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Erwägungen zum Förderpreis politische Kulturarbeit der IG Kultur Österreich.

 

Von Stefan Haslinger

Noch ein Preis? Noch eine weitere Würdigung kultureller Tätigkeit in Österreich? Nein! Hier geht es nicht um ein mit Glanz und Glorie verbundenes Aufs-Podest-Heben von besonders „politischen“ Initiativen.

Hier geht es – wie Patricia Köstring und Martin Wassermair in ihrem Beitrag zum Förderpreis geschrieben haben – um die „Wiederherstellung von Öffentlichkeit“. Wiederherstellung von Öffentlichkeit für Projekte zwischen Kommunikationsguerilla, „partizipativer Intervention“ und Plattformbildung.

Am 9. Mai wurde der erste Förderpreis für politische Kulturarbeit in einer öffentlichen Jurysitzung vergeben. Von 37 eingereichten Projekten wurden 4 juriert. Die „PreisträgerInnen“ sind: – Another war is possible von der Volxtheaterkarawane – Kartografische Eingriffe von maiz – kinokis mikrokino vom verein kinoki – re:control vom k.u.u.g.e.l. – kollektiv

Sind 37 eingereichte Projekte zufriedenstellend? Martin Wassermair und Gabi Gerbasits von der IG Kultur meinen hierzu: „Gemessen daran, dass es sich beim Förderpreis um ein Experiment mit ungewissem Ausgang gehandelt hat, können wir vollauf zufrieden sein. Die Anzahl der eingereichten Projekte ist nicht so entscheidend. Wichtiger ist, dass das breite Spektrum von politischer Kulturarbeit sehr anschaulich abgebildet werden konnte.“

Das breite Spektrum politischer Kulturarbeit! Was ist dieses breite Spektrum, wo kann es verortet werden, oder anders gefragt wo und wie wird es verhandelt. In einem Begleittext zum Förderpreis bieten Elisabeth Mayrhofer und Monika Mokre eine eher pessimistische Sicht auf die Zukunft der politischen Kulturarbeit: „Wenn sich Formen wie auch Inhalte politischer Kulturarbeit immer weniger vom Mainstream unterscheiden, wenn basisdemokratische Entscheidungsprozesse von professionellem Management abgelöst werden und den Programmschienen nicht mehr anzusehen ist, ob sie vom Museum moderner Kunst oder vom WUK konzipiert wurden, dann ist in Frage zu stellen, ob der Übertitel „politische Kulturarbeit“ per se bereits einen gegenhegemonialen Anspruch begründet. … Auch wenn dies neue Konfliktlinien aufwirft, die den strategischen Gebrauch dieses Begriffs vielleicht verunmöglichen, auf jeden Fall aber erschweren. Denn ein strategischer Begriff ohne dahinterstehende Strategie ist nicht mehr als eine Worthülse, durch die das hegemoniale System nicht angegriffen wird, sondern die es ihm im Gegenteil ermöglicht, sich seine Toleranz gegenüber KritikerInnen auf die Fahnen zu heften.“

Politische Kulturarbeit muss also etwas Bewegliches sein, muss Strategien überdenken, überarbeiten und den Verhältnissen anpassen. Ist diese Beweglichkeit verloren gegangen? Oder warum ist es sonst nötig sich so stark auf das „Politische“ der Kulturarbeit zu berufen.

