Nach jahrzehntelangen Diskussionen rückt die Errichtung eines Musiktheaters in greifbare Nähe. Die FPÖ versucht mit einer Volksbefragung das Steuer in dieser Frage nochmals herum zu reissen. Die KUPF müht sich seit Jahren ab, eine einheitliche Position zu diesem Neubau zu beziehen. Der Vorstand wurde sich aber auch nach langen und zähen Diskussionen nicht einig.
Weil das zwar blöd, aber keine Schande ist, trafen sich Ulrike Stieger und Manfred Berghammer (beide Vorstandsmitglieder der KUPF) zu einem Streitgespräch im Studio von Radio FRO. Moderiert wurde das Ganze von Andi Wahl (ebenfalls KUPF-Vorstand). Hier ein Auszug.
von Andi Wahl
Andi: Manfred, warum sollte sich die KUPF zum Musiktheaterneubau zu Wort melden, und warum sollte sie dies positiv tun?
Manfred: Grundsätzlich kann sich die Kulturplattform als Dachverband freier Kulturinitiativen nicht der Diskussion entziehen, genauso wenig können wir als Verhinderer von Kulturbauten oder von Verbesserungen von Produktionsbedingungen für Kunst und Kultur auftreten. Ich bin davon überzeugt, dass wir dem positiv gegenüberstehen sollten. Was aber nicht heissen soll, dass wir das Vorhaben nicht kritisch hinterfragen.
Kulturinitiativen haben Angst, berechtigte Angst, dass sich der Subventionsspielraum für Initiativen verkleinern wird, daher müssen wir auf jeden Fall in die Diskussion einsteigen.
Andi: Gut, zur Gegenposition. Ulrike, du bist immer wieder vehement als Gegnerin einer Unterstützung dieses Neubaus aufgetreten. Meinst du die Kupf soll sich zu Wort melden zum Thema, und wenn ja, warum ablehnend?
Ulrike: Ich bin gegen den Musiktheaterneubau zum jetzigen Zeitpunkt. Es geht mir einerseits bei dieser ablehnenden Haltung vor allem darum, dass das Land Oberösterreich keine Entwicklungsperspektiven für die kommenden Jahre aufzeigen kann. Das heisst, es gibt keine vorliegenden Pläne für die kulturelle Entwicklung des Landes insgesamt, also auch der ländlichen Regionen. Das ist ein fehlender Punkt. Andererseits gründet meine ablehnende Haltung auch darauf , dass der Musiktheaterneubau eine beachtliche Summe an Geld verschlingen wird und eine Unzahl von Forderungen anderer kultureller Einrichtungen, vor allem solcher auf dem Land, noch offen sind.
Ich denke, dass ein derartiger Bau besserer Überlegungen und einer besseren Koordinierung bedarf. Es bedarf eines Gesamtkonzeptes für die Kulturentwicklung insgesamt, und wenn es sich hier um eine wesentliche Finanzierung durch das Land handelt, dann bedarf es auch Plänen die weit über die Grenzen der Landeshauptstadt reichen.
Manfred: Deine Einwände sind für mich sehr verständlich, allerdings kann ich trotzdem nicht gelten lassen, dass kein Plan dahinter ist. Beim Bau des Musiktheaters geht es schlicht und einfach darum, ein zweihundert Jahre altes Haus, das an seine Grenzen gelangt ist, umzubauen bzw. neu zu bauen.
Zudem: Man spricht immer von Musiktheater, tatsächlich sollte es ja heissen „Landestheater neu“. Es wird ja nicht so sein, dass da nur Opern zur Aufführung gebracht werden, für Hochkulturpublikum, sondern das Haus sollte vielfältig nutzbar sein.
Ulrike: Die verständliche Notsituation im Landestheater gehört bereinigt. Man muss hier Lösungen finden, dahinter stehe auch ich. Was aber der Unterschied ist zu einem Gesamtkonzept, bzw. zu einer Weiterentwicklung der Kultur in Oberösterreich insgesamt ist schon dieser, dass hier trotzdem viele andere Möglichkeiten gewesen wären für ein „Landestheater neu“, die sehr viel kostengünstiger wären.
Wenn man sich ein derartiges Projekt leistet, was ja durchaus möglich ist, dann gehört meines Erachtens ein Gesamtkonzept entwickelt für einen breiteren Raum. Das ist nicht erfolgt und insofern sehe ich diesen Einwand als nicht sehr berechtigt, denn ein „Landestheater neu“ würde auch in anderen finanziellen Dimensionen möglich sein. Budgets werden durch ihre weitere Verknappung eben zukünftig ein sehr bestimmendes kulturpolitisches Element sein.
Manfred: Für mich hat die Bausumme keine Relevanz. Das sind diese 1,2 Milliarden, die sicherlich mehr werden Ð das ist klar, aber diese Summe ist ja auch ein Wirtschaftsfaktor. Das heisst, Unmengen an Arbeitskräfte werden dort wieder für eine Zeit beschäftigt werden. Das sind einfach Dinge, die sich Oberösterreich als eine der wirtschaftlich potentesten Regionen im EU-Raum, leisten soll. Eine andere Sache ist deine Forderung nach einem Oberösterreichischen Kulturentwicklungsplan. So etwas forderst du doch?
Ulrike: Mit Kulturentwicklungsplan wird natürlich unweigerlich der Linzer Kulturentwicklungsplan verbunden und wahrscheinlich auch die Vorgehensweise damit assoziiert. Das muss es für mich nicht sein. Aber zumindest muss es Ansätze geben, aus denen hervorgeht was der kulturpolitische Wille für die Zukunft des Landes ist.
