Titelblatt gegen ganzseitige Anzeige oder prairie

„Komm ins offene FreundIn“ ist die feminisierte Form eines Satzes von einem meiner Lieblingskomponisten, nämlich Hans Eisler. Der Satz stammt aus dem Gedicht „Gang aufs Land“ von Hölderlin, das sich Eisler hergerichtet hat für eine Komposition. Es beginnt mit „Komm ins offene Freund“ und bei uns heisst es eben „Komm ins offene FreundIn“. Das ist als Einladung zu verstehen, am Medienunternehmen prairie mitzuwirken und sich zu beteiligen, Beiträge zu liefern. Dabeizusein.

 

Ein Interview mit Kurt Holzinger führte Ulrike Stieger

Das sind die Worte von Kurt Holzinger, Entwickler der prairie, zu einem Ausspruch, zu lesen auf der Startseite des in der 2. Juniwoche neu erscheinenden prairie-online-(stadt)magazines.

Kurt, du warst zuerst Redakteur der Zeitung „hillinger“ und hast danach diese Aufgabe auch beim „versorger“ der Stadtwerkstatt wahrgenommen. Gemeinsam mit Andi Wahl, ehemaliger Kanal-Aktivist und Kupf-Vorstandsmitglied, arbeitest du nun am Projekt prairie. Ihr beide seid „szenebekannt“. Ist die prairie als Szeneblatt zu verstehen oder geht es um die Erschließung eines weiteren Feldes?

Die prairie ist kein Blatt, geschweige denn ein Szeneblatt. Die prairie ist ein Medienprojekt, das bald auf drei Säulen stehen wird und, so wir alles schaffen, wie wir wollen, ab dem Jahr 2001 auf vier Säulen stehen soll. Es gibt ab Juni prairie online, das sich mit Linz beschäftigt und darüber hinaussieht. Ein Beweggrund prairie zu machen ist der, aus dieser provinziellen Enge herauszukommen und mehr Weltläufigkeit zu bekommen. Zu schauen, welche Sachen gut sind, welche Sachen importiert werden müssen, um die Situation hier in Linz zu verbessern.

Du hast vorhin das Vier-Säulen-Modell angesprochen. Die vierte Säule ist der erhoffte Start einer Printausgabe im Jahr 2001. Welche sind die drei weiteren Säulen?
Die eine ist schon erwähnt worden. Das ist ab Juni prairie online. Es gibt seit Sommer 1999 jeden Dienstag von 19:30 Uhr bis 20:30 Uhr Radio prairie auf Radio FRO. Auch seit Sommer 1999 gibt es prairie Veranstaltungen. Beispielsweise zum Thema Existenzgeld und vor kurzem habe ich in Kooperation mit Stadtwerkstatt und Kulturreferat-ÖH der Kepler Uni Linz eine antinationale Veranstaltung organisiert und programmiert mit dem Titel „Die Sonne scheint auf alle gleich“. Es gab am Attersee von 16. Ð 18. Juni ein „Festival gegen Schwarzblau“, wo der KV Willy Veranstalter war, daß die Prairie beworben hat. Wir sind bemüht qualitätsvolle Veranstaltungen zu unterstützen. Das heisst, bei den guten Veranstaltungen wird in Zukunft unser Logo drauf sein, den Rest überlassen wir gerne den OÖN oder sonstigen flachen Medien.

 

Ich vermute, dass es noch eine ganze Reihe von Visionen für die Entwicklung der prairie gibt. Welche sind das für dich?
Wer Visionen hat braucht einen Arzt. Ich habe Wünsche. Das wird es wohl nicht spielen in Linz, aber ich würde mir die prairie wünschen als etwas Ähnliches, wie Andy Warhols „factory“ in den 60ern und 70ern in New York. Ich sage einmal, ein Ort oder die Möglichkeit, Filme zu produzieren, Kunst zu produzieren, Printmedien zu produzieren. Ein Ort, alles Mögliche zu machen, aber auch Menschen zusammenzubringen. Menschen an der Verbesserung in Linz oder Mitteleuropa oder von mir aus in der ganzen Welt miteinander arbeiten zu lassen.

Von den Visionen zurück zu dem flashigen Thema der Finanzierung. Die prairie wird von der Stadt Linz nicht finanziell unterstützt. Das Land OÖ hat bisher auch nicht tief in die Tasche gegriffen. Wie wird sich die prairie das Überleben sichern können?
Das Land OÖ hat bisher Ð abgesehen von der Personalkostenförderung für ein Jahr aus dem Kupf-Innovationstopf – mit einer Startfinanzierung von ATS 50.000,– gefördert und die nette Frau Dallinger von der Literaturförderung hat ihre Unterstützung zugesichert, bei ausreichendem Anteil oberösterreichischer Literatur in der prairie. Das können wir natürlich garantieren, weil namhafte oberösterreichische AutorInnen bereits jetzt in prairie online schreiben. Im gutgemeinten Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz gibt es auch den Wunsch nach einer autonomen Stadtzeitung. Kollege Wahl und ich waren beim Kulturamt, bei Herrn Siegbert Janko, und haben ihm das Projekt vorgestellt und um Unterstützung gebeten. Er antwortete darauf, wir können euch nichts geben, ich würde ja gerne und so. Sonst könnte ja jeder kommen und Getränkesteuer und das übliche und so … .

Zum Abschluss bitte ich dich noch einmal die wesentlichen Facts für prairie online zu sagen.
Die Web-Ausgabe www.prairie.at ist seit Mitte Juni online. An dieser wird allerdings step-by-step weitergearbeitet. Was die Internetausgabe bietet ist ein Programmkalender für Linz und vielleicht Oberösterreich, den wir ständig updaten. Im Serviceteil sollen bald alle relevanten Linz- und Oberösterreichadressen zu finden sein. Es gibt einen redaktionellen Teil mit den Ressorts: Kapital und Arbeit, Politik und Verbrechen, Kultur und Barbarei, Zentrum und prairie, Stadt und Land und „2000 Zeichen aus“, das sind KorrespondentInnenberichte aus Metropolen der ganzen Welt.
Was noch ganz wichtig ist: Wir streben eine enge Kooperation mit sämtlichen Kulturhäusern in Linz und Oberösterreich an. Es wird immer notwendiger eigene Medien zu lancieren, da die Medienkonzentration erschreckend überhand nimmt. Wir müssen diesem Trend „Titelblatt gegen ganzseitige Anzeige“ vehement entgegentreten. Das wissen auch die VertreterInnen der Kulturhäuser und Ðinitiativen. Dazu kommt noch die wirklich grauslige politische Situation in Österreich. Ich denke die Zeiten sind für ein Unternehmen wie die prairie sehr gut. Nicht, was die Förderung von seiten der öffentlichen Hand betrifft. Die Menschen werden erkennen, dass es immer wichtiger wird, interventionsfähige Medien zu haben und diese auch zu unterstützen.

good luck to prairie

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