Kulturrat Österreich fordert seriösen Umgang mit Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden! Pressemitteilung vom 20. November 2008.
Nun ist also offiziell, was bereits seit dem Sommer bekannt ist: Die vom bm:ukk in Auftrag gegebene Studie zur sozialen Lage der KünstlerInnen offenbart eine dramatische Armut. Die längst überfällige Arbeit an der Verbesserung der sozialen und ökonomischen Lage von KünstlerInnen könnte beginnen.
Die Kommentierung von Kunstministerin Schmied verspricht allerdings nichts. Im Gegenteil hebt die Erklärung ganz allgemein auf „neue Arbeitssituationen“ ab, „die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eine immer größere Rolle spielen“. Der Neuheitswert ist begrenzt, und so sehr eine allgemeine Diskussion über prekäre Beschäftigungsverhältnisse mit Handlungsfolgen Not tut, kann dies nicht die einzige Antwort auf eine konkret erhobene, zum Teil katastrophale Situation einer Berufsgruppe sein.
Auch die erneut in Aussicht gestellte interministerielle Arbeitsgruppe spricht Bände: Warum gibt es eine solche nicht schon längst? Entsprechende Absichtserklärungen gab es von Kunstministerin Schmied schon mehrfach. Auch wenn Lösungen zur Verbesserung der sozialen Absicherung von prekär Beschäftigten wie KünstlerInnen nicht im Kunstressort alleine verhandelt werden können und sollen, so zeigt die Studie auch eine Reihe von berufsspezifischen Schieflagen bei den Arbeitsbedingungen auf, zu denen das Kunstministerium unabhängig von anderen Ressorts längst mit Verbesserungsmaßnahmen durchstarten könnte (Stichwort Fördersysteme, Arbeitsräume, Öffentlichkeit für künstlerische Tätigkeit, Nachfragefaktoren etc.). Details, wo es krankt, verrät die Studie zur Genüge. Schließlich kamen die KünstlerInnen selbst zu Wort. Entsprechende Forderungspakete der Interessenvertretungen gibt es seit Jahr und Tag. Was fehlt, sind politisch Verantwortliche, die endlich in die Gänge kommen.
Da passt ins Bild, dass die immer wieder vertagte Veröffentlichung der Studie nun en passant erfolgte: ohne Präsentation durch die Ministerin, die vor einem interessierten Publikum öffentlich Rede und Antwort zu jetzt notwendigen Schritten gestanden hätte.
Der Kulturrat Österreich fordert erneut:
Kommunikation und Expertise – Einrichtung der seit langem geforderten interministeriellen ExpertInnenkommission unter Beteiligung der Interessenvertretungen zur nachhaltigen und umfassenden Verbesserung der dramatischen Situation – Erstellen einer Studie, die neben der sozialen Situation von KünstlerInnen auch jene der Kultur- und MedienarbeiterInnen erfasst (idealerweise unter Einbeziehung auch der WissenschaftlerInnen)
Sofortmaßnahmen Künstlersozialversicherungsfonds Abarbeiten zumindest des Sofortmaßnahmenkatalogs des Kulturrat Österreich, insbesondere: – Aufhebung der Einkommensuntergrenze als Voraussetzung für einen Zuschuss aus dem Künstlersozialversicherungsfonds – Schluss mit jeglichen Rückzahlungsforderungen: keine rückwirkenden Eingriffe mehr in die ohnehin prekären Existenzen
Novelle Arbeitslosenversicherung – Dringende Novelle der ALVG Novelle: Personen mit einer Erwerbsarbeitsbiographie quer zur versicherungstechnischen Teilung in Angestellte und Selbstständige, unter ihnen fast alle Kunstschaffenden, wurden bei der Novellierung systematisch nicht mitgedacht und folglich faktisch ausgeschlossen – Aufgabe des Konzepts der „Aktivierung“. Stattdessen tatsächliche Unterstützung für Erwerbsarbeitslose, insbesondere durch das Angebot kostenloser freiwilliger Weiterbildungsmaßnahmen
Neustrukturierung Sozialversicherungssystem(e) – Bereitstellen EINER Versicherungsmöglichkeit für komplexe Berufssituationen
Existenz und Förderung – Mehr Transparenz und Zuverlässigkeit in der Kunst-/Kultur- und Medienförderung und deren Verwaltung – Sofortige Aufhebung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes und der Zurückstufungen des aufenthaltsrechtlichen Status von KünstlerInnen und WissenschafterInnen – Bleiberecht für alle! – Förderung des aktuellen Kunstschaffens durch Einnahmen aus der Nutzung freier Werke („Mozartgroschen“) – Sicherung des freien Zugangs zu Wissen und Information sowie Gewährleistung des Rechts auf Privatkopie – Öffentliche Förderung von Informations- und Kommunikationstechnologien zur nichtkommerziellen Nutzung für Kunst, Kultur und Bildung
Grundeinkommen für alle! Ziel muss Existenzsicherung unabhängig von Erwerbsarbeit sein. Wir schließen uns dem visionären Lösungsvorschlag vieler KünstlerInnen an und sprechen uns für ein bedingungsloses, existenzsicherndes Grundeinkommen für alle aus.
Handeln statt Schweigen!
Forderungen und Information zur Studie http://kulturrat.at/agenda/sozialerechte/20080922
Kontakt Kulturrat Österreich Gumpendorfer Str. 63b A-1060 Wien contact@kulturrat.at http://kulturrat.at