Der ländliche Raum ist eine Spielwiese für Fantasien und Sehnsüchte. Er steht für eine Auszeit vom kapitalistischen Treiben, für Idylle und Langsamkeit – und dort, wo man klettern geht. Expertise und Aktivität erscheinen dort einzigartiger als in Ballungsräumen. Dafür liegen kuriose Objekte und Ästhetiken nur so herum, als wären ganze Gegenden Raritätenflohmärkte, von denen man nehmen kann, was man braucht. Der Rest wird belächelt, in der Manier einer Rückkehrer:in oder Entdecker:in.
Rurale Gegenden und ihre Seltsamkeiten sind nicht allein erheiternd, sie können entmutigend oder gefährlich wirken. Neben Assoziationen des Perspektivlosen und Tristen reihen sich Vorwürfe der Unreflektiertheit, des Hinterherhinkens und des Grausamen, die sich zumindest teilweise aus tatsächlichen Versäumnissen und Vorkommnissen speisen. Dabei ist ‚das Land’ irgendwie immer nur ‚die Anderen‘.
Letztlich ist es realer Ausführungsort von Debatten, die alle betreffen; zu erneuerbarer Energie, Mobilität, Versorgung, zu Praktiken des Kollektiven und der Vereinbarkeit verschiedener Lebensräume. Es bietet nicht Leere, sondern Platz. Es ist eine Werkstatt, in der die Wirklichkeit gebaut wurde und wird – während es eine der Leinwände bleibt, vor der man die Frage danach, wie wir leben wollen, abspielen kann.
Zu diesem Punkt der Gleichzeitigkeit von Realität und Projektion interessiert uns: Welche Gestaltungsformen des Ländlichen sind verwendbar, abseits von Romantik und Verteufelung? Welche Lebensformen scheinen vom Raum um uns vorgegeben zu sein? Was verschleiert die vermeintliche Dichotomie Stadt-Land? Welche Experimente des guten Lebens kann man in welcher Topografie entwerfen? Wenn wir Lebensvorstellungen aus der Vogelperspektive aufzeichnen, ergibt sich ein Stadtplan oder eine Wanderkarte? Und welche Sehnsucht kann nur, sonst wäre sie keine, Sehnsucht bleiben?
Wir laden junge Theatermacher*innen ein, Konzepte für Kurzprojekte zum Thema einzureichen. Die drei spannendsten Projekte/Gruppen erhalten 6.000 €, die Gelegenheit, drei Wochen im Theater Drachengasse zu proben und anschließend ihre Arbeiten an 10 Tagen zu präsentieren.
Die Gewinner*innen des Wettbewerbs werden über Juryentscheid bzw. Publikumsabstimmung ermittelt. Der Jurypreis beträgt 10.000 €, zur Verfügung gestellt vom Theater Drachengasse für die weitere Ausarbeitung des Projektes. Die Drachengasse stellt Bar&Co samt Infrastruktur für die Produktion in der darauffolgenden Saison zur Verfügung. Der Publikumspreis beträgt 1.000 €.
Wir bieten: 6.000 € Budget pro realisiertem Projekt (beinhaltet Projektentwicklung und 10 Spieltage) Proberaum für 3 Wochen, Betreuung bei der technischen Realisierung, dramaturgische Betreuung und Coaching durch die Regisseurin Karin Koller.
Teilnehmer*innen: Theaterkünstler*innen in Ausbildung oder am Beginn ihrer Berufslaufbahn. Fokus auf Text, Schauspiel und Regie (minimale bühnentechnische Anforderungen). Wir bitten, dass die Teamgröße dem vorhandenen Budget angemessen ist.
Einreichfrist: 6. November 2023
Projektvorschläge sind zu richten an:
newcomer@drachengasse.at
oder per Post an
Theater Drachengasse, 1010 Wien, Fleischmarkt 22, Kennwort: Newcomer