Forschung zu freier Kulturarbeit

Sandra Kettner und Gudrun Scheier schreiben anlässlich des abgeschlossenen Forschungspraktikum über die kulturinitiative Szene in OÖ.

 

Jetzt ist es soweit – die Forschungsarbeit ist abgeschlossen und der Forschungsbericht liegt in Kürze vor! Auf über 120 Seiten werden die Ergebnisse einer Studie im Auftrag der KUPF zusammengefasst.

Am 22. Juni 2004 präsentierte die Linzer Forschungsgruppe rund um die Leiter Dr. Fritz Hemedinger und Mag. Roland Haller in Zusammenarbeit mit der KUPF die Ergebnisse der Studie „KUPF´t wia g´hatscht. Wege freier Kulturarbeit in Oberösterreich. Eine Analyse der KUPF und ihrer Mitgliedsvereine in Theorie und Praxis.“ Die Studie wurde im Rahmen eines soziologischen Forschungspraktikums im Frühjahr 2003 als Auftragsforschung für die KUPF übernommen und jetzt abgeschlossen.

Worum ging es? Die KUPF wollte eine Analyse der freien und autonomen Kulturarbeit in Oberösterreich durchführen. Insbesondere ging es um die Durchleuchtung der Beziehungen der KUPF zu ihren Mitgliedsvereinen sowie um die Darstellung von Strukturen und Zusammenarbeit innerhalb und zwischen den Kulturinitiativen. Inhalte waren darüber hinaus: Betrieb/ Organisation, Genderaspekte und Initiativen mit speziellen Schwerpunkten, wie z.B. Behinderte, MigrantInnen, Frauen. Was geschah während der rund eineinhalb Jahre Arbeit? Zunächst wurde ein Problemaufriss (teilweise in Zusammenarbeit mit der KUPF) vorgenommen, um die Forschungsfragen abzustecken und das Forschungsdesign festzulegen. Darüber hinaus wurde im Sommer 2003 ein Workshop in Linz veranstaltet, an welchem die ForscherInnen und Mitglieder der KUPF teilnahmen. Danach wurden die Instrumente für die Datengewinnung entwickelt. Dabei wurde ein multipler methodischer Ansatz gewählt, der qualitative und quantitative Instrumente beinhaltete. Deren Einsatz erfolgte ab Herbst 2003 bis Frühjahr 2004. Details zur Online-Befragung Diese richtete sich an 172 Personen aus 92 Mitgliedsvereinen der KUPF, welche um die Beantwortung des Fragebogens im Zeitraum zwischen Dezember 2003 und Februar 2004 gebeten wurden. 53 Personen aus insgesamt 45 Vereinen, also rund die Hälfte, beteiligten sich an der Umfrage (davon 20 weiblich und 33 männlich).

Ausgewählte Facts and Figures

Betrieb/ Organisation In der alltäglichen, inhaltlichen Arbeit zeichnet sich ein sehr vielseitiges Bild ab. Es werden vor allem die Bereiche Musik/Konzerte, Lesungen/ Literatur, Kabarett, Gesellschaftspolitik, bildende Kunst/Ausstellungen abge-deckt, aber auch Film/Kino und neue Medien spielen eine große Rolle. Ein interessantes Ergebnis ist, dass sich bei knapp der Hälfte der Initiativen die Schwerpunktsetzung innerhalb der letzten 5 Jahre verändert hat. Dies überwiegend deshalb, weil eine Erweiterung des Angebots stattgefunden hat. Dabei ist nur ein Fünftel der Befragten mit dem Stundenausmaß zufrieden, welches sie für die Kulturinitiative aufwenden. Ca. ein Drittel würde gerne mehr Zeit aufwenden, kann aber nicht, und ein anderes Drittel würde lieber reduzieren. Die größten Schwierigkeiten bei der Rekrutierung ehrenamtlicher MitarbeiterInnen liegen in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, Bewerbung (Flyer verteilen, Plakatieren), Administration/Büro, Programmgestaltung, Veranstaltungsorganisation sowie bei Reinigungsarbeiten und Abbau. Probleme haben die Kulturinitiativen in erster Linie bei der Finanzierung, den Räumlichkeiten sowie mit der Mitarbeiterfluktuation.

