Schon wieder: Gender Mainstreaming!

 

… oder die Sache mit dem Geld.

Von Eva Gütlinger

Immer wieder in Diskussion: Gender Mainstreaming, Gender Budgeting, Gender Strategien, Gender Statistik …

Zur Erklärung für all jene – und es sind immer noch viele*, also (kein) Grund zur Beunruhigung – die noch nicht wissen, was Gender Mainstreaming (im folgenden GM) ist: GM geht davon aus, dass die Unterschiede zwischen Frauen und Männern zumindest zu einem großen Teil durch Verhalten und kulturelle Gegebenheiten geprägt sind. Das biologische Geschlecht (sex) und das soziale Geschlecht (gender) werden voneinander unterschieden. Was Frauen und Männer ausmacht, hat also mit unserer Gesellschaft und ihren Rollenbildern zu tun. Ein Stück weit werden diese Rollenbilder durch die GM-Betrachtung aufgelöst, de-konstruiert.

Strategie des GM ist es soziale Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern in allen Bereichen und allen Planungs- und Entscheidungsschritten gleichermaßen wahrzunehmen und zu berücksichtigen. Nicht mehr einen Mitleids-Förderungstopf für alle zu kurz Gekommenen (Frauen, Kinder, Behinderte und AsylwerberInnen wie sie in dieser Form so gern in einem Atemzug genannt werden), sondern ein Recht auf gleiche Chancen und Möglichkeiten. Ansätze gibt es in jedem Politikbereich. Nicht mehr Traditionen sind ausschlaggebend, alle Vorhaben werden auf ihre möglichen Auswirkungen überprüft und so gestaltet, dass sie möglichst allen Menschen gleichermaßen zugute kommen.

Ein besonders wichtiges Handlungsfeld für die Umsetzung von gesellschaftlichen Interessen ist natürlich das Budget. Über Budgets werden Handlungsmöglichkeiten verteilt. Die Höhe des verfügbaren Geldes beweist schlussendlich die Ernsthaftigkeit von Vorhaben und politischen Zielen. Haben oder nicht-haben entscheidet über Teilnahmechancen.

Ich gehe davon aus, dass nur wenige EntscheidungsträgerInnen bewusst Frauen oder Männer bevorzugen oder benachteiligen. Allerdings sind es tief verankerte Muster, die unsere Vorstellungen von Gerechtigkeit und Qualität prägen. Diesen unbewussten Denkmustern ist am besten durch die Darstellung von Fakten und Zahlen beizukommen, durch Gender Budgeting. Budgets haben unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer, über die Zahlen wird Politik gemacht. Selbst auf den ersten Blick geschlechtsneutral formulierte Gesetze nützen unterschiedlichen Zielgruppen. Ein Gleichstellungsprozess beginnt daher immer mit der Analyse der bestehenden Verhältnisse.

Das Land Oberösterreich hat eine Gender Budgeting Studie über die Ausgaben der Bereiche Bildung, Gesundheit und Sport vorgelegt. Die politische Umsetzung und eine Ausweitung auf die Kultur lassen allerdings noch auf sich warten. Linz Kultur gibt einen alljährlichen Bericht zur Symmetrie der Geschlechter in den städtischen Aktivitäten und Förderungen heraus. Wenn auch immer noch mehr Geld (z.B. bei Kunstankäufen) männlichen KünstlerInnen zur Verfügung gestellt wird, so ist im Verlauf der Jahre doch eine positive Entwicklung in Richtung Gleichstellung zu beobachten. Es ist auch für EntscheidungsträgerInnen unangenehm, wenn die Statistik klare Worte der Ungerechtigkeit spricht. Denn niemand behauptet, dass z.B. KünstlerInnen weniger hochwertige Kunst produzieren. Oder Künstler nicht ebenso gern in Karenz gehen wollen. Förderung soll daher dort stattfinden, wo sie gebraucht wird und zwar für Frauen wie für Männer. Natürlich ist es mit der Analyse nicht getan. Wenn sich in der Analyse der Budgets ein Ungleichgewicht zeigt, sind Handlungsschritte nötig. Manchmal auch Entwicklungsförderung und Ermutigung.

Dabei darf eines nicht vergessen werden: GM ist eine Strategie. Die konkreten Inhalte und Ziele müssen von den handelnden AkteurInnen kommen. Welches Rollenbild und welche gesellschaftlichen Vorstellungen einfließen, ist immer wieder kritisch zu hinterfragen. Gender ist vielleicht kein Wunderwerk, keine Wunderpille, die alles gut macht. Vielleicht sogar ein Placebo. Aber wie wir aus der medizinischen Forschung wissen, sind Placobos oftmals sehr wirksam.

Auch wenn es manchmal unbequem ist: GM ist eine Strategie, die auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Gesellschaft unterstützt. Und darum geht es schließlich auch in der
Kulturarbeit. Oder?

* Ich persönlich vertrete die These, dass 90 % der österreichischen Bevölkerung nicht wissen, was Gender Mainstreaming ist. Lasse mich aber gern vom Gegenteil überzeugen!

Eva Gütlinger ist Erwachsenenbildnerin, Gender-Trainerin, Kulturarbeiterin und Coach. www.eva.guetlinger.com

 

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