kommunikation echt herausfordernd.
Öffentlichkeit: Das klingt nach Arbeitsalltag.
Kulturtätige*r: Manchmal freut es mich einfach nicht, in die Arbeit zu gehen.
Öffentlichkeit (senkt den Kopf): So habe ich das noch nicht gesehen.
Kulturtätige*r: Und ist es nicht so –
Öffentlichkeit (hebt ihn wieder): Wie?
Kulturtätige*r: Dass fast jede Arbeit Spaß machen kann, wenn das Team stimmt?
Öffentlichkeit (kneift die Augen zusammen): Das werden sicher nicht alle so sehen.
Kulturtätige*r: Oder zumindest, dass man mit einer Tätigkeit eher zufrieden ist, wenn man durch sie finanziell abgesichert ist?
Öffentlichkeit: Spaß ist ja –
Kulturtätige*r (hebt schnell den Kopf): Das ist ein guter Punkt: Wer definiert ‘Spaß’ überhaupt?
Öffentlichkeit (leise): Das ganze Analysieren macht den Spaß zunichte.
Kulturtätige*r: Oder wird es dadurch erst zu etwas Lustvollem?
Öffentlichkeit: Naja, also die meisten werden da widersprechen.
Kulturtätige*r (nickt): Das ist ja auch bei uns nicht selbstverständlich.
Öffentlichkeit (blickt auf): Nicht?
Kulturtätige*r: Häufig wird so getan, als wären im Kulturbereich alle so reflektiert.
Öffentlichkeit: Und das ist nicht so?
Kulturtätige*r (schüttelt den Kopf): Natürlich nicht, woher denn auch? Der Kulturbereich ist nicht so anders als die restliche Gesellschaft.
Öffentlichkeit: Aha.
Kulturtätige*r: Selbst bei uns denken viele, dass etwas ‘Lustiges’ oder ‘Lustvolles’ nicht oder nicht gut bezahlt werden muss.
Öffentlichkeit: Ja?
Kulturtätige*r: Dass wir Überstunden gratis machen müssen, weil es ja Spaß macht (formt Anführungszeichen in der Luft).
Öffentlichkeit (streckt beide Zeigefinger nach oben): Aber zum Beispiel die Feuerwehr –
Kulturtätige*r: Ja?
Öffentlichkeit: Die ist auch freiwillig.
Kulturtätige*r: Genau wie im Kulturbereich, auch hier arbeiten viele ehrenamtlich.
Öffentlichkeit: Man macht mit, weil es Spaß macht.
Kulturtätige*r: Schon, aber –
Öffentlichkeit: Man gehört dazu.
Kulturtätige*r: Plant gemeinsam eine Veranstaltung.
Öffentlichkeit (nickt, öffnet die Augen weit, lächelt): Es entsteht ein ‘Wir’.
Kulturtätige*r: Ein ganz ‘normaler’ Prozess.
Öffentlichkeit: Und wenn es dann ohnehin genug Ehrenamtliche gibt, denen diese Arbeit Spaß macht –
Kulturtätige*r: Dann?
Öffentlichkeit (hüpft von einem Bein auf das andere): Dann müssen wir ja überhaupt nichts –
Kulturtätige*r: Nein, nein, nein!
Öffentlichkeit (hört auf zu hüpfen): Wie bitte?
Kulturtätige*r: Da steckt doch viel mehr dahinter. Genau wie in jeder anderen Branche auch.
Öffentlichkeit (stampft mit einem Bein auf den Boden): Und doch ist es lustvoll, oder?
Kulturtätige*r (legt sich auf den Boden, schaut zum Himmel): Wir drehen uns im Kreis.
Öffentlichkeit: Jetzt sei doch nicht so.
Kulturtätige*r (setzt sich auf): Du musst mir dabei helfen, das zu ändern.
Öffentlichkeit (hält die Hand entgegen): Meinst du?
Kulturtätige*r (zieht sich an der Hand nach oben): Immerhin wird immer überall davon gefaselt, Kunst und Kultur solle der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten, sie zukunftsfit machen –
Öffentlichkeit (hüpft wieder auf und ab): Ja!
Kulturtätige*r (leise): Dann muss sich das aber endlich auch in der Praxis zeigen. Wir und unsere Arbeit wollen ernst genommen werden.