Gender Ein weiteres Interesse galt den geschlechtsspezifischen Unterschieden in den Kulturinitiativen, beispielsweise bei der Stundenaufteilung, oder der Aufgabenverteilung. In den gemischt-geschlechtlichen Vereinen (dabei sind 7 „reine“ Fraueninitiativen ausgenommen) ergab sich eine Aufteilung der Antworten von 33 Männern zu 13 Frauen, welche folgendes Bild der Rollenaufteilung aufwiesen: Obwohl der Frauenanteil in den verschiedenen Funktionsbereichen der Kulturinitiativen (Vorstand, Angestelltenverhältnis, Ehrenamtlichkeit) in den letzten 5 Jahren leicht gestiegen ist, besteht nach wie vor keine paritätische Besetzung. Dazu im Gegensatz scheint zu stehen, dass etwa 81% der Befragen meinen, dass Frauen in alle Entscheidungsfindungsprozesse miteingebunden sein sollten (was allerdings noch nicht automatisch auch die Funktionen mit ein- schließt). Interessant ist jedoch, dass die KUPF in 72% der Fälle dafür verantwortlich gemacht wird, geeignete Rahmenbedingungen für die vermehrte Einbindung von Frauen zu schaffen.

Verhältnis der KUPF zu den Vereinen Ein weiterer Schwerpunkt in der Studie war die Frage, wie die Mitgliedsvereine die KUPF wahrnehmen und mit ihr zusammenarbeiten. Die Daten zeichnen ein durchwegs positives Bild der KUPF. Sie wird großteils als kompetente Ansprechpartnerin wahrgenommen und die Vereine nehmen gerne Serviceleistungen in Anspruch (z.B. Beratung in finanziellen oder rechtlichen Belangen). Besonders in den Bereichen Sponsoring, Öffentlichkeitsarbeit, Förderungen oder auch Zeitmanagement sehen die Initiativen für sich selbst kompetenzmäßigen Nachholbedarf. Der Mitgliedsbeitrag für die von der KUPF angebotenen Leistungen wird mehrheitlich als angemessen empfunden. Die Arbeit der KUPF im Bereich „Kulturtheorie“ wird ebenso geschätzt. Dennoch wird auch angemerkt, dass die KUPF sich teilweise zu sehr von den Vereinen „entferne“ und mehr „an der Basis bleiben solle“, d.h. mehr die Praxis und den Alltag in den Vereinen berücksichtigen sollte. Die „zuMUTungen“ Eine große Mehrzahl der Vereine, die sich mit den zuMUTungen auseinandergesetzt haben, kann sich mit den darin formulierten Zielen und Ansprüchen auch identifizieren. Aufgrund der Tatsache, dass sich allerdings nicht sehr viele Vereine damit beschäftigt haben, wäre hier mehr Informationsarbeit seitens der KUPF notwendig. Positiv ist, dass die ausdrücklich genannten Schwerpunkte (MigrantInnen, Jugend, Frauen, Behinderte etc…) großen Anklang finden – dies zeigt sich durch die aktive Teilnahme in der Kulturarbeit von Vereinen, die in diesen Bereichen tätig sind.

Fazit – wohin geht die Reise? Wenn man nach einem „gemeinsamen Nenner“ in der Kulturarbeit bzw. im Kulturverständnis der vielen Vereine der KUPF fragt, so lässt sich feststellen, dass Schlagworte wie „Bühne schaffen“ und „Öffentlichkeit herstellen“ einen großen Stellenwert haben. Dies deckt sich mit der Sichtweise der Vereine, wie sie Kulturarbeit heute verstehen: Es wird für (inhaltliche und finanzielle) Unabhängigkeit plädiert und der politischen Einflussnahme eine klare Absage erteilt. Des weiteren ist die Schaffung von Freiräumen ein wichtiges Anliegen sowie die Positionierung gegen den gesellschaftlichen und kulturellen Mainstream.

Wohin die Kulturarbeit in Zukunft gehen kann, wird ebenfalls angedeutet: Neben der Frage der weiteren Finanzierung und Absicherung werden Themen genannt, die z.T. auch in den zuMUTungen einen großen Raum einnehmen – soziokulturelle Vernetzung, Integration von MigrantInnen und Frauenförderung werden als wichtige Anliegen in der Zukunft der autonomen Kulturarbeit betrachtet.

Erlebnisbericht Für uns StudentInnen war die Arbeit an der Studie eine gute Möglichkeit die Praxis der Soziologie kennen zu lernen und uns mit verschiedenen Messinstrumenten vertraut zu machen. Das Themenfeld der freien Kulturarbeit bot dazu genügend Spielraum. Außerdem wurde bei vielen von uns das Interesse für diesen Bereich stark geweckt, was sich mit Sicherheit mit so manchen Besuchen einzelner Veranstaltungen zu Buche schlagen wird.

Sandra Kettner und Gudrun Scheiber sind Soziologiestudentinnen an der Johannes Kepler Universität und Mitarbeiterinnen an der Forschungsarbeit KUPF´t wia g´hatscht

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