Sharing is caring
An einem etwas trüben Märzabend vor sechs Jahren saß ich mit einer Kolleg*in in der Redaktion. Wir bearbeiteten einen Text zu einem Thema, das wir wichtig fanden, für das wir uns aber kein Massenpublikum erhofften. Es sollte anders kommen. Eines Samstagmorgens ging der Text dann online, bei Facebook. Er wurde geteilt. Dann wieder. Dann immer wieder. Binnen weniger Stunden erreichte der Artikel eine halbe Million Zugriffe. Eine Sensation.
Solche Volltreffer sind auf Facebook leider selten geworden. Mark Zuckerberg ließ in den vergangenen Jahren den Algorithmus immer wieder ändern, angeblich um Posts von „Freund*innen und Familie“ Priorität einzuräumen. Unabhängigen Medien drehte er damit die Reichweite ab, ebenso wie NGOs und Kulturinitiativen. Wer auf Facebook Erfolg haben will, muss heute Werbegeld ausgeben.
Auch andere soziale Netzwerke sind kaum zuverlässiger. Seit Elon Musk Twitter regiert, ver- abschieden sich Institutionen und viele Nutzer*in- nen, rechte Trolle übernehmen das Ruder. Wohin soll sich jemand wenden, der*die kritische Texte unter die Leute bringen will? TikTok und Insta- gram sind Aufmerksamkeitsfresser, die kaum Besucher*innen auf andere Websites bringen. Weitere Kanäle wie Blue Sky oder Mastodon sind erprobenswert, aber noch nicht unbedingt breitenwirksam.
Was können wir also tun, damit kritische Medien und Kulturinitiativen ein größeres Publikum erreichen? Sharing is caring. Wer einen guten Text in einer kleinen, unabhängigen Kulturzeitschrift liest: bitte teilen. Wer etwas von einer spannenden Aktion erfährt: bitte per Mail oder via Whatsapp weiterschicken. Spannende Dinge weiterzugeben ist kein Spam. Und bitte abonniert den Newsletter, auch wenn nicht jede Mail interessant für euch ist.
Mehr noch, wir brauchen eine Abkehr von der Verteillogik des Social-Media-Zeitalters. Scrollen und Klicken allein vermittelt kaum die Wertigkeit kritischer Arbeit. Wenn Menschen in unserem Umfeld schöpferische und organisatorische Leistungen bringen, braucht das Wertschätzung und Feedback. Ein Like und ein Daumen-nach-oben-Emoji reichen nicht.