Euch gibt’s noch im Print?

Ist diese Zeitung noch zeitgemäß? Bernhard Frena, Chefredakteur von The Gap, über das Arbeiten für Print-Magazine.

Heutzutage sind Printmagazine für die wenigsten noch Leitmedien. „Das Medienverhalten hat sich eben geändert“, heißt es da oft lapidar. Hin zum Internet. Wenn Print nicht mehr zeitgerecht ist, sollten wir ihn dann nicht lieber aufgeben? Angesichts der Klimakrise schwingt zudem der ökologische Gedanke mit: Für ein Magazin wie die KUPFzeitung müssten im Jahr – je nachdem, wessen Schätzungen man glauben möchte – zwischen 20 und 40 Bäume gefällt werden. Nun wird die KUPFzeitung zwar löblicherweise auf Recyclingpapier gedruckt und ein KultUrWald (Details auf Seite kulturwald.at) soll die nichtsdestotrotz anfallenden Wasser-, Strom- und Transportkosten ausgleichen. Trotzdem: Ein Magazin zu drucken kostet zusätzliche Arbeit, Geld und Ressourcen.

Ist Print das wert? JA!
Grund Nummer eins: Print ist nachhaltiger – im physischen Sinn. Während eine Website jederzeit offline gehen kann, Artikel verändert werden und nachträglich völlig umgeschrieben werden können, sind Printmedien in einer ganz anderen Form dauerhaft. Sie können gesammelt, katalogisiert und selbst Jahrzehnte später noch in der gleichen Form nachgelesen werden, in der sie einst veröffentlicht wurden. Sie sind physische Fakten eines öffentlichen Diskurses.

Grund Nummer zwei: Print ist ein abgeschlossenes kuratiertes Objekt. In gleicher Weise wie Online-Medien ständig wandelbar sind, sind sie auch fundamental offen in ihrer Form. Sie müssen sich an verschiedene Ausgabegeräte anpassen – mit variablen Layouts, algorithmischen Anordnungen und dynamischen Inhalten. Das hat viele Vorteile, widersetzt sich aber grundlegend einer bewussten Kuration. Im Print muss jeder einzelne Artikel an einer bestimmten Stelle, in einem bestimmten Layout, mit bestimmten Bildern gesetzt werden. Menschen müssen entscheiden, was Platz im Magazin hat, wie es aussieht und in welcher Reihenfolge es vorkommt.

Grund Nummer drei: Print sorgt für eine strukturierte Medienlandschaft. Dadurch, dass Printmedien in einem festgelegten Rhythmus erscheinen, benötigen sie dauerhafte Strukturen, in denen Menschen kontinuierlich beschäftigt werden. Das führt einerseits zu geregelten Einkommensquellen und andererseits zu Redaktionen, die ein bewusstes Interesse daran haben, diese Strukturen auch zu erhalten. Das bedeutet Nachwuchs auszubilden, Blattlinien zu etablieren, Redaktionsabläufe weiterzugeben.

Kompromisse und Qualität
Genau dieses System gerät mit der Verschiebung der Aufmerksamkeit und damit der  Werbebudgets hin zu Online-Medien ins Wanken. Wo sich früher selbst kleinere Magazine mehrere angestellte Redakteur*innen leisten konnten, muss heute die überwiegende Mehrheit als Freie ihr Geld verdienen. Ständig müssen Kompromisse eingegangen werden: Welche Honorare sind bezahlbar und noch irgendwie vertretbar? Wie vielen Fotograf*innen kann diesmal einen Auftrag gegeben werden? Wie kritisch kann über eines der wenigen Unternehmen, die noch regelmäßig Werbung schalten, berichtet werden? Das schadet der Qualität vieler Printmedien und führt zu einer weiteren Abwanderung in Richtung der Online-Medien.

Der Staat, der hier regulierend eingreifen könnte, tut dies nicht oder nur ungenügend. Weder The Gap noch die KUPFzeitung erhalten derzeit eine Journalismusförderung. Zu klein, zu sehr Nische, zu wenig öffentliches Interesse. Und allein der Versuch, Förderungen einzuwerben, kostet ohnehin nicht vorhandene Zeit und schlussendlich Geld.

The Good, the Bad and the Ugly
Neulich hat mich eine Bekannte gefragt, was „the good“, „the bad“ und „the ugly“ an der Arbeit als Chefredakteur von The Gap seien: „Ugly“ ist, ständig Kompromisse eingehen zu müssen, um das Rad des Publizierens am Laufen zu halten. „Bad“ ist der Stress, unter dem dieses Rad mit zu viel Arbeit und zu wenig Budget ständig angeschoben werden muss. „Good“ ist aber das Magazin, das ich dann alle zwei Monate in den Händen halten kann. Das die ganze Arbeit, die hineingeflossen ist, widerspiegelt. An dem nicht nur meine, sondern die Fingerabdrücke einer Vielzahl von Menschen kleben. Das Leser*innen und Mitarbeiter*innen ein kontinuierliches, verlässliches, beständiges und wertschätzendes Medium bietet. Und all das wiegt all das Hässliche und Schlechte für mich auf, lässt es die notwendige Arbeit und die notwendigen Kompromisse wert erscheinen. Zumindest noch.

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