Es hätte so schön sein können. Ein Lehrstück zur Kulturpolitik schildert Klara Legen.
Ein Lehrstück zu Kulturpolitik und kommunaler politischer Kultur. Es hätte so schön sein können. Die Kitzmantelfabrik als Kunst- und Kulturhaus für eine Gemeinde, die lange für die Vielfalt der Kultur gekämpft hat. Insgesamt 10 Jahre wurde an diesem Projekt gearbeitet, um aus der alten Lederfabrik in Vorchdorf einen Ort für eine Kultur der Vielfalt zu schaffen.
Jetzt, nach einem Jahr Betrieb werden die Grenzen kommunaler Kulturarbeit deutlich. Bisher war ein Trägerverein für die gesamte inhaltliche und organisatorische Gestaltung verantwortlich. Richard Baldinger, Obmann des Kitzmantelfabrik- Trägervereins schreibt in seiner letzten Presseaussendung: »Kurz gesagt liegt die Verwaltung des Hauses nun beim Gemeindeamt, die inhaltliche Gestaltung aber weiter beim Verein!«
Wer sich nicht einfangen lässt, fängt eine! Ist das jetzt die Bankrotterklärung für die autonome Gestaltung der Kulturarbeit in Vorchdorf? Wenn der Bürgermeister Gunter Schimpl meint, dass »die Stimme des Vereins auch weiterhin gehört wird und es eine klare Mitsprache gibt«, klingt das wie eine Demontage der gerade erst beginnenden inhaltlichen Aufbauarbeit. Vor dem Hintergrund, dass er gerne kommunale Entwicklungen »einfängt« und in Vorchdorf seit der letzten Wahl als Bürgermeister fest im Sattel sitzt (den Sattel lieferten dankbarer weise die Grünen Vorchdorfs). Aus etwas distanzierter Betrachtung und natürlich vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftskrise stellt sich natürlich die Frage, ob zeitgemäße Kulturarbeit in einem 8000 Einwohnerinnenort überhaupt möglich ist. Noch dazu ist Vorchdorf ja jetzt Abgangsgemeinde. Damit teilt der Ort nun auch das Schicksal mit fast allen Gemeinden Oberösterreich. Doch wäre das wirklich nötig? Etwas Misstrauen gegenüber dieser strategischen Haltung der Gemeinde ist schon angebracht. Es gibt auch Aussagen aus ÖVP Kreisen, dass Vorchdorf mit Jahresende wieder ausgeglichen bilanzieren wird. Gleichzeitig wird unter vorgehaltener Hand darüber gesprochen, dass in diesem Zeitraum »der Wildwuchs« zurechtgestutzt werden kann.
Einfalt und Vielfalt kommunaler Kulturarbeit Es gibt in Vorchdorf aber eine bunte kulturelle Szene, außergewöhnlich aktive Gruppen, die ein Angebot an Kunst und Kultur aufrechterhalten, das weit über Vorchdorf hinaus Anklang findet. Die Kitzmantelfabrik sollte dafür eine neue eimat bieten. Aber haben diese Gruppen diese Heimat auch angenommen? Nach dem Abgang der Kitzmantelgeschäftsführung, die sich mit vollem Engagement dem Aufbau inhaltlicher Programme widmete, aber offensichtlich wenig Anknüpfungspunkte zu den lokalen Kulturschaffenden, Vereinen und auch Sponsoren finden konnten, steht der Verein jetzt vor einer schwierigen Herausforderung. Nachdem die Hoffnung, dass die bestellte Geschäftsführung primär für die Entwicklung und Auslastung des Betriebes sorgen würde, so offensichtlich gescheitert ist, die notwendigen finanziellen Mittel für Entwicklungen nicht da sind, der Vorstand des Kitzmantelvereins weit über ein ehrenamtliches Engagement gefordert war, scheint schon die Frage angebracht, ob Vorchdorf bereit war für die inhaltliche Ausgestaltung eines so großen Hauses. Etwas bauen und mit vielen netten Ansprachen zu eröffnen ist zwar ganz im Sinne der Politik, aber ein Haus zu beleben und langfristig im kulturellen Bereich zu positionieren ist eine langwierige und zeitintensive Arbeit. Das setzt voraus, dass von potenziellen Geldgeberinnen diese Arbeit auch wahrgenommen wird und auch honoriert und finanziert wird. Genau hier liegt leider auch der kommunale »Hund« begraben. Es wird von der Gemeindepolitik erwartet, dass die Bespielung ehrenamtlich organisiert wird. Diese Sichtweise kommunaler Politik führt letztendlich zum Scheitern der regionalen Bestrebungen, ein Haus dieser Größe langfristig erfolgreich zu entwickeln. Von der Politik ist hier auch kein Weitblick zu erwarten – in Vorchdorf schon gar nicht.
Von Querschaffenden und Kulturdenkern Gefragt sind neue Konzepte, die Kulturarbeit über das Ehrenamt hinaus ermöglichen und sich mit anderen Systemen vernetzen. Das setzt voraus, dass auch die Kulturschaffenden auf kommunaler Ebene beginnen, querzudenken und sich unabhängiger von den traditionellen Unterstützungssystemen machen. Zeitgenössisches Kunst- und Kulturschaffen braucht neue Rahmenbedingungen und neue Partnerinnenschaften, damit in Zukunft auch kommunale Angebote weiterentwickelt werden können. Das setzt voraus, dass es Menschen gibt, die sich dieser Herausforderung stellen möchten. In Vorchdorf besteht da durchaus Hoffnung.
An einem Strang – aber keinen Strick daraus drehen Das große Potenzial an Querdenkerinnen und professionell agierenden Kulturvereinen rund um die Kitzmantelfabrik kann der Schlüssel für die Zukunft der Kitzmantelfabrik sein. Es braucht jedoch auch Zeit und Begleitung, dass die Initiativen in der Fabrik eine gemeinsame Identität entwickeln können – hier gibt es bereits erste Ansätze für eine übergreifende Gesamtstruktur. Auch erscheint der Blickwinkel auf Kulturschaffen noch zu eingeschränkt. Hier muss sich Kulturarbeit noch stärker als wesentlicher Faktor der Regional- und Wirtschaftsentwicklung, Bildungs- und Medienarbeit positionieren –bisher kaum (bewusst) wahrgenommene ergänzende Betätigungsfelder. Wichtig ist, dass zusätzliche Geldquellen erschlossen werden, die Verknüpfungen und Ergänzungen zu bisherigen Finanzierungsstrategien erschließen und so langfristige Entwicklungen in der Fabrik ermöglicht werden können. Klar ist, dass diese Entwicklung von der Bevölkerung ausgehen muss, von Menschen, die Interesse an Vielfalt und Entwicklung haben – die Politik folgt dann schon nach…
Klara Legen lebt und arbeitet im Bezirk Gmunden.