Das k.u.u.g.e.l – Kollektiv meint hierzu: „Das Politische muss wieder stark in den Vordergrund gerückt werden, weil in den 1990er Jahren vieles an Politikhaltigkeit verloren ging, was ehedem als selbstverständlich galt. Das neoliberale Heilsversprechen, das ja immer auch zusätzliche „Freiheiten“ in Aussicht stellt und die Abschaffung von Hierarchien garantiert, hat die theoretischen und praktisch-politischen Ideen einer ganzen Generation rekuperiert . Deshalb glauben wir, dass es gerade im politisch besonders wichtigen Feld der Kultur unerlässlich ist, eine Debatte darüber zu führen, wie politisches Handeln heute aussehen kann. Ein erster Schritt dazu ist es, die Aufmerksamkeit wieder auf das Politische selbst zu lenken.“ Das heisst also, Sensibilisierung, Bewusstmachung der politischen Kraft von Kulturarbeit. Wo diese Sensibilisierung ansetzt – nämlich außerhalb der eigenen „Szene“ ist eine andere Frage. Eine Frage, die umso spannender ist, als der „Preis“ für die jurierten Projekte war (bzw. ist), Medienpartnerschaften und Präsentationsflächen anzubieten. Gerbasits und Wassermair sehen das ziemlich realistisch, wenn sie sagen: „Auch das ist Teil des Experimentes. Wir gehen nicht davon aus, dass sich jetzt die Türen der Mainstreammedien einfach öffnen werden, dazu hätte es zumindest eines glamourösen Verleihungsaktes bedurft. Aber die IG Kultur Österreich setzt viel Zeit und Energie in den Versuch, die vier von der Jury ausgewählten Projekte medial zu featuren. Einiges ist uns auch schon gelungen, und man kann auch jedes Scheitern analysieren und verwerten.“

Höhlt also der stete Tropfen den Stein, und gelingt eine langsame Re-Politisierung der Kulturarbeit? Zuletzt war die politische Kraft der Kulturarbeit im größeren Maße im Jahr 2000 anlässlich der Regierungsbildung von ÖVP-FPÖ spürbar. Damals wurde auf der Konferenz der IG Kultur „Sektor 3 – Kultur“ zum Kampfbegriff erklärt, um zum Ausdruck zu bringen, dass Kulturinitiativen durchwegs konfliktuelle Positionen einnehmen. Auf die Frage, ob nun politische Kulturarbeit als neuer Kampfbegriff etabliert werden soll, meinen Wassermair und Gerbasits, dass sich die Beschäftigung mit politischer Kulturarbeit in genau dieser Kontinuität sieht, und nicht den Anspruch hat, einen neuen Kampfbegriff zu etablieren. Die Mitglieder des k.u.u.g.e.l – Kollektivs antworten auf diese Frage so: „Grundsätzlich geht es sicher nicht um die Etablierung von „neuen“ Etikettierungen. Wohl aber um die Etablierung von Selbstwahrnehmungen, Gesellschaftsbildern und Verfahrensweisen.“

Also doch kein neuer Begriff, der die politische Kulturarbeit ohnehin nicht ist, sondern eine Fokussierung, ein Zuspitzung. Mit welchem Ziel?

Monika Mokre schließt ihren Artikel zum Förderpreis mit einer auf den ersten Blick radikal anmutenden Analyse: „Etwas überspitzt ließe sich formulieren, dass politische Kulturarbeit – will sie denn politisch sein – aufhören muss, Kulturarbeit zu sein, damit das Politische (verstanden als der demokratische Widerstreit um Konzepte einer „good society“) vor der Kulturalisierung und damit der Abschiebung in die Belanglosigkeit gerettet wird.“

Vielleicht ist das der Antrieb. Vielleicht liegt der Anspruch – einmal ganz simpel gedacht – auch nur im Tun, im Handeln, in der Auseinandersetzung. Und diese Auseinandersetzung gilt es zu führen, um auch die positive Kraft des Konfliktes innerhalb des Feldes der politischen Kulturarbeit wieder verstärkt wahrnehmbar zu machen.

http://igkultur.at/ http://no-racism.net/noborderlab/

http://www.servus.at/maiz/ http://www.kinoki.at/mikrokino/ http://kuugel.redefreiheit.net/

Alle angeführten Artikel und Informationen zum Förderpreis politische Kulturarbeit finden sich auf der Homepage der IG Kultur.

Stefan Haslinger ist Sekretär des KV Waschaecht/ Wels und Vorstand der KUPF.

 

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