Ob der Plan der Kultur dienlich ist fragt Andi Liebl
In der ersten Gemeinderatssitzung nach dem Sommer beschließt der Steyrer Gemeinderat die Erstellung eines Kulturentwicklungsplans (KEP). 22.000 Euro ist das der Stadt wert. Mitte bis Ende 2003 soll der fertige KEP am Tisch liegen. Ob der Beschluss des entstehenden Planes noch in dieser Amtsperiode gefasst werden kann, ist fraglich; im September ’03 wählt die Stadt Steyr ihren Gemeinderat neu.
Steyr bekommt einen Kulturentwicklungsplan. Nicht schlecht könnte mensch meinen. Schließlich wird dieses Thema schon seit Jahren zwischen freier Szene und Stadtpolitik verhandelt und gerade auch von der Freien Szene gewünscht.
Hintergrund dieser positiven Grundhaltung der Freien Szene für ein solches Projekt ist die Unzufriedenheit mit der seit Jahren gegenwärtigen Kulturpolitik. Fehlende Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Mittel, fehlende Bekenntnisse für eine produzierende Kulturszene, eventorientierte städtische Kulturabteilungen, parteipolitisches Geplänkel um Förderung zeitkultureller Innovationen, Undurchsichtigkeiten innerhalb des Kulturbudgets, Kulturausschusssitzungen hinter verschlossenen Türen und keine Wertschätzung gegenüber parteipolitisch unabhängig agierenden freien Einrichtungen.
Mit einem Kulturentwicklungsplan verknüpft ist das Anliegen, die Aktivitäten und das gesellschaftspolitische Engagement der freien Szene zu manifestieren, in Kultur mehr zu sehen als einen Faktor für Tourismus sowie eine längst überfällige Auseinandersetzung über das Kulturbudget der Stadt zu führen. Laut Kulturausschussmitglied und Grün-Gemeinderat Andreas Kupfer besteht gerade beim letzten Punkt Grund zur Sorge. Eine Erhöhung des Kulturbudgets ist nicht in Sicht. Mit welchem Geld Maßnahmen zur Umsetzung des KEP bezahlt werden sollen ist unklar. Auch Kulturstadtrat Ing. Dietmar Spanring blieb in der Beantwortung dieser Frage kryptisch: „… im Rahmen der Möglichkeiten.“ Diese Möglichkeiten sind seit Jahren bekannt; sie lassen keinen Spielraum zu.
Auch die Erfahrungen aus der Vergangenheit geben Grund zur Skepsis. Im Jahr 99 hat die Stadt Steyr zu einem Kulturgespräch geladen und nach Bedürfnissen und Wünschen der Kulturszene gefragt. Weder ist es seither zu weiteren Gesprächen gekommen noch ist etwas mit den damals gesammelten Inhalten passiert.
Im Jahr 2000 lud der Kulturverein Akku mit dem Forum Freie Szene zu einem kulturpolitischen Round Table und zu einer gemeinschaftlichen (Stadt sowie freie Vereine) Betreuung des Kulturquartals. Das Kulturquartal sollte in vierteljährlichen Abständen einen kulturpolitischen Dialog am Leben erhalten; der Einladung ein solches Quartalsgespräch vorzubereiten und umzusetzen kam, die Stadt nicht nach. Der Pflege der Beziehung Stadt – Freie Szene nahmen sich allein Akku, Röda und Dominikanerhof an.
Im April dieses Jahres (2002) lud die Stadt zu einer „Zukunftskonferenz“. Rund 80 SteyrerInnen aus verschiedensten Gesellschaftsbereichen brachten sich drei Tage lang in einen moderierten und gesteuerten Prozess ein. Übrig geblieben ist ein Protokoll auf der Homepage der Stadt Steyr (http//www.steyr.at) und eine Stellenausschreibung für eine/n StadtmarketingmanagerIn. Die erarbeiteten Inhalte sowie die Erhaltung der partizipativen Dynamik blieben auf der Strecke. Interessant noch zu erwähnen, dass Kultur damals als ein sehr intensiv behandeltes und als ein sehr wichtig gereihtes Thema dargestellt wurde.
