Antworten der SPÖ OÖ

durch LH-Stv. DI Erich Haider, zuständig für Wohnbau, Verkehr, ArbeitnehmeInnenförderung, SPÖ-Landesparteivorsitzender

1. Was hat Ihre Partei in den letzten sechs Jahren in OÖ kulturpolitisch bewegt?

Ich möchte diese Frage zunächst nicht zu eng gestellt auffassen. Für mich ist es eine Frage danach, nach welchen grundlegenden Werten Politik gemacht wird. Sozial-demokratischer Politik geht es in allen Belangen um Gleichberechtigung, freien Zugang und Entwicklung von Fähigkeiten, Vielfalt, Toleranz und Offenheit. Diese Werthaltungen haben unsere Politik geprägt: in der Bildungspolitik, bei unseren Vorschlägen zur Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik, bei unseren Aktivitäten für die Frauen, für die Kinder und für die Jugend und für die älteren Menschen; im Sozial- und Gesundheitswesen, im Wohnbau und im Verkehrsbereich war und ist es unser Hauptanliegen, Chancengleichheit, Entwicklungsmöglichkeiten und vielfältige Gestal-tung der Lebensvollzüge bei abgesicherten Grundbedürfnissen sicherzustellen.
Kulturpolitik hat für uns SozialdemokratInnen die Bedeutung, dass sie kritisches Bewusstsein fördern soll und zu aktiver und solidarischer Lebensgestaltung anregen soll. Kunst und Kultur als Reflexion von Werten und Normen in der Gesellschaft sollen die Kooperation und Kommunikation unter den Menschen fördern, sie sind ein wesentlicher Pfeiler einer zivilgesellschaftlich verfassten Demokratie.
So sind für uns die Prozesse des kulturellen Wandels vor allem im Bereich Transkulturalität, der Reflexion über die Rolle der Geschlechter sowie die Aus-einander-setzung um freien Zugang zu öffentlichen Gütern politisch wichtig. Gerade im Zusammenhang mit dem Mediensektor halten wir es für notwendig, die technologischen Entwicklungen zu reflektieren und den Menschen aller Alters-gruppen einen subjektiv sinnvollen Umgang damit zu ermöglichen.

Mittel für unabhängige Kulturinitiativen
Durch eine Umschichtung von Mitteln im Landesbudget konnte erreicht werden, dass für die Aktivitäten von Kulturinitiativen im Bereich der Zeitkultur höhere Mittel zur Verfügung stehen.

Inter Kultur Preis
Ein wichtiges Projekt, das wir nun seit sieben Jahren betreiben, ist der Inter Kultur Preis. Ziel dieses Preises ist die Förderung von Projekten und Konzeptionen, die Integration, Menschenrechte und soziale Sicherheit in den Vordergrund stellen. Beim laufenden Preis ist es gelungen, durch die Besetzung der Jury eine europäische Anbindung und Vernetzung der ProjekteinreicherInnen zu ermöglichen. Über den Preis hinaus muss auch die alltägliche, praktische Integrationsarbeit der sozialdemokratischen Organisationen erwähnt werden.

Schloss Hartheim
Eine wichtige Sache in den letzten Jahren war die Initiative und die Vorbereitung für die Schaffung des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim und die Ausstellung „Wert des Lebens“.

Medien
Ein weiterer Schwerpunkt war der Bereich Medien: Erwähnt sei hier die Studie „Medium Internet und die Freie Szene“, die Medienkonferenz Linz 1999 ( in Kooperation mit der KUPF), das Engagement zum Aufbau und zur Weiterent-wicklung von freien Radios, die Tagung zu streaming-Technologien im Internet.

Europäischer Dialog
Wir unterstützen Maßnahmen und Prozesse, deren Ziel der Aufbau einer gemeinsamen europäischen Identität ist. Unserer Ansicht nach ist Dialog und Austausch, Anbindung und Vernetzung mit wissenschaftlichen, kulturellen und politischen PartnerInnen in Europa ein erster und wesentlicher Schritt zur Schaffung europäischer Öffentlichkeit und europäischer Identität. Durch verschiedene Projekte (coram publico) und Kooperationen haben wir diesen Prozess in OÖ wesentlich mitgestaltet. Im Hinblick auf die Erweiterung der EU ist es notwendig, die Vermittlung, Kommunikation und den Dialog mit den regionalen Kulturen der Beitrittsländer der EU zu verstärken und zu unterstützen.