Beim Linzer Kulturentwicklungsplan, zeigt sich auch eines sehr gut: Es gibt diesen Kulturentwicklungsplan, mit schönen Worten gefüllt, in dem auch die Freie Szene hoch gelobt wird, die Umsetzung läßt allerdings auf sich warten.
Es ist in der Freien Szene eigentlich von Budgetkürzungen zu hören. Ich bin auch auf Grund dieser Erfahrung wieder sehr vorsichtig geworden mit sogenannten Sonntagsreden von Landeshauptmann Pühringer, der im Zuge des Kampfes gegen die drohende Volksbefragung dann doch auch wieder so etwas ähnliches wie Visionen für die Zukunft und auch Zusagen für eine bessere Finanzierung der Freien Szene von sich gibt. Ich denke einfach, dass die Erfahrung immer wieder zeigt, dass schöne Worte schnell vergessen sind, auch wenn sie Ð wie in Linz Ð sogar schriftlich festgehalten sind.
Andi: Peter Androsch, Linzer Komponist, hat in einem Interview gemeint, was ihn an der ganzen Sache stört ist, dass hier die Chance vertan wurde, die Ausrichtung des Landestheaters auf neue Füße zu stellen. Er befürchtet, dass weiter gemacht wird wie bisher, dass hier immer die große Oper gespielt werden wird, Wagner und Verdi Ð ein Programm also das man im Sommer in Salzburg und in Wien das ganze Jahr auf Weltniveau hat. Es wurde versäumt, die Diskussion um den Neubau mit einer Diskussion um eine programmatische Neupositionierung des Landestheaters zu verknüpfen.
Ulrike: Natürlich stimme ich Peter Androsch zu. Auch aus meiner Sicht wäre eine Nischenposition des Landestheaters sehr viel reizvoller. Das würde dann auch nicht ein derartiges Unterfangen wie das Musiktheater im Berg erfordern, sondern ein möglicherweise kleineres Haus das weniger unter den ökonomischen Zwängen der Rentabilität agieren muss.
Wo ich aber eine erhebliche Gefahr sehe, ist, wenn Politiker in ihre Argumentation immer die Möglichkeit der Einbindung der Freien Szene in den Betrieb des Musiktheaters betonen. Das ist natürlich eine sehr edle Geste, allerdings auch sehr mit Vorsicht zu genießen, weil es nicht darum gehen kann, große Prestigebauten zu errichten und dann diesem Prestigebau durch die Einverleibung der Freien Szene einen gewissen Glanz zu verleihen.
Freie Kunst und Kultur braucht eigene Räume.
Manfred: Ich geb‘ dem Peter Androsch recht, man hat sich jetzt jahrelang zu sehr um die Hülle bemüht als um die Fülle. Es ist auch richtig, dass in der Achse Wien-Salzburg-München ein traditionelles Opernhaus zu bauen, absolut sinnlos ist. Linz und Oberösterreich müssen sich, wie es ja auch in den letzten Jahren immer wieder passiert ist, durch Innovation auszeichnen. Das heisst aber auch, dass jetzt dieses „Landestheater neu“ vom inneren Konzept entsprechend ausgerichtet sein muss. Alle technischen Möglichkeiten, alles was da auf uns zukommt, müßte eigentlich schon im Neubau verankert werden.
Andi: Es ist ja nichts ungewöhnliches, dass, wenn größere Investitionen im Bereich der Hochkultur getätigt werden auch andere Kulturbereiche ihren Anteil einfordern. Hat sich hier die KUPF genug angestrengt, um die Interessen ihrer Klientel zu vertreten?
Ulrike: Die KUPF hat in Zusammenarbeit mit weiteren VertreterInnen der Freien Szene im Herbst des vorigen Jahres die Forderung nach 10 Millionen mehr für die Freie Szene gestellt und war damit auch beschränkt erfolgreich. Es wurde ein Impulstopf mit einer ExpertInnenjury durchgeführt. Meine Position dazu würde wohl den Rahmen dieses Gesprächs sprengen.
Soviel aber: Ich denke, dass wir wohl einiges an Diskussion Ð vielleicht von PolitikerInnenseite sogar strategisch bewußt inszeniert Ð mit diesen 10 Millionen verabsäumt haben, weil diese 10 Millionen eine gewisse Befriedigung darstellten und die Organisation des Impulstopfs sehr viel Zeit und Energie bündelte. Ich bin der Meinung, dass wir kulturpolitisch auch in dieser Frage weiter aktiv sein sollten, aber letztendlich liegt die Entscheidung bei der Politik.
Die KUPF wird auch eine Stellungnahme, in der unsere Forderungen nochmals zusammengefasst sind, veröffentlichen . Wenn es uns gelingt durch diese Stellungnahme zumindest die offenen Forderungen bzw. die Interessen der Kulturinitiativen zu wahren, dann ist das für mich eigentlich kein Verschlafen unserer Aufgaben, sondern doch ein aktives Mitwirken.
Zum Schluss noch: Ich hoffe, dass für die sogenannte Freie Szene in Linz und Oberösterreich auch in Zukunft genug Handlungsspielraum sein wird mit diesem Musiktheater. Ich bin davon überzeugt, dass es gebaut wird, aber – ich weiß nicht wer es gesagt hat Ð es geht nicht ums Siegen, es geht ums Kämpfen. Andi, wer war das?
Andi: Ich wars‘.
Ulrike: O.K. vielleicht kann das das Motto sein.