Im Juni dieses Jahres wurde seitens der Stadt zur Präsentation des Prozessdesigns zur Erstellung eines Kulturentwicklungsplanes geladen. Allerdings sehr selektiv. Der Hauptteil der Anwesenden repräsentierte Traditionsverbände (Kärntner Sängerlust,…) und nur ein Bruchteil kam aus dem Bereich Zeitkultur (Röda, Akku, …). Auf das Miteinbeziehen einer interessierten Öffentlichkeit wurde gänzlich verzichtet.
Verwunderung besteht auch hinsichtlich der Zielsetzung und Abwicklung der Erstellung des Kulturentwicklungsplans. Eine lockere Kommentierung des Plans zum Plan: + „Ziel: Leitlinien für die kommunalpolitische Steuerung der Stadt Steyr in ihrer Identität als Standort für Kunst und Kultur für die nachfolgenden 10 bis 15 Jahre.“ – Die Frage der Zielsetzung ist auch eine des Erfolgs. Als KulturarbeiterIn sowie als Kulturinitiative möchte ich natürlich nicht gesteuert werden, sondern selbst steuern. Was Kommunalpolitik jedoch machen kann, ist ein positives Klima für Entfaltung und Entwicklung zu schaffen. Zum Beilspiel über Förderansätze, Schwerpunktsetzung und Wertschätzung. + „Schritt 1: Erstellung eines Prozessdesigns, Vorstellung innerhalb des Magistrats, Beschluss durch den Gemeinderat.“ – Die Einbeziehung der Kulturschaffenden hätte schon in diesem Schritt passieren müssen. Das wäre die notwendige Grundlage für die weitere Identifikation mit dem Prozess gewesen. + „Schritt 2: Untersuchung der historischen Prägung der Stadt in Belangen von Kunst und Kultur.“ – Eine spannende, herausfordernde Aufgabe. Es erweckt jedoch den Eindruck, den Blick nach vorne und auch nach außen zu scheuen. + „Schritt 3: Beschreibung der Aktivitäten einzelner Abteilungen des Magistrats der Stadt Steyr (Kontext Kunst und Kultur).“ – Da müsste doch noch einiges an Aufzeichnungen aus der durchgeführten Organisationsentwicklung des Magistrats herumliegen. Vielleicht spart das Arbeit. + „Schritt 4: Formulierung eines Grundlagenentwurfs“ – Die Entwicklung des Grundlagenentwurfs muss vielschichtige Möglichkeiten zur Partizipation bieten. Sonst kann der Entwurf nicht mehr sein, als ein internes Arbeitspapier, das neben der Realität vorbei in den Schubladen verschwinden wird. + „Schritt 5: Veröffentlichung des Grundlagenentwurfs mit der Bitte um Expertenbeiträge“ und + „Schritt 6 : Einarbeitung der Resultate in den Grundlagenentwurf“ – Selbst ExpertInnen profitieren von einer Diskussion. Es ist eine vergebene Chance in dieser komplexen Angelegenheit einen anonymen Beitrag einem breiten Austausch vorzuziehen. Außerdem: Auf eine Teilnahme von Frauen und Männern im ausgewogenen Verhältnis sowie die Berücksichtigung marginalisierter Bevölkerungsgruppen muss geachtet werden; auch wenn das als vollkommen logisch erscheint. Deshalb sollten wir auf diese ExpertInnen nicht vergessen. + „Schritt 7: Präsentation und Beschluss des fertigen KEP im Gemeinderat“ und „Schritt 8: Veröffentlichung“ – PolitikerInnen sollten sich darüber im Klaren sein, dass einem Plan meist auch die Umsetzung folgt. Formulierte Ziele sind in Handlungsschritte zu zerlegen und entsprechend zu finanzieren. Eine Identifikation mit dem festgelegten Prozess seitens der Kulturschaffenden ist schwer auszumachen. Die vom Kulturverein Röda eingebrachte Kritik, auf partizipatives und geschlechtlich ausgewogenes Vorgehen in der Ausarbeitung des KEP zu achten, wurde diesmal nicht ignoriert, sondern mit einem untergriffigen Schreiben seitens der Stadt entgegnet. Und das ist nicht die Form von Beziehungsarbeit, die auf ein konstruktives Miteinander baut.
Die Voraussetzungen vieles besser zu machen sind also gegeben. Ob dies allerdings vor dem Hintergrund der KEP Entwicklung passiert und darüber hinaus auch noch zu einer Verbesserung der städtischen Kulturpolitik führt, muss leider bezweifelt werden.
Andi Liebl