Gebetsmühle ohne Erfolg – mit Absicht

Eine der vermutlich stärksten Bestrebungen in den politischen Gestaltungsversuchen der letzten Jahre von nicht-kommerziellen Kultur- und Medienorganisationen war es, Österreich aus dem medienpolitischen Status Albaniens zu entheben. Darunter fiel zum Beispiel auch der Kampf und letztlich Sieg zur Aufhebung des Rundfunkmonopols.

 

von Ulrike Stieger

Der Fall gesetzlicher Schranken alleine, was in diesem Fall das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hervorbrachte, tut dieser notwendigen Entwicklung allerdings nicht genüge. Es geht auch um die aktive Förderverantwortung, die sich – so wie der alternative Medien- und Kulturbereich das gebetsmühlenartig erklärt – demokratiepolitisch begründet. Diese Forderung leitet sich von der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ab. Artikel 10 EMRK schreibt die Maxime der freien Meinungsäußerung in Verbindung mit Pluralismus, Toleranz und Großzügigkeit fest. Der Entscheid des EuGH zugunsten der oben angesprochenen Aufhebung des Rundfunkmonopols erfolgte auf Basis dieses Artikels. Das bedeutet, dass Objektivität und Meinungsvielfalt laut Rechtssprechung in staatliche Verantwortung fallen. Neben öffentlich-rechtlichem und kommerziell-privatem muss der Staat für die Rahmenbedingungen eines nicht-kommerziell privaten Mediensektors Sorge tragen. Im Verständnis dieser Argumentation arbeitet nun der alternative Mediensektor seit Jahren daran, eben diese Realitäten der Meinungsvielfalt zu erzeugen, veranstaltet Tagungen, Konferenzen, Symposien, um die öffentliche Debatte anzukurbeln, schreibt politische Positionspapiere, um VerantwortungsträgerInnen mit Forderungen und deren Begründung zu konfrontieren, werden internationale Netzwerke gegründet, die Bündnispartnerschaften intensivieren und dergleichen vieles mehr. Dies passiert auch, so meine ich, um die zuerkannten Rechte als politischen Willen hervorzubringen.

Kurz vor den Nationalratswahlen, als noch die „alte Liga “ in rotem Gewande auf Bundesebene federführend mit all diesen Agenden betraut war, bemerkte die Szene hin und wieder so etwas wie Lichtblicke. Als beispielsweise Peter Wittmann im Zuge der Medienkonferenz Linz 1999 öffentlich 13 Millionen für den Radio- und Netzbereich versprach oder als es VertreterInnen der Community gelang, bei Ex-Kanzler Klima einen Termin in dieser Sache zu bekommen. Zugegebenermaßen war von vielen Millionen die Rede und wenige kamen. Genausowenig hatte ein Schreiben Klimas an seinen Parteifreund und damaligen Verkehrs- und Wissenschaftsminister Einem bezüglich kostengünstiger Leitungen keine nachhaltige Auswirkung, und natürlich fuhrwerkte nebenher noch immer Khol in Sachen Publizistikförderung. Es besteht also kein Grund, die Vergangenheit und damit die rot-schwarze Koalition zu verklären. Letzteres sollte lediglich die enorme Aktivität der Szene zum Ausdruck bringen, die „Medienpolitik ist Demokratiepolitik“ zumindest so klar transportierte, dass es einigen politischen VerantwortungsträgerInnen unmöglich wurde, sich ohne Zusagen von Förderungen aus der Affäre zu ziehen.

Die Hoffnung, dass die rechtskonservative Regierung FPÖVP im Laufe der Zeit einen Lerneffekt erleben wird, kann aufgrund vielerlei Gründe von vornherein ausgeschlossen werden. Zum ersten, weil die real existierenden Grundsätze dieser beiden Parteien sich nicht an schöngeistigen und eigentlich als Selbstverständlichkeit betrachteten Präambeln orientieren, sondern an liberal bis populistischen und rechtsextremen Werten festhalten. Zum zweiten, weil die Vergangenheit zeigte, dass diese Parteien die Historie von MedienKultur vor mindestens einem halben Jahrhundert abgeschlossen haben und sich seither Dazulernen versagten. Zum dritten, hat diese Regierung innerhalb weniger Wochen ihr wahres Gesicht gezeigt und eindeutig angekündigt, worin die österreichische Medienlandschaft nicht münden wird: in Demokratie.

Was bisher geschah:

Zuerst hatte FP-Klubobmann Westenthaler die glorreiche Idee, der ORF müsse Regierungspressekonferenzen übertragen. Obwohl ihm die Sozialisten verhasst zu sein scheinen, konnte er sich demnach für die Idee des Staatsfunkes erwärmen. Bereits vor Veröffentlichung des exakten Kunstbudgets wurde bekannt, dass es beim experimentellen Film zu beträchtlichen Kürzungen kommen werde. Diese Attacke gegen eine Fülle kritischer, nicht mainstream-orientierter Medienprojekte kommentiert Kunststaatssekretär Morak laut Standard vom 1. 4. 2000 damit, dass es auch nicht angehe, ewig einen „künstlich geschützten RaumÓ für eine Struktur zu erhalten, die sich doch irgendwann selbst tragen sollte. Aus diesem Grundverständnis heraus ist wohl auch die Aussage Moraks zu deuten, dass die privaten kommerziellen Radios die einzig wirklich freien Radios seien. Eine Aussage, gemacht gegenüber dem Dachverband Salzburger Kulturstätten, die wohl die Förderabsicht und vor allem strukturelle Sicherstellung von Freien Radios klarstellen sollte.

Im Bereich der Netzkultur lässt sich Infrastrukturminister Schmid zu einer unmissverständlichen Erklärung, veröffentlicht im WirtschaftsBlatt vom 10. 3. 2000, hinreißen. Dieser Bereich wird laut seinen Aussagen auch ohne politisches Zutun florieren. Ein kostenloser Zugang alternativer NetzbetreiberInnen ans universitäre ACO-Net oder welche Leitungen auch immer, ist definitiv ausgeschlossen. Zum Stopfen der Finanzlöcher soll es zur Abschaffung des begünstigten Versandtarifs für Zeitungen und Zeitschriften kommen. Finanzminister Grasser übergibt die medienpolitische Verantwortung an die Post, die ihrerseits gerne den Zeitungen und Zeitschriften einen vergünstigten Tarif anbieten könne. Diese Änderung wird den meisten gemeinnützigen Printmedien den Todesstoß versetzen. Neben der Publizistikförderung, die, wie Robert Zöchling vom Verband alternativer Zeitungen und Zeitschriften (VAZ) meint, „selbst dann ein Skandal sei, wenn sich gerade keiner ereignetÓ, wird nun endgültig einem pluralistischen Mediensektor der Riegel vorgeschoben. Um nicht gänzlich des undifferenzierten Zudrehens beschuldigt werden zu können, sieht die Bundesregierung einem zukunftsorientierten Modell entgegen, dass Schafe von Böcken, in der Spache des VP-Klubobmann Khol, also förderungswürdige und nicht förderungswürdige zu trennen wissen wird.

No pasaran! Diese Regierung hat die gesellschaftspolitische Bedeutung von Medien erkannt und agiert mit Absicht gegen die Gebetsmühlen der alternativen Kultur- und Medienszene. Mit Absicht, um alles auszusaugen und mundtod zu machen, was andere Wahrheiten als ihre eigenen an die Öffentlichkeit tragen könnte.

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