Nachrichten aus einer Zeit, als die KUPF-Zeitung noch gar keine war.
von Andi Wahl
Anlässlich der einhundersten Ausgabe der KUPF-Zeitung ersuchten wir einen altgedienten KUPF-Aktivisten, sich ein wenig im KUPF-Archiv umzusehen. Beim Stöbern erinnert sich ein KUPF-Methusalem an alte Zeiten. Herausgekommen ist ein sehr persönlicher Erinnerungsbericht.
Da Bescheidenheit eine Zier ist, und sich die KUPF nicht der Hoffahrt schuldig machen möchte,1 hat diese Ausgabe der KUPF-Zeitung weder einen Goldrand noch einen Lorbeerkranz auf der Titelseite. Grund genug gäbe es, dies ist nämlich die Nummer 100 dieser Schrift für Kulturpolitik und Emanzipation und gegen Sumpertum und Gegenreformation. Aber anstatt Prunk und Glorie zu verbreiten, habe ich mich in das KUPF-Archiv begeben, um den Anfängen dieses ruhmvollen Blattes ein wenig nachzuspüren.
Und wie immer bei solchen Ereignissen ist alles wieder einmal nicht genau so wie es scheint. Das soll aber der fröhlichen Feier keinen Abbruch tun. Den Jahrtausendwechsel haben wir ja schließlich auch ein Jahr zu früh gefeiert, ohne dass uns der Himmel auf den Kopf gefallen ist. Bei der Kupf-Zeitung sind wir indes eine Nummer zu spät dran. Es gab nämlich im März 1988 eine Null-Nummer, Sie halten also die einhundertunderste Ausgabe in den Händen. Die erste Ausgabe wurde damals unter anderem produziert, um den Zeitungsversandtarif bei der Bundespost zu erwirken. Und schon damals gab es Schwierigkeiten mit dem Postzeitungsversand. Es gelang nämlich erst nach einigen Anläufen diesen zu erreichen.
Kultur ist Provokation
Diese Nullnummer vor Augen steigt plötzlich das Bild einer Organisation aus den Niederungen meines Erinnerungsvermögens auf, das ich schon längst vergessen glaubte. Günther Stockinger (damaliger Halbtagessekretär) besorgte das Layout, und es sieht aus, als ob er es in einer Pause zwischen Holzhacken und schwarz Plakatieren gemacht hätte. Voll selbstbewusster Grobheit und entwaffnender Selbstüberzeugung. Günther, der mittlerweile ein „MAS“ hinter seinen Namen setzt und zu Zukunftsseminaren auf die Trauminsel La Palma einlädt (4,5 Tage VisionsWerkstatt im Haus „Horizonte“ direkt am Meer, incl. Vulkanwanderung + Entschleunigungs- & Integrationstag) war damals der Pulsschlag einer Organisation, die an Witz und Frechheit kaum zu übertreffen war. So proklamierte sie damals beispielsweise als Jahresmotto „Kultur ist Provokation“ – und hielt sich auch daran. Aber das war erst ein Jahr später, bleiben wir noch bei dieser Null-Nummer: Hier erfahren wir nämlich, dass die KUPF-Zeitung von ihren Machern nicht als Zeitung, sondern als internes Mitteilungs- und Diskussionsforum gedacht war. Demgemäß hieß sie auch „KUPF-INFO“. Um es allen leichter zu machen, hat Günther Stockinger alle Artikel und Mitteilungen, die für die Mitgliedsvereine Arbeit bedeuten, und die man daher auf jeden Fall lesen musste, mit einem großen, eingeringelten A (für „Arbeit“) versehen. Dieses Zeichen für Anarchismus hat damals ein leicht verwirrtes Raunen bei manchen Kulturinitiativen ausgelöst. Einige fürchteten, von Stockinger in anarchistische Kreise „vazaht“ zu werden. Ihn beeindruckte das nicht weiter. Er praktizierte damals wohl schon, was später von Franz Primetzhofer als „produktive Basisignoranz“ bezeichnet werden sollte (oder hieß es „progressive Basisignoranz“ – ich weiß es nicht mehr, aber im Selbstverständnis der handelnden Personen betrieben sie ohnehin beides). Der Nullnummer lag auch noch ein Aufruf bei. Man sollte an den ORF appellieren, dass dieser doch mehr Jazz spielen möge.
