Kriegsgeheul

Ich bin eine Person, die Fliegeralarm nur aus Dokumentationen und nicht aus Erfahrungen kennt, die noch nie mit ihrem Baby in einen kalten U-Bahn-Schacht flüchten, geschweige denn ernsthaft um ihr Leben bangen musste. Ist es dann eine große Leistung, ein Foto von sich, mit irgendwelchen Peace-Schildern posierend, auf Instagram zu posten? Wohl kaum. Ich stelle mir seit Kriegsausbruch die Frage, ob das vermessen ist. Lebe ich doch im Vergleich zu den Menschen in der Ukraine in großer Privilegiertheit. Doch ich habe gelernt: Es ist immens wichtig für die Menschen vor Ort. Das haben mir Freund*innen und Kolleg*innen, die nach wie vor im Land ausharren, versichert. Denn ihre größte Sorge ist, in Vergessenheit zu geraten. 

Ab 24. Februar haben wir Sozialorganisationen alles hochgefahren, was Menschen auf der Flucht vor Krieg benötigen. Leider haben wir damit viel Erfahrung. Dank des großen Engagements des Teams, vieler Freiwilliger und großer Spendenbereitschaft hat Vieles sehr gut funktioniert und das tut es nach wie vor. Das tut gut zu sehen! Aber dann kommt der Neid. Auch damit haben wir Erfahrung. Jetzt erhalten wir Nachrichten wie: „Kümmert’s eich um unsere Leit!“ oder „Die haben eh Autos, die können sich’s eh leisten. Seh ich ja, wegen denen find ich keinen Parkplatz mehr.“ …um nur ein paar Gustostückerl zu zitieren. 

Eine Unterscheidung in „unsere“ und „andere“ Leute ist problematisch. Auswirkungen können auch so aussehen: Russ*innen, die in Österreich leben, berichten uns davon, dass ihre Kinder angepöbelt werden. Jeder Krieg produziert viel zu viele Verlierer*innen – wir sollten gemeinsam darauf achten, dass es auf sicherem Boden nicht zu weiteren unnötigen Verletzungen oder gar Hetze kommt. Hier kann jede*r einen Beitrag leisten.

Außerdem: Wir haben die Hilfe für „unsere Leit“ um nichts gekürzt. Wer sich Sorgen macht, „unsere Leit“ könnten zu kurz kommen, ist herzlich eingeladen, auf den bekannten Websites einen Dauerauftrag einzurichten. Dort kann man auch nachlesen, dass wir die Hilfsbedürftigkeit aller Menschen prüfen. Unterstützung kommt dort an, wo sie gebraucht wird. Für alle Leute. Das garantiere ich. Nur für die Parkraumbewirtschaftung sind wir nicht zuständig. Sorry.

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