Kuchen und Würstel in Zombiestadien

Vom Bibliothekenverband und der Bauernkapelle über den Wirtschaftsprofessor zum Landeskulturbeirat herrscht Einigkeit: Es braucht Kultur in Oberösterreich. Wie, warum und wo?

Sabine Derflinger, Wiltrud Hackl, Franz Koppelstätter, Hubert Nitsch, Harald „Huckey“ Renner und Dominika Meindl nehmen Stellung.

 


 

Heimatzerstörung

Sabine Derflinger: Autorin, Regisseurin. Foto: Petro Domenigg

Oberösterreichs vielfältige Kulturlandschaft ist wie eine blühende Blumenwiese. Hier wird gedacht, gespielt, erzählt, Identität geschaffen. Das Publikum direkt angesprochen, begeistert, einbezogen. In der Förderung von Kunst und Kultur ist Oberösterreich innovativer Vorreiter, das Engagement aller KulturarbeiterInnen sensationell.

Das Kulturland Oberösterreich austrocknen zu wollen, heißt Heimatzerstörung und einen historischen Fehler zu begehen.

Die Menschen in Oberösterreich lieben das Kulturland Oberösterreich. Die PolitikerInnen haben kein Recht, die OberösterreicherInnen zu bestehlen.

Sabine Derflinger
Autorin, Regisseurin, Produzentin. Trägerin des OÖ-Landeskulturpreis

 


 

Regionen als blutlose Zombiestadien?

Franz Koppelstätter: Leiter des afo architekturforum oberösterreich. Foto: Johanna Leitner

Ein Konzert im Salzkammergut. Extra hinfahren würd ich nicht, aber wenn man schon mal in der Gegend ist …

Am Eingang hängt ein «Kulturland retten»-Plakat. Die Band geht so, ist aber eine gute Gelegenheit, über dieses Kulturland nachzudenken. Viele junge Leute, aber nicht nur. Zuletzt war ich in der Region wegen der Salzkammergut Festwochen. Ganz anderes Publikum, eher Bildungsbürgertum. Beim Glöcklerlauf war ich noch nie, aber auch dafür gibt es – abgesehen von der Funktion als Tourismusmagnet – interessiertes Publikum.

Diese Region hat über die letzten Jahrzehnte schon genug Schaden erlitten. Autobahnabfahrten zwischen Lärmschutzwänden, gleich danach Einkaufs- und Fachmarktzentren und dazu noch Zweitwohnsitzgemeinden, die halbjährlich in ein blutloses Zombistadium verfallen.

Ich gehe raus, eine Zigarette rauchen. An der Fassade zeigt ein Banner die Logos der Fördergeber. Stadt, Land und Bund beteiligen sich an der kulturellen Nahversorgung.

Ich hol mir noch ein Bier …

Was Kulturvereine in Oberösterreich leisten, ist mehr als nur Beschäftigungsprogramm für ein paar deviante Köpfe. Sie sind ein wichtiger Grund, warum Menschen hier leben, wohnen und arbeiten wollen. Sie sind Epizentren für das, was die Existenz abseits von Pflicht und Notwendigkeit spannend macht. Die Menschen hier im Saal zahlen nicht nur Eintritt. Sie zahlen auch Steuern, ständig, in der einen oder anderen Form. Als Gegenleistung steht ihnen zu, dass nicht nur Stra- ßenbau, Gesundheit, Bildung, Altersvorsorge und Rechtsstaatlichkeit gewährleistet sind, sondern auch, dass ihre Lebensumwelt lebenswert ist. Genau das machen Kulturvereine im ganzen Land. Darum ist es wichtig und richtig, dass das Logo von «Kulturland Oberösterreich» an der Hauswand vom Kino Ebensee hängt und das soll auch so bleiben. Das Konzert ist dann auch noch besser geworden. Manchmal muss man halt standhaft sein und darauf vertrauen, dass sich der Eintritt auch auszahlt.

Franz Koppelstätter
Leiter des afo architekturforum oberösterreich

 


 

Dann sollen sie Kuchen essen!

Harald „Huckey“ Renner: Musiker, Texta. Foto: a_kep

Diese «dann sollen sie Kuchen essen»-Politik schlägt also jetzt auch in der Kulturförderung zu Buche. Man zieht den ohnehin prekär lebenden Künstlerinnen und Kulturarbeiterinnen ganz bewusst noch mehr Boden unter den Füßen weg. Diese schamlose Unterdrückung alleine zeigt, wie wichtig Kultur prinzipiell für ein gesellschaftliches Zusammenleben ist und wie sehr sie deshalb von reaktionären Kräften zurückgedrängt wird, weil ein fortschrittliches Denken und Handeln verhindert werden soll. Anscheinend fürchtet man, von progressiven Alternativen überrannt zu werden. Das heißt für Betroffene und Assoziierte, aber auch für ALLE in irgendeiner Form Unterstützungswilligen, dass man JETZT agieren muss. Zeichen setzen, Stärke zeigen, weiter machen! Motto so ungefähr: Think Big! Kein Kleinkrieg, nicht kleinkriegen lassen!

Harald „Huckey“ Renner
Musiker, Texta

 


 

Würstel für den Westring

Lieber Herr Landeshauptmann!

Dominika Meindl: Literatin

Ist es nicht peinlich, bei der Freien Szene sparen zu müssen?! Um die paar Netsch kriegt man nicht einmal genug Würschtel für die nächste Westring-Feier. Wenn Sie sich das Geld bei denen holen, die eins haben, trete ich zum Dank bei der nächsten Autobahnteilstückeröffnung GRATIS auf. Gütt?

Besten Gruß, Meindl

Dominika Meindl
Literatin

 


 

Kunst hält zusammen

Wiltrud Hackl: Kulturarbeiterin und Geschäftsführerin der oö. Gesellschaft für Kulturpolitik. Foto: Reinhard Winkler

Das «Kulturland Oberösterreich» steht für Verbindendes, steht dafür, dass in unserem Bundesland Tradition, zeitgenössische Kunst und kritische Kultur mit- und nebeneinander existieren können und gefördert werden. Ob Freie Szene oder etablierte Häuser, alle tragen dazu bei, dass Kunst und Kultur als Bindeglied unsere Gesellschaft über eigene Befindlichkeiten und Interessen hinweg zusammenhält – lebendig, neugierig und zukunftsgewandt. Nur jene, denen die Spaltung einer Gesellschaft politisch mehr nützt als eine breite, diverse Mitte, würden dieses Bindeglied zerstören wollen. Retten wir also selbstbewusst und gemeinsam das Kulturland Oberösterreich!

Wiltrud Hackl
Kulturarbeiterin und Geschäftsführerin der oö. Gesellschaft für Kulturpolitik

 


Hubert Nitsch: Kunstreferent und Diözesankonservator. Foto: Iris Andraschek

Kulturelle Fragestellungen brauchen kulturelle Antworten.

Hubert Nitsch
Kunstreferent und Diözesankonservator

 

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