Am 26. März 2010 hat die öffentliche Jurysitzung zum 15. KUPFInnovationstopf im Café zum Rothen Krebsen in Linz stattgefunden. Riki Müllegger stellt die jurierten Projekte vor.
Die Ausschreibung hat dazu eingeladen, sich mit dem Begriff Sicherheit und den implizierten Konsequenzen konkret auseinander zu setzen, Kontinuitäten, Parallelen, Abhängig- oder Widersprüchlichkeiten zu beleuchten, im eigenen Umfeld zu erkennen und wirksame Gegenstrategien zu entwickeln, um sich mühsam erstrittene Freiheiten nicht wieder weg sichern zu lassen. Die 5-köpfige Jury, bestehend aus Juliane Alton, Belinda Kazeem, Caroline Asen, Erich Möchel und Thomas Rammerstorfer hat aus den 30 eingereichten Projekten folgende 12 ausgewählt:
Der CamCatWalk, ein Kostümwettbewerb der bereits am 1. Mai stattgefunden hat, zeigte die neuesten datenschutzrelevanten Modekreationen und Verkleidungen. Die beste »Vermummung« wurde mit dem Oscar der Sicherheitspolitik: Der goldenen Sicherheitsnadel prämiert. Das Projekt CamCatWalk sollte eine Kritik am Vermummungsverbot und der Gewalteskalation seitens der Exekutive im Jahr 2009 transportieren, aber auch das macho-hafte »militante« Auftreten mancher Demoteilnehmer (»Schwarzer Block« zum Frühschoppen) sollte damit hinterfragt und letztlich auch der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Kollektiv Helletsgruber: camcatwalk.snusnu.info
Das Projekt Watchdogwatcher versucht mit mehreren Aktionen eine Plattform gegen die bedenklichen Entwicklungen der aktuellen Sicherheitspolitik der Stadt Linz zu etablieren. Mit verschiedenen Aktionen sollen die Auswirkungen der Einführung der Stadtwache beobachtet, die juristischen Grenzen aufgezeigt und den betroffenen Gruppen geholfen werden. Kritische Plattform Stadtwache Linz: www.stadtwachelinz.at
Wachschatten ist ein weiteres Projekt, das sich mit dem Thema Stadtwache beschäftigt. Im Fokus stehen dabei folgende Fragen: Wie salonfähig ist mittlerweile das Abgeben von ziviler Verantwortung an exekutierende Amtpersonen? Wie wirkt sich die Arbeit der Linzer Stadtwache auf die Zivilcourage der Linzer Bürgerinnen aus? Welche vergleichbaren Entwicklungen finden sich in der Geschichte? Nach einer ersten Bestandsaufnahme durch Befragungen folgt die eigentliche Mission der Wachschatten: Wir beobachten die, die uns beobachten und begleiten die Stadtwache. Social Impact Reloaded, Ulrike Hager: ulrike.hager@gmx.at
Der Verein Balloon Balloon plant die Errichtung der Online-Plattform Bildungsmagazin für Inneres als konzeptionellen Überbau zur Verwaltung und Vernetzung von Kunst und Kulturprojekten, die sich dem Thema Sicherheit aus unterschiedlicher – jedoch immer ironisch geprägter – Sicht nähern und das kulturelle Geschehen in Linz 2010 mitgestalten. Balloon Balloon: Helena Wimmer: helena.wimmer@gmail.com
Vorherrschende Sicherheitsdiskurse bedeuten für Migrantinnen systematische Unsicherheit. Diese wird dadurch normalisiert, gesellschaftlich verankert und zugleich unsichtbar gemacht. Das Projekt KEINE SORGE – Wir sichern eure Unsicherheit trägt die Auseinandersetzung mit der Frage nach der (Un-) Sicherheit von Migrantinnen in Österreich in die Öffentlichkeit und beabsichtigt die Erarbeitung von gegenhegemonialen Positionen und Interventionen. maiz – Autonomes Zentrum von & für Migrantinnen , Klub Zwei: www.maiz.at
Das Projekt alea iacta est – Mit Sicherheit ins Verderben möchte zur Sensibilisierung zum Themenkreis Privatsphäre und Datenschutz in den Regionen Vöcklabruck und Gmunden beitragen. Es werden Vorträge und Workshops angeboten, die der Durchnittsanwenderin sowohl ein erhöhtes Bewusstsein als auch einen kleinen digitalen Selbstverteidigungs- Werkzeugkasten mit auf den Weg geben. Begleitet wird das Projekt von einer Sendereihe im Freien Radio Salzkammergut. Verein Otelo: Roland Jankowski: roland@xaok.org