In der Nummer drei des KUPF-INFOs findet sich ein achtseitiger, engbedruckter Text von Franz Primetzhofer, der einen Entwurf für ein KUPF-Entwicklungskonzept darstellte. Noch in der selben Nummer wird er von Martin Reiter (Kanal-Aktivist der ersten Stunde) auch schon kritisiert. Die beiden zerstritten sich später so, dass sogar des öfteren vom Umbringen gesprochen wurde. Die fünfte Ausgabe, der mittlerweile monatlich erscheinenden Informationsschrift, beinhaltet eine bemerkenswerte Solidaritätsleistung: Drei Vereine (KI-Bad Zell, KI-Vöcklabruck und Roßmarkt-Grieskirchen) zwackten Teile ihrer Subvention ab, um das Geld einem vierten (Kanal-Schwertberg), der damals keine Subventionen bekam, als zinsenfreien Kredit zu überlassen. Damit zwangen sie den damaligen Landeskulturreferenten LH Ratzenböck, den Kanal auch als förderwürdiges Projekt anzuerkennen. Ebenfalls in der selben Nummer: der Abdruck eines Solidaritätsschreibens vom damaligen Obmann Franz Prieler (auch heute noch Schutzheiliger der KUPF), das er an die Staatsanwaltschaft richtete. Der Kanal Schwertberg war in die Fänge der Justiz geraten, weil er religiöse Gefühle verletzt hatte (er hatte Pornodarstellungen der „Heiligen Familie“ an Pfarrer und Gemeinderäte verschickt). Prieler bestreitet in seinem Solidaritätsschreiben gar nicht, dass der Kanal gegen geltendes Recht verstoßen hat – er geißelt das Gesetz als mittelalterlich!
Bei der Nummer 17 (wir schreiben mittlerweile das Jahr 1989) kommt plötzlich Leben ins noch immer grobe Layout. Diese Neuansätze verschwinden aber schnell wieder. Die Nummer 23 kündigt die Vergabe von Kulturförderpreisen an das Jazzaltelier Ulrichsberg, die Localbühne Freistadt und den Kanal Schwertberg an. Anlässlich der Preisübergabe durch LH Ratzenböck zieht Kanalaktivist Harald Reisinger plötzlich ein Schwert aus einem überdimensionalen Blumenstrauß (der von meiner Wenigkeit getragen wurde) und richtet es gegen den Landeshauptmann. Die Anwesenden halten kurz den Atem an, atmen dann aber auf, als Reisinger das Schwert umdreht und es dem Landehauptmann schenkt. Der Witz bei der Sache war, dass kurz vorher ein konservativer, deutscher Politiker mittels eines in einem Blumenstrauß versteckten Messers niedergestochen worden war. Wir fanden es lustig. Noch lustiger war aber, dass wir bei der Hinfahrt beinahe den Schwertberger Bürgermeister in den Straßengraben drängten.
In der Nummer 30 taucht dann endlich die erste als bedeutend anerkannte Frau auf: Edith Ertl-Hofinger übernahm die Geschäftsführung der KUPF und brachte das KUPF-Büro von Grieskirchen nach Linz. Sie führte mittels eines Atari-Gerätes das computerunterstützte Layout in die Geschichte der KUPF-Zeitung ein. Später wollte ihr Ehemann alle Kulturinitiativen auf Atari umstellen. Das haben sie sich aber nicht gefallen lassen. Im KUPF-Büro mussten sich die Leute aber noch lange mit Atari-Programmen herumärgern.
Mit der Nummer 50 endlich, und mit dieser will ich meine kleine Schau beenden, wird die KUPF-Zeitung in etwa zu dem, was wir heute kennen. Ab dieser Nummer wird das KUPF-Info zur Zeitung, die sich hauptsächlich an eine interessierte Öffentlichkeit wendet und nicht mehr ausschließlich an die Mitgliedsvereine. Günther Mitter war es, der, in seiner Funktion als Geschäftsführer, diese Metamorphose bewerkstelligte. Auch sonst hat sich einiges geändert in der KUPF. Das von Günter verfasste Editorial zeugt davon. „Die KUPF liegt im Wind“ heißt es da zum Beispiel, und dass „die liberale und offene Kulturpolitik des Landes“ die KI’s „finanziell lebendig“ hielte. Und der KUPF wird in ihrer eigenen Zeitung von ihrem eigenen Geschäftsführer ein „kooperatives Verhältnis mit dem Land OÖ“ beschieden. Günter habe ich vor kurzem wieder einmal getroffen, wenn auch nur virtuell. Ich habe eine Homepage der ÖVP gecrackt (ich habe eine Methode entwickelt, um Zugang zu passwortgeschützten Homepages zu erlangen – nur so eine Spielerei von mir). Und da erschien mein alter Freund als Mitglied des „Netzwerk Zukunft – ÖVP“. Leider war er für die letzte Sitzung entschuldigt. Aber ich weiß zumindest was er so treibt, mein alter Don Camillo.
1 Immerhin kann es ja sein, dass Andreas Khol demnächst den Lieben Gott in die Verfassung aufnimmt und dann kehren bei uns vielleicht wieder alttestamentarische Zustände ein. Da sollte man sich hüten, sich durch eine Todsünde den Zorn Jehovas zuzuziehen.