Neues Theater
Wir haben uns kontinuierlich in die Diskussion zum Landestheater eingebracht. Es wurden zwei qualitativ interessante Studien erstellt „Plädoyer für einen leeren Raum“ sowie das 2001 publizierte „Positionspapier für das Neue Theater in Linz“. Wir haben hier insbesondere immer darauf Wert gelegt, dass die künstlerischen Inhalte angesprochen werden und dass ein Haus für die Zukunft geschaffen werden muss.

2. und 3. Nennen Sie die drei wichtigsten kulturpolitischen Schwerpunktsetzungen Ihrer Partei in den letzten sechs Jahren und für die kommenden sechs Jahre.

Ich habe es oben angesprochen, dass es uns letztlich in allen Politikbereichen darum geht, Gleichberechtigung, freien Zugang und Entwicklungsmöglichkeiten für die Fähigkeiten der Menschen, Vielfalt, Toleranz und Offenheit zu gewährleisten.
Um dies auch wirklich systematisch umzusetzen, stellen wir neuerlich als eine Haupt-Forderung auf, dass ein oberösterreichischer Kulturentwicklungsplan unter intensiver Einbindung der Kulturschaffenden erstellt werden soll. Dieser Plan soll längerfristig kulturpolitische Projekte und Ziele des Landes definieren.

4. Was waren Ihrer Einschätzung nach die größten kulturpolitischen Versäumnisse und Fehlentwicklungen in OÖ in den letzten Jahren?

Es wurde verabsäumt, langfristige kulturpolitische Leitlinien für das Land OÖ zu entwickeln, die auch den Kultureinrichtungen und -initiativen eine längerfristigere Planung unter Wahrung ihrer Autonomie erlaubt hätten. Die immer wieder erhobene Forderung nach Transparenz in der Kulturpolitik und -verwaltung ist für mich Ausdruck dieses Versäumnisses.
Ein wesentliches Versäumnis ist sicher auch die Zögerlichkeit des Kulturreferenten in der Frage des Landestheaters. Zulange wurden aufrechte, einstimmige Beschlüsse nicht umgesetzt, bis es schließlich zum bekannten Ergebnis der Volksbefragung kam. Umgekehrt sieht man beim Lentos, welche positive Annahme eine gut konzipierte Kultureinrichtung mit optimaler Vorbereitung finden kann und welche Impulse davon ausgehen können. Ein modern konzipiertes neues Landestheater, dass sich zukünftigen Entwicklungen stellt, könnte ebensolche Impulse für die kulturpolitische Entwicklung des ganzen Bundeslandes auslösen. Ein zügiges Vorgehen ist unerlässlich, wenn das Ziel 2009 mit Linz als europäischer Kulturhauptstadt erreicht werden soll.
Wir sind der Ansicht das regionale Verankerung und europäische Anbindung kein Widerspruch sind, sondern einen notwendigen Prozess darstellen, um Regionalisie-rung- fern jeglicher Provinzialisierung- zu gestalten und ein Mehr an Lebensqualität zu erreichen. Diese Form der Regionalisierung sollte zukünftig mehr als bisher die Kulturpolitik in OÖ prägen.

5. Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Budgetansatzes für Zeitkultur mit Ausnahme der Landeskulturinstitutionen? Treten Sie für eine Erhöhung des Budgetansatzes für unabhängige Initiativen aus dem Bereich der Zeitkultur ein?

Wir stellen die erfreuliche gesellschaftliche Entwicklung fest, dass neben den etablierten Kulturinstitutionen die Bedeutung von unabhängigen Initiativen zunimmt und diese ihre kulturellen Aktivitäten ausweiten. Ich habe mich deshalb dafür einge-setzt, dass für diese Aktivitäten höhere Mittel zur Verfügung gestellt werden und werde mich auch weiterhin dafür verwenden, dass entsprechende Budgetansätze zur Verfügung stehen, die eine Weiterentwicklung der Initiativen erlauben.

6. Welchen Stellenwert messen Sie der KUPF als Interessensvertretung von Kulturinitiativen in OÖ bei?

Die KUPF leistet effizientes Lobbying für die Kulturinitiativen in Oberösterreich und bietet eine Plattform für die Vernetzung der Initiativen, was für die positive Entwicklung der Aktivitäten der Initiativen unerlässlich ist.

