Elena Stoißer unterhielt sich anlässlich der Überarbeitung der Gehaltsempfehlungen der IG Kultur mit Gabriele Gerbasits über den Fortschritt von Fair Pay in Österreich.
Elena Stoißer: Nachdem auch Kärnten Fair Pay in Kunst und Kultur angekündigt hatte, trug die IG KiKK mit dem Bericht Fair Pay Kärnten / Koroška eine Zwischenbilanz zum Stand der laufenden Prozesse zusammen und leitete Empfehlungen zur Einführung von Fair Pay ab.1 Die Ergebnisse weisen das Salzburger Modell als Vorbild aus und betonen Aspekte wie Partizipation der Betroffenen, Sensibilisierung durch Information sowie Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften als Erfolgsfaktoren. Gabi, du hast zehn Jahre lang die Fair Pay-Kampagne der IG Kultur aufgebaut. Welche Bedeutung gibst du dem Bericht?
Gabriele Gerbasits: Die Studie ist überraschend ein bundesweites Papier geworden, das wir dringend gebraucht haben. Sie erhebt den Status Quo, zeigt die unterschiedlichen Gangarten und Verbesserungsmöglichkeiten auf. Beim Durchlesen erkennt man jedoch, dass eine Gesamtstrategie fehlt. Der Bund hätte eine Koordinierungsrolle übernehmen können, hat er aber nicht. Jetzt muss jede Gebietskörperschaft für sich selbst überlegen, wie sie dem Ziel näherkommt.
Der Bericht ist im Kontext eines Bundeslandes entstanden. Sind die darin abgeleiteten Empfehlungen dennoch auf andere Gebietskörperschaften übertragbar?
Ja, auf jeden Fall. Alle Empfehlungen sind aus Erfahrungshorizonten abgeleitet. Eigentlich ist das Ziel von Fair Pay ein Paradigmenwechsel in der Förderpolitik. Den wollen Politiker*innen nicht, er würde ein anderes Förderverständnis bedeuten: Wenn es gesellschaftlicher Konsens ist, dass man Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen nicht umsonst arbeiten lassen kann, dann braucht es auch keine Sonderbudgets mehr für Fair Pay. Aber bis dahin ist es noch ein sehr weiter Weg.
Was sind die großen Baustellen, die es zu bewältigen gilt?
Die sind von Bundesland zu Bundesland verschieden. Es gibt welche, die noch gar nicht auf den Zug aufgesprungen sind und andere, die bereits intensiv an Verbesserungen arbeiten – wie Salzburg. Beim Bund, fürchte ich, müssen wir mit einer neuen Regierung nochmal von vorn beginnen. Wenn das Thema länderübergreifend gesellschaftlich stark wird, überstehen wir hoffentlich auch diverse Regierungswechsel.
Der Großteil der bisherigen Fair Pay-Zuschüsse bezieht sich auf Anstellungsverhältnisse, für die
es aber oft finanziell gar nicht reicht.
Das ist eine Schwachstelle in der Umsetzung. Solange Fair Pay nur als kleiner Zuschuss gesehen wird, werden nicht viel mehr als Angestellte und einzelne Sparten profitieren können.
Salzburg beschäftigt sich bereits mit der Umsetzung für Selbstständige und wird dieses Modell für Honorare noch heuer präsentieren.
Die Deutschen fokussieren von Anfang an auf Künstler*innen. Wenn es dort gute Erfahrungen gibt, können wir das wieder zurückimportieren.
Die IG Kultur überarbeitet ihr Gehaltsschema2. Wieso tut sie das?
Die Empfehlungen sind in die Jahre gekommen. Es haben sich bestimmte Punkte als problematisch erwiesen: Unsere Vollzeitdefinition wurde von den Förderstellen nicht akzeptiert, einige Berufsfelder waren nicht abgebildet. Das Gehaltsschema soll künftig von der Gewerkschaft GPA und der IG Kultur gemeinsam publiziert werden, damit es von allen Gebietskörperschaften anerkannt wird.
Wie verlief der Änderungsprozess?
Wir haben unsere Mitglieder befragt. Die Spanne war sehr breit: von nicht ändern bis alles ändern. Das Konzept versucht verschiedene Punkte zu vereinen. Es gibt noch Stellen, die bereinigt gehören, etwa bei den Geschäftsführungsgehältern und es braucht eine Überprüfung, ob wir in Kollektivverträge eingreifen. Bis Oktober brauchen wir eine Vorlage, damit sie bei den nächsten Einreichungen verwendet werden kann.
1 → kaernten.igkultur.at/politik/empfehlungen-zur-einfuehrung-von-fair-pay-kaerntenkoroska
2 → igkultur.at/service/verein/gehaltsschema-und-honorarrichtlinien-fuer-kulturarbeit