Stefan Haslinger im Gespräch mit Gudrun Pechtl, Geschäftsführerin der TKI – Tiroler Kulturinitiativen über faire Bezahlung im Kulturbereich. Die TKI hat es getan. Im März 2010 hat die Interessengemeinschaft der Tiroler Kulturinitiativen Honorarrichtlinien veröffentlicht, die als Grundlage für faire Bezahlung im Kulturbereich gelten sollen. Damit stößt die TKI ins selbe Horn wie eine in Planung befindliche Kampagne der IG Kultur und ihrer Ländervertretungen mit dem Titel „fair-pay“.
Den Informationen zu den Honorarrichtlinien zufolge geht es darum, einen Konsens über die Notwendigkeit von qualifizierter und als solcher auch bezahlter Kulturarbeit herzustellen. Dass dieser Konsens nicht gegeben ist und es sicherlich einen langen Atem braucht, bis die Notwendigkeit vor allem auf politischer Ebene erkannt wird, darüberer spricht Gudrun Pechtl mit Stefan Haslinger von der KUPF.
KUPF: Befürchtet ihr nicht, dass ihr mit eurem Vorschlag für Honorarsätze in der Kulturarbeit in Zeiten der Wirtschaftskrise einer Neiddebatte Tür und Tor öffnet?
Gudrun Pechtl: Einer Neiddebatte wohl kaum. Ich kann mir nicht vorstellen, dass andere Bereiche uns als Vorbild hernehmen. Wenn man die Honorarsätze, die wir erarbeitet haben, mit Sätzen in anderen Tätigkeitsfeldern vergleicht, sind sie normal bzw. noch immer am unteren Rand angesiedelt. Das Argument der Wirtschaftskrise wird jetzt verwendet, um alles mögliche wieder abzulehnen oder politisch an seinen Platz zu verweisen. Das trifft auch auf die Kultur zu. In Zeiten der Krise sind Budgetkürzungen im Kulturbereich aber kontraproduktiv, weil dort sowohl gesellschaftlicher als auch wirtschaftlicher Mehrwert produziert wird und das mit minimalen finanziellen Einsatz. Wenn hier gekürzt wird, werden auch gesellschaftliche Innovationspotentiale weg gekürzt, und diese zu verlieren, das kann sich in Krisenzeiten eigentlich niemand leisten.
KUPF: Aber um den gesellschaftlichen Mehrwert kann ich mir nichts kaufen. Das führt dann zu einer Wertedebatte, wenn gerechte Entlohnung unter anderem für die Schaffung von gesellschaftlichen Mehrwert gefordert wird.
GP: Die gerechte Entlohnung wird nicht dafür gefordert. Das sind zwei Debatten, die parallel laufen müssen. Wer professionelle Kulturarbeit mit einer bestimmten Qualität und Kontinuität will, muss diese auch entsprechend bezahlen. Ob bestimmte Arten von Kulturarbeit grundsätzlich gewollt sind, darüber ist dann die Wertedebatte bzw. eine sehr tiefgreifende politische Debatte zu führen.
KUPF: Gerade jetzt erscheint es doch absurd, mehr Geld zu verlangen, weil es ohnehin keines geben wird.
GP: Die Befürchtung, dass es jetzt kein Geld gibt, kann doch kein Grund sein, die Forderung nicht zu stellen. Die Forderung nach adäquater zur Verfügungsstellung von Ressourcen für Kulturarbeit muss sicher länger und in unterschiedlicher Form erhoben werden. Die jetzt entwickelten Honorarsätze sind eine brauchbare Grundlage für den langfristigen Kampf.
KUPF: Laut dem österreichischen Freiwilligenbericht ist der Kulturbereich jener Bereich, in welchem die meisten Menschen ehrenamtlich tätig sind. In diesem Bereich faire Bezahlung zu verlangen garantiert doch, dass politischer Unwille hervorgerufen wird.
GP: Den politischen Unwillen muss man nicht erst produzieren, den gibt es schon. Noch einmal: Wer professionelle, kontinuierliche Kulturarbeit will – und eigentlich sollten Kulturpolitikerinnen das schon wollen – muss adäquate und vor allem existenzsichernde Bezahlung garantieren. Grundsätzlich kann das wohl niemand in Frage stellen, auch politisch nicht. Dass ehrenamtliche Arbeit zwangsläufig und manchmal auch freiwillig und selbst gewählt ein tragender Teil von Kulturarbeit bleiben wird ist ja der Fall. Aber bestimmte Dinge wird es nur dann geben können, wenn die Arbeit fair bezahlt wird.
KUPF: Wieso scheint es, dass der Kulturbereich in jüngster Zeit den Arbeitsbegriff und die Auseinandersetzung mit Arbeitsverhältnissen so stark thematisiert? Ist das Teil einer Legitimationsstrategie oder geht es hier um ein politisches Moment?
GP: Das ist Teil der aktuellen Debatten rund um die Prekarisierung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse, und damit ist das auch klar als eine grundsätzlich politische Debatte zu verstehen.
Die Honorarrichtlinien sowie weiterführende Informationen finden sich auf der Website der TKI: www.tki.at
Stefan Haslinger ist Teil der Geschäftsführung der KUPF, im Vorstand des KV waschaecht und im Vorstand der IG Kultur und des Alten Schl8hof Wels.