7. Welche Bedeutung bzw. welchen Stellenwert messen Sie Freier Kulturarbeit in/für Oberösterreich bei?

Die freie Kulturarbeit durch unabhängige Initiativen ist für mich unerlässlich für eine tolerante und offene Gesellschaft, wie wir sie anstreben und fördern.

8. Die KUPF tritt für eine förderpolitische Bevorzugung von Kulturaktivitäten von MigrantInnen, auch abseits von Folkloredarstellungen, im Sinne einer positiven Diskriminierung ein. Wie steht Ihre Partei dazu?

Die Förderung kultureller Aktivitäten von MigrantInnen muss ein wichtiger Bestandteil der geforderten kulturpolitischen Leitlinien sein. Dementsprechend müssen auch die finanziellen Förderungen eingesetzt werden. Die Politik muss die Aktivitäten gerade der „wenig sichtbaren Menschen und Gruppen“ (Frauen, Transgender, Kinder, Jugendliche, MigrantInnen, Ö) im Kulturbereich unterstützen. Das gegenwärtige und frühere künstlerische Schaffen dieser Gruppen muss in der Öffentlichkeit stärker präsentiert und auch durch Forschung gesichert werden. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal auf das Projekt Inter Kultur Preis hinweisen.

9. Um die kulturelle Betätigung von MigrantInnen sichtbarer zu machen, fordert die KUPF als erste Sofortmaßnahme die Einrichtung eines Landeskulturpreises für Kulturarbeit von MigrantInnen, entsprechend dem Modell der anderen Landeskulturpreise. Werden Sie sich für die Einrichtung eines solchen Preises einsetzen?

Eine stärkere Präsentation der kulturellen Aktivitäten von MigrantInnen entspricht unseren Vorstellungen. Es sollte jedenfalls diskutiert werden, ob für diesen Zweck die Schaffung eines eigenen Landespreises für Kulturarbeit von MigrantInnen das geeignete Instrument ist. Ich würde es bevorzugen, die erforderlichen Maßnahmen im Rahmen der Diskussion um die kulturpolitischen Leitlinien zu entwickeln.

10. Der Kulturförderbericht des Landes OÖ wurde mit dem Jahr 2000 eingestellt. Will Ihre Partei, dass ein öffentlich zugänglicher Kulturförderbericht wieder eingesetzt wird? Wenn ja, können Sie sich vorstellen, dass dieser transparenter gestaltet wird (z. B. extra Ausweisung von Förderungen an Kunst- und Kulturprojekten von Frauen, Jugendlichen, MigrantInnen und Behinderten, Gegenüberstellung der tatsächlichen Fördersumme und der Höhe des Ansuchens, Daten im Förderbericht müssen mit Rechnungsabschlüssen der Kulturbudgets vergleichbar sein)?

Wir unterstützen grundsätzlich Maßnahmen, die Transparenz und Begründbarkeit im Bereich der Kulturförderung ergeben. Ich würde es begrüßen, wenn die KUPF in Kooperation mit dem Institut für Kulturförderung des Landes OÖ ein Konzept für einen Förderungsbericht erarbeitet, das die von den Beteiligten gewünschten In-formationen in angemessener Qualität liefert.

11. In den letzten Jahren ist eine schleichende Verschiebung in der Finanzierung von unabhängigen Kulturinitiativen von der Jahresförderung hin zu Projektförderung festzustellen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Durch diese Entwicklung wird eine mittel- und langfristige Planung für Kultureinrichtungen und -initiativen erschwert bzw. verhindert. Das wichtigste Instrument, um hier gegenzusteuern, wären die angesprochenen kulturpolitischen Leitlinien. Wir setzen uns für eine Förderungspraxis ein, die auf die konkrete Situation der jeweiligen Kulturinitiative Bedacht nimmt und dem angepasst Direktförderungen (z.B. Stipendien), Förderung von Projekten (z.B. Veranstaltungen) bzw. Struktur-förderungen gewährt. Es muss auf jeden Fall möglich sein, auch mehrjährige Förderungen zu gewähren, wenn es dem zu fördernden Vorhaben angemessen ist.

12. Schon seit Jahren tritt die KUPF für verbindliche Förderkriterien, Förderbeiräte, schnellere Entscheidungen über die Vergabe von Förderungen, raschere Auszahlung von zugesagten Mitteln, Einrichtung einer Anhörungsstelle für abgelehnte FörderwerberInnen ein. Steht Ihre Partei für eine solche Reform der Kulturförderung in Richtung Transparenz und Objektivierung?

