Positionspapier: Linz09 – Zu Ende bevor es losgegangen ist (2008)

Linz ist 2009 Kulturhauptstadt Europas. Die KUPF – Kulturplattform Oberösterreich hat als Dachverband und Interessensvertretung der OÖ. Kulturinitiativen dieses Projekt von der ersten Idee, über die Bewerbung bis hin zur Realisierung kritisch-freundlich begleitet. Nun ist es Zeit Zwischenbilanz zu ziehen. Die Fakten liegen auf dem Tisch und sind zu bewerten. Dezember 2008

 

Kulturhauptstadt ist kontraproduktiv Die freie/lokale Kulturszene ist aus dem Projekt Linz 2009 faktisch ausgeschlossen. Es profitieren vor allem große Institutionen in Linz, welche die Möglichkeit haben ihr Programm 2009 auszuweiten. More of the same – aber noch größer, noch event-, noch tourismusorientierter als es ohnehin schon der Fall war. Kontinuierliche, prozessorientierte, lokal stark eingebundene Kulturarbeit und künstlerische Produktion, die sich durch eine gesellschaftspolitische und kritische Herangehensweise auszeichnet, wird an den Rand gedrängt.

Kulturhauptstadt ist neoliberal! Auch wenn einzelne unter dem Label „Kulturhauptstadt“ realisierte Projekte anderes intendieren, ist das Projekt Kulturhauptstadt in Summe als neoliberales Standortprojekt zu bewerten. Nur dass hier Standortpolitik mit „weichen“ Themen, über unverdächtige Kulturevents betrieben wird. Das Europäische im Projekt Kulturhauptstadt ist nicht durch eine solidarische Internationalisierung gekennzeichnet, sondern durch kulturell verzierte EU-Propaganda: Kultur ist nur mehr ein dienliches Mittel, um von entscheidenden Fragen sozialer Gerechtigkeit, rassistischer Ausschlüsse und demokratischer Partizipation an Entscheidungen abzulenken. Stattdessen werden neue Glaubenssätze produziert: „Kunst und Kultur müssen sich auch wirtschaftlich rechnen. Nur wer im neoliberalen Sinn etwas leistet, hat auch das Recht am Reichtum der Gesellschaft zu partizipieren“.

Kulturhauptstadt fehlt die Nachhaltigkeit Wenn davon gesprochen wird, dass Linz 2015 die interessanteste Stadt Österreichs sein soll, dann wird damit einzig ein wirtschaftlicher Standpunkt eingenommen.. Linz soll als Technologie-Standort mit kulturellem Touch international profiliert werden. Dieses Vorhaben blendet die Frage „Für wen?“ aus. Dass gesellschaftlich marginalisierte Gruppen nicht angesprochen sind, ist offensichtlich. Gerade die vorangetriebene Privatisierung, Überwachung und tourismustaugliche Behübschung des öffentlichen Raums zeigt, dass es der aktuellen Politik darum geht, jene Menschen zu passiven AdressatInnen des Projekts Kulturhauptstadt zu machen, die sich einer Anpassung bzw. Einordnung in das europäische „Wertesystem“ verweigern.

Vor diesem Hintergrund fordert die KUPF – Kulturplattform von den verantwortlichen KulturpolitikerInnen von Stadt, Land und Bund eine Rückbesinnung auf eigene Beschlüsse und Grundsatzerklärungen wie den Kulturentwicklungsplan Linz und das – kurz vor der Beschlussfassung stehende – Kulturleitbild des Landes Oberösterreich. Es braucht nachhaltige, prozessorientierte, demokratisch-partizipative, gesellschaftliche verantwortliche Kunst und Kultur in Linz und Oberösterreich – und diese braucht politische Rahmenbedingungen, um sich in den nächsten Jahren weiterentwickeln zu können.

Diese Rahmenbedingungen müssen von einer verantwortlichen und verantwortungsbewussten Kulturpolitik geschaffen und gesichert werden. Diese Herausforderung stellt sich angesichts der Landtags- und Gemeinderatswahlen 2009 umso mehr.

2010 werden die Auswirkungen des Projekts Kulturhauptstadt auf finanzieller und inhaltlicher Ebene spürbar. Die Notwendigkeit jetzt die Weichen zu stellen und zukunfts- und tragfähige Konzepte für das Jahr nach dem Projekt Kulturhauptstadt zu entwickeln ist jetzt gegeben.

Die KUPF – Kulturplattform Oberösterreich unterstützt darum alle in diesem Sinne ausgerichteten Bestrebungen der freien/lokalen Kulturszene und bekräftigt noch einmal die im Positionspapier der Freien Szenen Linz „maschine brennt“ formulierten Forderungen: — Absicherung des Budgets für die Freie Szene in den Jahren 2010ff — Strukturfinanzierung statt Projektförderung — Verdoppelung der Dotierung des Förderprogramms „LINZimPULS“ — Verdoppelung der Dotierung des Förderprogramms „LinzEXPOrt“ — Schaffung eines neuen Förderprogramms „LinzIMPORT“ — Eruierung der Projekteinreichungen zu Linz09 nach paritätischen Kriterien

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