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Ein Bettelverbot kommt selten allein

Wie beim Domino fällt ein Bundesland nach dem anderen und führt mehr oder weniger strenge Bettelverbote ein. Jahrelang wurde gegen BettlerInnen mobilisiert. Krone, FPÖ und Teile der ÖVP orten eine organisierte Mafia, die arme BürgerInnen aus Osteuropa nach Österreich karrt und zum Betteln zwingt. Um die angebliche Ausbeutung zu unterbinden wird der scheinbar einfachste Schritt gesetzt. Der Umgang mit dem Thema ist beispielhaft für die Kopf-in-den-Sand-Politik Österreichs. Denn die Gründe sind so vielschichtig, dass eine echte Lösung der Frage viel Kapital erfordern würde: finanzielles und vor allem politisches.

Kernproblem ist die Ratlosigkeit der EU im Umgang mit einem Teil ihrer BürgerInnen: den Roma, Sinti und anderen, die durch die Etablierung der Nationalstaaten und die z.T. willkürlich gezogenen Grenzen und damit verbundenen Reisebeschränkungen ihrer Art zu Leben beraubt wurden. Besonders in Ungarn, Rumänien und der Slowakei wurden die ehemaligen Nomaden zu Ausgestoßenen und Verfolgten. Zuerst von den realsozialistischen Regimen zur Sesshaftigkeit gezwungen, fielen sie nach der Wende endgültig durch den Rost der neuen Zeit. Sie sind dazu bestimmt von mickriger Sozialhilfe zu leben ohne Aussicht auf Veränderung. Rechte Schlägertrupps machen Jagd auf sie und kein Wahlkampf wird ohne sie geschlagen, keine Wahl ohne sie gewonnen.

Ein minimaler Prozentsatz nutzt die einzige Freiheit die ihnen die EU wiedergegeben hat: die Freiheit zu reisen und – bis vor kurzem – die Freiheit zu betteln.

Mit den Bettelverboten wird versucht ein Stück Menschheitsgeschichte abzuschaffen: das zweitälteste Gewerbe der Welt und manchmal einfach nur eine verzweifelte Reaktion auf eine akute Notsituation. Erbärmlich ist die Herangehensweise und doch mittlerweile eine der großen Konstanten österreichischer Innenpolitik: Sozialpolitischen Problemen wird mit ordnungspolitischen Maßnahmen begegnet. Und die anständige Mehrheit freut sich, dass ihr der Anblick der Armut künftig erspart bleibt.

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