Diese Anliegen entsprechen unseren Vorstellungen einer „bürgernahen Verwaltung“. Die Verbesserung der Kommunikation zwischen Kulturverwaltung und KünstlerInnen bzw. Kulturschaffenden ist unbedingt anzustreben. Wir wünschen die Erarbeitung von kulturpolitischen Schwerpunktsetzungen, an denen sich die Förderungspraxis orientieren soll. Dies soll auch eine mittel- und langfristige Planung von Aktivitäten in finanzieller Sicherheit erlauben. Es müsste wenigstens bei negativ behandelten Ansuchen eine ausdrückliche Be-gründung geben.

13. Sind Sie für die verpflichtende Besetzung von Beiräten, Jurys, dem Landeskulturbeirat mit anteilsmäßig gleich vielen Männern und Frauen und mind. 14 % MigrantInnen (entsprechend ihrem jeweiligen Bevölkerungsanteil)?

In einer Evaluierung des Landeskulturbeirates durch die Gesellschaft für Kulturpolitik (2000) wurde diese Notwendigkeit bereits erkannt und die dementsprechende politische Forderung erhoben. Wir unterstützen diese Forderung.

14. Wie steht Ihre Partei zur Schaffung eines eigenen Budgetansatzes für Kulturarbeit von körperl. und geistig Behinderten (besser gesagt: die von der Gesellschaft zu solchen deklariert werden)?

Wir setzen uns für ein Förderungskonzept ein, dass bewusst dort Schwerpunkte setzt, wo es um kulturelle Aktivitäten von Menschen geht, die sich nach wie vor nur mit Schwierigkeiten oder gegen Widerstände artikulieren können. Wir unterstützen Maßnahmen und Projekte, die die „Sichtbarkeit“ und Präsenz dieser Gruppen im öffentlichen Raum verstärken. Ich erwarte mir auch hier, dass die erforderlichen Maßnahmen im Rahmen der Diskussion um die kulturpolitischen Leitlinien entwickelt werden. Budgetansätze sind immer die Folge von klar deklarierten politischen Schwerpunktsetzungen.

15. Treten Sie ein für die Schaffung eines Medientopfes, der aus Mitteln des Kultur-, Bildungs- und Wirtschaftsressorts sowie aus dem Zukunftsfonds finanziert wird, der zur Förderung freier nichtkommerzieller Medieninitiativen (Radios, Public Access, Medienlabors, Contentproduktion, Vermittlung von Medienkompetenz…) dienen soll?

Wir unterstützen die Entwicklung von nicht-kommerzieller Medienarbeit und treten auch dafür ein, dass hier eine öffentliche Finanzierung gewährt wird. Wir unterstützen auch die Forderung, das Initiativen in diesem Bereich eine Finanzierung für die Schaffung der Infrastruktur erhalten können.

16. Tritt Ihre Partei für eine Basisfinanzierung der freien Radios aus Landesmitteln ein?

Wir unterstützen grundsätzlich die Forderung nach einer Basisförderung aus Lan-des-mitteln, halten aber darüber hinaus einen Diskussionsprozess über weitere Finanzierungsmodelle, zur Sicherung und Wahrung der Unabhängigkeit der Freien Radios für unerlässlich. Wir sehen dies als wesentlichen politischen Auftrag zur Sicherung medialer Vielfalt.

17. Welche Maßnahmen sind von Ihrer Partei geplant, um eine bessere regionale Verteilung zeitkultureller Aktivitäten über ganz Oberösterreich zu erreichen?

Ich denke, dass nicht eine Partei alleine Maßnahmen planen sollte, sondern dass in einem intensiven Diskussionsprozess zwischen Kulturpolitik und Kulturschaffenden in Institutionen und Initiativen erarbeitet werden sollte, welche kulturpolitischen Schwerpunkte gesetzt werden. Das schließt mit ein, dass eine gute regionale Verteilung angestrebt werden muss, denn es gilt natürlich, freien Zugang und Entwicklungsmöglichkeiten für alle zu schaffen. Es ist klar, dass eine gute regionale Verteilung sich nicht unbedingt im Selbstlauf ergibt, sondern aktive Maßnahmen der politischen Kräfte erfordert.

Produkt zum Warenkorb hinzugefügt.
0 Artikel - 0,00