Projektgruppe Venus thematisieren anhand einer der »schwächsten« Gruppen der Gesellschaft, die sich im öffentlichen Raum bewegt, das Thema ANGST. Wo tritt sie auf und warum? Wovor haben junge Mädchen Angst? Das Projekt Habe ich hier Angst? gibt der Angst Raum und Zeit. Projektgruppe VENUS: Sylvia Aigner: sylvi.a@inode.at
Das Garstner HochUnsicherheitsmatch ist ein außergewöhnliches Fußballspiel, bei dem die Themen »Gerüchte«, »Vermutungen«, »Restrisiko« und »Unsicherheit« ins Zentrum gestellt werden. Auf dem Fußballfeld befinden sich nicht nur Fußball- sondern auch Schauspielerinnen. Der Spielablauf wird durch Interaktionen des Publikums gesteuert. Unsicherheit ist das zentrale Thema. Lokales KünstlerInnenkollektiv +Fußballverein SV – Garsten bernhard.schmalzel@aon.at
Das Bedrohungszenario in den Medien folgt immer der gleichen inneren Logik und Ästhetik der »Aktenzeichen XY«-Dramatisierungen, der Krimis oder Mafiafilme: Hinter der vertrauten Harmonie lauert das Verbrechen, bevorzugt in der Dunkelheit, »fremdländisch« aussehend, die »Insel der Seligen « Österreich von allen Seiten bedrohend. Im Projekt Dem Verbrechen auf der Spur erforschen die Userinnen von Pangea (viele davon Asylwerberinnen und Migrantinnen, und damit sehr gut ins mediale Bedrohungsbild passend) die Bilder des Verbrechens in der Öffentlichkeit, in Medien und in der Populärkultur. Pangea –Interkulturelle Medienwerkstatt: www.pangea.at
Die Idee der Betriebiclowns™ knüpft an den Diskurs rund um die zu Ende gehende Lohn- und Erwerbsarbeit in einer wissensbasierten Gesellschaft an. Die Betriebiclowns™ bieten ihre Dienste dort an, wo sie angesichts der schlimmsten Krise der Menschheitsgeschichte am meisten gebraucht werden: In jenen Betrieben, die um das nackte Überleben kämpfen und daher Mitarbeiterinnen abbauen müssen. Verein PH2, Leonding: Duschlbauer Th omas, Anglberger Carlos: geronimo.enterprises@gmx.at
Terrorist Tamagotchi ist ein Facebookspiel, das sich mit dem Th ema Bedrohung, Terror und Sicherheit beschäft igt und auf Basis realer Bezüge durch die Online-Medienwelt Freundinnen von Facebook einbindet, um für mehr »Sicherheit« zu sorgen. Dabei geht es darum, Entscheidungen zu treff en, was als Bedrohung gilt und Punkte zu sammeln, um dem Innenministerium (eine Spielerin mit dieser Rolle) so zu mehr Überwachungstechnologie zu verhelfen. Was dabei aber passieren kann, ist, dass man ganz unfreiwillig als Bürgerin die »nichts zu verbergen hat« selbst in das Netz der Verfolgten geraten kann. servus.at – Kunst & Kultur im Netz www.servus.at
Der Zusammenhang zwischen Migration und innerer Sicherheit ist komplex, wird aber immer wieder politisch simplifiziert. Das Projekt Unsere tägliche Verunsicherung gib uns heute… will durch Irritationen, Absurditäten, Ironie und Protestdramaturgien aktuelle neoliberale Sicherheitskonzepte und ihr Verhältnis zu Migration, Geschlecht, Bio-Sicherheit, die Rolle staatlicher und nicht-staatlicher Gewalt, postkolonialer Subjektivität und staatlicher Legitimation im spezifi schen Kontext der »Sicherheitsgesellschaft en« problematisieren. Forum Interkulturalität / migrawood: Marissa Lobo: forum@servus.at
Detaillierte Beschreibungen zu den Projekten und Infos zu den Projekträgerinnen gibt’s unter: Jurierte Projekte 2010
Riki Müllegger ist Mitarbeiterin der KUPF, Projektleiterin des KUPF Innovationstopfes und im Vorstand Kino Ebensee.